Politik

"Zu lange ausgeruht"Gysi kritisiert verpasste Chancen

07.10.2010, 08:16 Uhr

In der Partei die Linke brodelt es. Fraktionschef Gysi wirft den Genossen Passivität und Selbstbeschäftigung vor. Themen wie Stuttgart 21 würden dem politischen Gegner überlassen, statt selbst Profil zu zeigen. Dabei sei die Zeit günstig, denn es entstehe ein rebellisches Bürgertum.

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Gysi ist verärgert, weil die Linke die Themen liegen lässt. (Foto: dpa)

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, hat seiner Partei schwere Versäumnisse vorgeworfen. "Wir sind seit der Bundestagswahl in Selbstbeschäftigung und Passivität verfallen", sagte Gysi der "Frankfurter Rundschau". Dass die Linke in Umfragen auf der Stelle trete, sei vor allem selbst verschuldet. Der Protest gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 zeige, dass gerade ein rebellisches Bürgertum entstehe. "Das können wir nicht den Grünen überlassen, die vor allem das vornehme Bürgertum vertreten", warnte der Fraktionschef.

Einen Neustart forderte unterdessen die Vizechefin der Linken, Katja Kipping. Die Partei habe Probleme gehabt, "auch interner Art". Untereinander habe es einige Reibereien gegeben. Nachdem sich so prägende Persönlichkeiten wie Lothar Bisky und Oskar Lafontaine aus der ersten Reihe zurückgezogen hätten, sei die Partei aber "momentan wieder gut aufgestellt", sagte Kipping im Interview mit n-tv.de. Nun sei es notwendig, wieder Schlagkraft zu gewinnen und der schwarz-gelben Regierungskoalition "die Rote Karte zu zeigen".

Kipping kündigt heißen Herbst an

Ziel sei es in den kommenden Monaten, sich an die Spitze der gesellschaftlichen Protestbewegungen in Deutschland zu stellen. Und dazu müsse nicht nur die parlamentarische Arbeit mit der außerparlamentarischen Arbeit gut verzahnt werden. Wichtig sei es auch, wieder öfter auf die Straße zu gehen. "Politische Auseinandersetzungen finden auf unterschiedlichen Ebenen statt", so die 32-Jährige. Die Themen für den "heißen Herbst" sind nach Kippings Auffassung vielfältig: "Es wird Aktionen gegen die ersten Schritte zur Kopfpauschale und für eine Bürgerversicherung geben. Es wird eine Kampagne der sozialen Bewegungen dagegen geben, dass die Kosten der Krise auf jene abgewälzt werden, die sie nicht verursacht haben, die Geringverdienenden und die Erwerbslosen. Die Umweltbewegung wird aktiv, das greift alles ineinander, und da machen wir mit."

Die Arbeit der beiden neuen Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst bezeichnete Gysi als ganz gut, kritisierte aber zugleich, dass seit dem Abgang von Oskar Lafontaines ein bekanntes Gesicht aus dem Westen fehle. Er räumte zudem ein, dass die Kontroverse um die üppigen Bezüge von Ernst der Linken geschadet hätte. "Die Sache mit den drei Gehältern sah doof aus, da kann man sagen, was man will", sagte Gysi.

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Quelle: dpa/AFP