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Katze und Lastesel - geht das? Jaguar XF Sportbrake schnurrt und faucht

Die Kombiversion des XF wird in Deutschland ausschließlich als Diesel angeboten.

Die Kombiversion des XF wird in Deutschland ausschließlich als Diesel angeboten.

(Foto: Axel F. Busse)

Kombis von Jaguar sind seit 2007 nichts Ungewöhnliches mehr, aber die als X-Type nur mäßig verkleideten Ford-Mondeo-Modelle kamen beim Publikum nicht besonders gut an. Warum das beim XF Sportbrake anders ist, klärt der Praxistest von n-tv.de.

Ab Werk rollt der Sportbrake auf 18-Zoll-Felgen, die 19-Zoll-Alus des Testwagens kosten 1520 Euro.

Ab Werk rollt der Sportbrake auf 18-Zoll-Felgen, die 19-Zoll-Alus des Testwagens kosten 1520 Euro.

(Foto: Axel F. Busse)

Erfolg macht mutig, kein Auto im Jaguar-Programm zeigt das so deutlich, wie das Modell XF Sportbrake. Trotz der Gewissheit, dass Kunden in Amerika oder China mit Kombis nicht viel anfangen können, wurde diese Karosserievariante aufgelegt. Mit der Konsequenz eines ganz eigenen Stylings und einem Motor, wie er nur in Europa wirklich massentauglich ist, tritt der Edel-Laster gegen etablierte Konkurrenten wie den 5er Touring von BMW oder den A6 Avant von Audi an. Jaguar selbst spricht von fast 25.000 abgesetzten Einheiten im ersten Halbjahr 2013. Es ist davon auszugehen, dass der Löwenanteil dieser Summe in Europa geblieben ist.

Ratan Tata, seit 2008 Eigentümer der Marke, hat den Bogen raus: Der indische Großindustrielle lässt die vom Joch der Ford-Erbsenzähler befreiten Jaguar-Entwickler träumen, und wenn ihm einer dieser Träume gefällt, finanziert er dessen Realisierung. Mit den neuen Modellen ist Jaguar weltweit auf dem Vormarsch, sogar der unkonventionelle XJ, der viele Traditionalisten verschreckte, ist per saldo ein Erfolg. Aber Katze und Lastesel in einem – geht das wirklich gut?

Die Karosserie des Kombis ist zwei Zentimeter höher als die der Limousine.

Die Karosserie des Kombis ist zwei Zentimeter höher als die der Limousine.

(Foto: Axel F. Busse)

Im Unterschied zur XF-Limousine ist der Sportbrake ausschließlich mit Dieselmotor zu haben. Das untermauert die klar europäisch ausgerichtete Angebots-Strategie der Marke. Während in USA und China die Kunden beim Diesel die Nase rümpfen, hat der Selbstzünder in Europa in manchen Ländern einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent. Einsteiger ist der 2,2-Liter große Vierzylinder mit 200 PS, gefolgt von zwei Dreiliter-Sechszylindern mit 240 oder 275 PS. Für diesen Test stand die Topversion "S" zur Verfügung.

Luftigkeit am vergrößerten Heck

Mit ebenso viel Sorgfalt wie Selbstbewusstsein verfolgt Jaguar den Anspruch, "Premium" und deshalb auf Augenhöhe mit Audi, BMW und Mercedes zu sein. Wobei das T-Modell der E-Klasse aber fast 300 Liter mehr schluckt, weshalb der A6 Avant und der 5er Touring als passende Wettbewerber in Frage kommen. Vergleicht man die Zulassungen hierzulande, steht die große Katze zwar auf verlorenem Posten, doch wer den Sportbrake fährt, merkt gleich, dass sich ein genauerer Blick lohnt. Elegant, wie das Designerteam um Ian Callum die Glaskanzel auf das breitschultrige Heck gesetzt hat. Die abgedunkelte D-Säule trennt das Dach optisch vom unteren Wagenteil und lässt den Aufbau luftig und leicht erscheinen.

Fast eben und geräumig: Der Gepäckraum fasst nach Norm 1675 Liter Volumen.

Fast eben und geräumig: Der Gepäckraum fasst nach Norm 1675 Liter Volumen.

(Foto: Axel F. Busse)

Eine ölverschmierte Werkzeugkiste möchte man nicht über die 65 Zentimeter flache Ladekante hieven – zu nobel mutet das mit flauschigem Teppich ausgeschlagene Gepäckfach des Edelfrachters an: Die elektrische Öffnungs- und Schließfunktion der Klappe lässt sich Jaguar mit 520 Euro extra bezahlen, aber Verzurrösen, Ladeschienensystem, Staufächer und eine Aluschiene als Ladekantenschutz sind in jedem Fall an Bord. Nahezu zwei Meter tief ist der Laderaum bei umgeklappten Rücksitzlehnen und der Boden fast eben, ganz so, wie man es sich in einem Kombi wünscht. Mit 1675 Litern Volumen liegt der Jaguar genau auf halber Strecke zwischen den Werten, die Audi und BMW bieten. Anstrengungslos ist übrigens auch die vordere Klappe zu öffnen. Jaguar hat gleich zwei Gasdruckdämpfer spendiert, um die Motorabdeckung nach oben zu drücken.

Die Polster sind mit anschmiegsamem Leder bezogen, ringsum herrscht eine Wellness-Atmosphäre, die den Aufenthalt an Bord in entspanntem Wohlbefinden genießen lässt. Das Raumgefühl auf den rückwärtigen Sitzen ist noch etwas bequemer als in der Limousine, was nicht allein an zwei Zentimetern mehr Dachhöhe, sondern auch am Karosseriezuschnitt liegt. Bequemlichkeit bieten andere auch, aber einzigartig bleibt die Begrüßungszeremonie für die Fahrgäste: Immer wieder schön anzusehen ist der herausfahrbare Schalt-Drehknopf sowie die automatisch öffnenden und schließenden Lüftungsklappen.

Das Cockpit: Wohlfühlambiente durch viel Holz und Leder.

Das Cockpit: Wohlfühlambiente durch viel Holz und Leder.

(Foto: Axel F. Busse)

Im Unterschied zu den deutschen Wettbewerbern verfolgt Jaguar keine kleinkrämerische Optionsstrategie, die den Käufer mit einem vermeintlich günstigeren Einstiegspreis lockt und bei späteren Extra-Wünschen gnadenlos zur Ader lässt. Die englische Marke setzt auf die Intelligenz der Kunden und operiert mit höheren Startpreisen, die aber bereits eine sehr ordentliche Komfortausstattung beinhalten. Lederpolster und Multifunktionslenkrad mit Schaltwippen, Zuziehautomatik an der Heckklappe, elektrisch verstellbare Lenksäule, Audio-System mit DVD-Player, 2-Zonen-Klimaautomatik und elektrische Fensterheber hinten mit Einklemmschutz – das alles wird unaufgefordert mitgeliefert.

Auch kurze Wege ein Vergnügen

Rettung naht auf einem Gebiet, auf dem sich Jaguar (und Land Rover) immer wieder Kritik gefallen lassen mussten. Vor kurzem gab der Hersteller die Zusammenarbeit mit Intel zur Entwicklung einer neuen Generation von Infotainment-Systemen bekannt. Die Kunden der aktuellen Fahrzeuge haben davon freilich noch nichts, aber es gibt Anlass zu der Hoffnung, dass Jaguar auch in diesem Bereich zu den deutschen Konkurrenten aufschließen wird. Die Festplatten-Navigation nebst Steuerung etlicher Komfortfunktionen (beim Testwagen immerhin ein Kostenfaktor von 2490 Euro), ist in Grafikqualität und Bedienlogik bisher leider nicht vorbildlich. Deutlich schneller wird Jaguar bei den Assistenzsystemen zum Wettbewerb aufschließen: Totwinkelwarner, Rückfahrkamera und Fernlicht-Assistent sind keine unerfüllbaren Wünsche mehr.

Ein zuverlässiger Quell der Freude ist dafür der Motor. Der Dreiliter-Diesel gehört zum Besten, was in dieser Hubraumklasse zu haben ist. Kultiviert und durchzugsstark, mäßig durstig und geräuscharm machte er auch kurze Wege im Sportbrake zu einem Vergnügen. Ob es gleich die Top-Version mit 275 PS sein muss, ist letztlich eine Frage des Temperaments (und des Geldbeutels: 35 Mehr-PS kosten 4000 Euro Aufpreis), doch von sanft schnurrend bis kernig fauchend beherrscht die Katze alle Tonlagen überzeugend. 7,3 Liter Testverbrauch je 100 Kilometer sind annehmbar, immerhin sind nach jedem Druck auf den Keyless-Startknopf (Serie) gut 1,9 Tonnen in Bewegung zu bringen.

Fazit: Für diese Einsicht hätte es des Kombis nicht bedurft: Jaguar hat sich längst vom Exotenstatus emanzipiert und ist auch für Kunden außerhalb einer britophilen Fangemeinde kaufbar geworden. So ist der Sportbrake als logische Konsequenz einer expansiven Modellpolitik zu werten. Der Antrieb steht den Motor-/Getriebe-Kombinationen der Konkurrenz in nichts nach, ein hohes Komfort- und Sicherheitsniveau machen den XF-Kombi zu einer ernsthaften Alternative im Premium-Segment.

DATENBLATTJaguar XF Sportbrake 3.0 Diesel S
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,96 / 1,94 / 1,46 m
Leergewicht (DIN)1880 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen550 - 1675 Liter
MotorV6-Zylinder-Dieselmotor mit 2993 ccm Hubraum
Getriebe8-Gang automatisch
Leistung202 kW/275 PS bei 4000 U/min
KraftstoffartDiesel
AntriebHeckantrieb
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
max. Drehmoment600 Nm bei 2000 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h6,6 Sek
Tankinhalt70 Liter
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)5,2 / 7,5 / 6,1 l
Testverbrauch7,3 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
163 g/km
SchadstoffklasseEuro 5
Grundpreis56.550 Euro
Preis des Testwagens73.220 Euro

 

Quelle: ntv.de

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