Praxistest

Ganz neues Caliber Jeep öffnet Modellpalette

von Axel F. Busse

In der Stadt drohen einem manchmal mehr Überraschungen als in der offenen Feldmark. Deshalb will Jeep sein neues Modell Compass auch nicht als lupenreinen Geländewagen verstanden wissen, sondern als praktisches Stadtmobil, das auch offroad eine gute Figur macht. Kann das klappen?

Drangvolle Enge herrscht in dem Fahrzeugsegment, in dem die Wettbewerber ein bisschen Kompaktwagen, ein bisschen Familienvan und ein bisschen Geländewagen sind. Meist mit elektronisch geregeltem Allradantrieb ausgestattet, erlauben sie auch ungefährdete Ausflüge in Schlammfurchen oder übers Stoppelfeld, ansonsten stehen sie zahm und unscheinbar für den Ausflug mit den Kindern oder den Wochenendeinkauf bereit.

Jeep setzt mit der Platzierung des Compass auf zwei Annahmen. Erstens: Bis 2010 soll sich nach Markanalysen der Absatz von Kompakt-SUV in Europa mehr als verdoppeln. Zweitens: Es gibt eine hinreichend große Zahl von Leuten, die schon immer einen Jeep fahren wollten, ihn sich aber nicht leisten konnte oder nicht der richtige im Angebot war.

Für das pekuniäre Problem hat Jeep einen Preis gemacht, der deutlich unter dem der Hauptwettbewerber liegt. Ab 23.790 Euro wird der Fünftürer in Deutschland angeboten, für einen Toyota RAV 4 oder einen Honda CR-V, die zu den Topsellern im Segment gehören, muss man zwischen sieben und neun Prozent mehr berappen.

Mit 4,41Metern Länge ist der Compass gut 20 Zentimeter länger als zum Beispiel ein Golf Plus, aber geringfügig kürzer als der Dodge Caliber, mit dem er nicht nur die Plattform teilt. Auch im Innenraum kann man eine Menge Gemeinsamkeiten entdecken, beispielsweise bei der Mittelkonsole und dem Lenkrad. Dem Verdacht, es handele sich beim Compass nur um einen verkleideten Caliber, tritt Pressesprecher Markus Hauf aber vehement entgegen: "Die Plattform, Sicherheitstechnologie, Grundkonstruktionen der Sitze und Grundzüge der Armaturen stammen zwar vom Dodge, alles, was man sehen kann, ist aber nicht vom Caliber."

Was man sehen kann, sind in erster Linie der Kühlergrill mit den typischen sieben Lüftungsschlitzen und die Scheinwerfergrafik. Das ist zweifellos Jeep. Die Seitenlinie bietet den optischen Effekt, dass zwischen den vorderen und hinteren Radkästen die Fahrzeugbreite verringert ist und so eine schmale Taille suggeriert wird. Bei bestimmter Sonneneinstrahlung kann man aber auch der optischen Täuschung erliegen, an der Stelle sei das Blech eingedellt.

Die für ein geländetaugliches Fahrzeug wünschenswerte Bodenfreiheit (in diesem Falle 20 Zentimeter) bezahlt der Compass-Nutzer mit einer erhöhten Ladekante. Das Volumen des Gepäckraumes ist mit 334 Litern ausreichend, bei umgeklappten Rücksitzen stehen 1277 Liter zur Verfügung. Jeep rühmt den Compass-Innenraum als variabel und für viele Freizeitaktivitäten nutzbar, weshalb auch der Beifahrersitz für sperrige Gegenstände wie Ski oder ein kleines Surfbrett umgeklappt werden kann.

Der Innenraum ist geräumig geschnitten und auch die Beinfreiheit hinten ist angesichts eines Radstandes von 2,64 Metern ausreichend. Nur Gemütlichkeit will nicht recht aufkommen. Das liegt einerseits an den dominierenden rechten Winkeln in der Gestaltung, die wohl zur Aufrechterhaltung des Harte-Männer-Images bei Jeep unvermeidlich sind. Andererseits ist drinnen aber auch allzu offensichtlich, wo gespart wurde, um für das Auto den Kampfpreis gegen die Konkurrenz zu erreichen: Die Verkleidungen sind größtenteils aus Hartplastik gefertigt. Das Material ist wahrscheinlich ungeheuer praktisch, weil leicht zu reinigen, sieht aber billig aus und ist auch nicht geruchlos. "Der Compass ist für junge Familien gedacht, die vielleicht gerade ein Haus gebaut haben und nach einer preisgünstigen mobilen Lösung suchen. Und gerade bei kleinen Kindern, die die Sitze eher verschmutzen, können diese wieder leicht bereinigt werden", erklärt Produktmanager Kevin Tourneur die Materialwahl.

Analog zum Dodge Caliber wird auch der Compass mit einem Benzin- und einem Dieselmotor angeboten. Zwar trägt das Dieselfahrzeug die Modellbezeichnung "CRD", als Common Rail Diesel sollte man dies Kürzel aber nicht verstehen. Es handelt sich um ein Pumpe-Düse-Aggregat aus dem VW-Regal. Die Leistung von 140 PS erscheint gemessen an dem Leergewicht von rund 1500 Kilogramm zwar nicht besonders hoch, wird aber durch das robuste Drehmoment von 310 Nm als ausreichend empfunden. Es gibt durchaus leisere Dieselmotoren, zum kernigen Naturburschen-Outfit des Compass passt die Schallentwicklung aber. Der Verbrauch wird mit rund sieben Litern angegeben.

Der 2,4 Liter-Motor mit 170 PS und einem Drehmoment von 220 Nm ist für manchen Fahrspaß gut. Ein sechster Gang wäre wünschenswert, denn bei höheren Drehzahlen macht sich auch der Benziner geräuschvoll bemerkbar. In Deutschland dürfte wohl der Diesel die gefragtere Variante sein. Dafür müssen die Kunden noch etwas Geduld aufbringen. Der Selbstzünder steht erst ab April 2007 zur Verfügung. ESP ist serienmäßig an Bord, ebenfalls Leichtmetallfelgen in den Größen 17 oder 18 Zoll. Einen Partikelfilter bekommt man nicht ab Werk, sondern beim Händler. Der dürfte dafür um die 750 Euro berechnen.

Quelle: ntv.de

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