Neue Engpässe an den Flughäfen Der Enteiser wird knapp
09.12.2010, 14:19 UhrDas anhaltende Winterwetter bringt den europäischen Flugverkehr zunehmend in Schwierigkeiten. Die Flüssigkeiten, mit denen Spezialfirmen die Maschinen vom Eis befreien, gehen aufgrund der starken Nachfrage rapide zur Neige.

An den größeren Flughäfen sind eigenständige Unternehmen für das Enteisen zuständig.
(Foto: REUTERS)
Das frostige Winterwetter der vergangenen Wochen bringt die Versorgung der Flughäfen mit Enteisungsmitteln ins Stocken. Bei Clariant, einem der wenigen Hersteller der Spezialchemikalien, läuft die Produktion mittlerweile rund um die Uhr.
"Es gibt derzeit Engpässe", sagte Clariant-Sprecher Ulrich Nies. Der Schweizer Konzern steuert seine internationalen Geschäfte vom Hauptsitz in Muttenz im Kanton Basel. Der Sitz der für Enteisungsprodukte zuständigen deutschen Niederlassung liegt im hessischen Sulzbach, einem Vorort von Frankfurt am Main. Hergestellt werden die Spezialenteiser auf Ethanol-Basis in einem Clariant-Werk im bayerischen Burgkirchen.
Ein Grund für die große Nachfrage sei der frühe Wintereinbruch flächendeckend in Europa, sagte Nies. "Jetzt brauchen alle zeitgleich Enteisungsmittel." Zudem gestalte sich angesichts der Lage auf den Autobahnen der Transport zu den Flughäfen schwierig.
Dazu kommt, dass der Schnee, der derzeit falle, sehr nass ist. "Dafür brauchen sie rund ein Drittel mehr Flüssigkeit", erklärte der Clariant-Sprecher. "Das macht alles extrem knapp." In dieser Form habe er solche Schwierigkeiten noch nicht erlebt. Allein am Flughafen Frankfurt, dem größten deutschen Luftdrehkreuz, wurden in den wenigen Tagen seit dem ersten Schnee "mehrere zehntausend Liter Auftauflüssigkeit" eingesetzt.
Mit Alkohol, Salz oder Ameisensäure
Während Tragflächen und Flugzeugrümpfe mit Alkohol-Mischungen behandelt werden, verwendet der Flughafenbetreiber Fraport auf seinen Betriebsflächen eigenen Angaben zufolge eine biologisch abbaubare Chemikalie auf Basis synthetischer Ameisensäure. "Salz darf wegen der Korrosionsgefahr für Flugzeuge nur auf der Landseite eingesetzt werden.
Mehrere zehntausend Liter Auftauflüssigkeit auf Basis von synthetischer Ameisensäure wurden in den letzten Tagen auf den Flugbetriebsflächen eingesetzt; eine Substanz, die biologisch abgebaut wird. "Salz darf wegen der Korrosionsgefahr für Flugzeuge nur auf der Landseite eingesetzt werden", hieß es in einer Fraport-Mitteilung. Der Begriff Landseite umfasst dabei die Flächen außerhalb von Landebahn und Rollfeld, also hauptsächlich Zufahrtswege, Anlieferungsbereiche und Parkplätze.
250 Kilometer Bürgersteig
Im Winterdienst am Frankfurter Flughafen sind laut Betreiber über 300 Mitarbeiter mit 220 schweren Spezialgeräten im Einsatz. Sie bearbeiten rund 7 Mio. Quadratmeter Bahnen und Vorfeldflächen. Hinzu kommen 150 Kilometer Straßen und 250 Kilometer Bürgersteige auf der öffentlichen Seite des Flughafens.
Sollten die Schneefälle anhalten, könnte sich die Lage im europäischen Flugverkehr schnell zuspitzen: Auf einigen deutschen Flughäfen fehlt inzwischen bereits Enteisungsmittel. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen verwies als Grund ebenfalls auf Lieferschwierigkeiten der wenigen spezialisierten Hersteller.
Das Problem bestehe nicht nur in Deutschland, sondern europaweit, hieß es. Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin zeigte sich über die Lieferengpässe und die daraus resultierenden Ausfälle und Verspätungen verärgert.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa