Leben

Surfen statt Schreien Hypnobirthing verspricht schmerzfreie Geburt

Wassergeburt, Kaiserschnitt oder Hypnobirthing: Es gibt viele Arten, ein Kind auf die Welt zu bringen.

Wassergeburt, Kaiserschnitt oder Hypnobirthing: Es gibt viele Arten, ein Kind auf die Welt zu bringen.

(Foto: imago images / Westend61)

Weniger Schmerzen und eine schnellere Geburt: Mit Hypnobirthing soll das möglich sein. Dabei lernt die werdende Mutter bereits vor der Entbindung spezielle Techniken zur Entspannung. Hebammen sehen die Methode jedoch kritisch.

Jede schwangere Frau setzt sich während der Monate, in denen ein Kind in ihr heranwächst, mit der bevorstehenden Geburt auseinander. Viele bauen Ängste vor dem Ereignis auf, denn eine Entbindung ist nicht bis ins Detail planbar und meist mit enormen Schmerzen verbunden. Die Methode des Hypnobirthing arbeitet gegen diese Einstellung an. Sie geht davon aus, dass die Geburt eines Kindes durch ein gezieltes Entspannungstraining angst- und schmerzfreier und somit reibungsloser gestaltet werden kann.

Durch die Selbsthypnose soll sich der Muttermund zügiger öffnen und das Kind schneller auf die Welt kommen.

Durch die Selbsthypnose soll sich der Muttermund zügiger öffnen und das Kind schneller auf die Welt kommen.

(Foto: imago/Westend61)

Die Theorie des Hypnobirthing geht auf eine Untersuchung des britischen Geburtsmediziners Grantley Dick-Read in den 1950er-Jahren zurück. Der Gynäkologe beobachtete damals Frauen bei der Entbindung und stellte fest, dass die Erwartung von Schmerz Angst schürt und eine Entspannung verhindert. Seiner Theorie zufolge entstehe dadurch ein sogenanntes Angst-Spannung-Schmerz-Syndrom, das eine natürliche Geburt behindere und sogar vermehrt zu Komplikationen führe. Dick-Read kritisierte zudem den Einsatz von Schmerzmitteln während der Geburt und plädierte stattdessen für eine Form der Selbsthypnose zur Schmerzlinderung.

Der Mediziner lehnte den Begriff des Schmerzes sogar gänzlich ab und sprach stattdessen bei Wehen von einem "Muskelgefühl", schreibt die Hebamme Jana Friedrich im "Hebammenblog". Demnach sollten werdende Mütter sich als aktiven Part bei der Entbindung ihres Kindes verstehen, statt sich dem Schmerz hinzugeben und die Geburt über sich ergehen zu lassen. Dick-Reads Theorien erfahren in der aktuellen Geburtsmedizin eine Renaissance. So bietet unter anderem die Hypnobirthing Gesellschaft Europa (HBGE) spezielle Kurse an, in denen Entspannungstechniken erlernt werden, die bei der Geburt helfen sollen.

Weniger schmerzhaft, aber auch weniger flexibel

Viele Frauen, die Hypnobirthing trainiert und angewendet haben, berichten von positiven Geburtserfahrungen. Friedrich machte in ihrem Hebammenalltag allerdings eher negative Erfahrungen mit der Methode. Die Frauen mit dem Wunsch nach Hypnobirthing mangele es in der konkreten Entbindungssituation aufgrund ihrer verfestigten Vorstellungen vor allem an Flexibilität, beklagt die Hebamme in ihrem Blogartikel. Die Skepsis der werdenden Mütter gegenüber dem Klinikpersonal hätte am Ende oft in einem Kaiserschnitt geendet, so Friedrich.

Die HBGE verspricht hingegen eine kürzere und angenehmere Geburt und propagiert den Verzicht auf chemische Schmerzmittel. In ihren Kursen erlernen Schwangere spezielle Atem- und Entspannungstechniken, mit denen sie sich selbst in eine Art Trancezustand versetzen und dadurch die Wehen besser ertragen können sollen. Dafür werden mithilfe von Autosuggestion gedankliche Bilder entworfen, die im Kreißsaal abgerufen werden und bei der Schmerzbewältigung helfen sollen. Vereinfacht dargestellt kann sich eine werdende Mutter beispielsweise vorstellen, auf einer Schmerzwelle zu surfen, statt sich gegen eine herannahende Wehe zu wehren.

Wie erfolgversprechend diese Methode ist, hängt allerdings vom Einzelfall ab. Untersuchungen der Universität Tübingen bei Erstgebärenden haben gezeigt, dass Hypnobirthing einen positiven Effekt haben kann: So gaben 80 Prozent der Frauen ohne Hypnobirthing an, sehr starke Schmerzen unter der Geburt gehabt zu haben, während nur 50 Prozent der Hypnosegruppe ähnliche Angaben machten. Zudem ergab die Studie, dass die Geburt bei Frauen, die die Autosuggestion praktizierten, schneller verlief. Durch die Entspannungstechniken soll sich unter anderem der Muttermund zügiger öffnen, wodurch das Kind schneller auf die Welt gelangen kann. Dennoch ist Hypnobirthing kein Garant für eine schmerzfreie Geburt, wie die Studienergebnisse ebenfalls zeigen.

Quelle: ntv.de

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