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Liebeserklärung an die ultimative Freiheit R. Penn: "Vom Glück auf zwei Rädern"

Idylle und Freiheit - finden manche nur auf zwei Rädern.

Idylle und Freiheit - finden manche nur auf zwei Rädern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Fahrrad ist das meistbenutzte Verkehrsmittel der Welt. Für viele Menschen ist es ein wichtiger Teil des Lebens. Für Robert Penn ist es noch weit mehr. Für ihn steht das Fahrrad für Freiheit. Und die ist am größten auf einem absolut einmaligen Traumrad, auf einem maßgeschneiderten Wunder der Handwerkskunst. Für diese Freiheit will er kämpfen.

Ich fahre Fahrrad, seit ich denken kann. Meine ersten drei Räder waren alle blau und aus DDR-Produktion. Das erste trug den Namen “Blitz". Sie waren aufgemotzt und hatten alles, was ein Kind damals am Rad haben wollte: Rückspiegel auf beiden Seiten. Ein Kilometermesser, der an heutige Schrittzähler erinnert, und Kronkorkenblätter in den Speichen für den besseren Sound. Nach der Wiedervereinigung kam Mitte der 1990er ein Mountainbike mit Federgabel der US-Marke Cannondale, Modell F300, hinzu. Mit einigen Neuerungen, wie etwa roten V-Bremsen und roten Click-Pedalen, macht es heute noch zumeist die Straßen im Thüringer Wald unsicher. Aber nicht mehr so oft, denn seit 2003 ist alles anders.

Rennrad-Traum auf italienisch: Basso Coral mit Campa Chorus-Gruppe.

Rennrad-Traum auf italienisch: Basso Coral mit Campa Chorus-Gruppe.

(Foto: Thomas Badtke)

2003 kaufte ich mir ein Rennrad. Zugegeben im Internet - des Preises wegen. Aber dafür sprang immerhin ein Alurahmen der italienischen Traummarke Basso mit Carbongabel heraus. Seitdem dürfte es rund 25.000 Kilometer auf dem Buckel haben. Es kennt die Thüringer Straßen genauso wie die sardischen und die Alpenpässe Südtirols. Es hat den Jaufenpass bezwungen und den Monte Baldo. Es ist top in Schuss, der Lack noch 1A und original. Die Campagnolo-Gruppe erfuhr ein Upgrade, ebenso die Laufräder. Aber in seinem Rot mit schwarz-silberfarbenem Basso-Coral-Schriftzug ist es noch immer ein absolutes Traumrad. Mein Traumrad. Bisher.

Einmal um die ganze Welt …

Der Brite Robert Penn hat in seinem Leben mehr als ein Dutzend Räder besessen und ist noch weit mehr gefahren. Er saß auf einem ungefederten Mountainbike, als er von Kashgar in China über das Karakorumgebirge und den Hindukusch nach Peshawar in Pakistan fuhr. Auf einem Trekkingrad mit maßgefertigtem Rahmen und auf den Namen Mannanan mac Lir getauft (eine keltische Mythengestalt, die die Isle of Man beschützt), fuhr Penn durch die USA, Australien, Südostasien, den indischen Subkontinent, Zentralasien, den Nahen Osten und Europa - also um die ganze Welt. Ganz nach dem Motto des US-amerikanischen Fahrradmechanikerpapstes Lennard Zinn: "Sei eins mit dem Universum. Wenn du das nicht schaffst, sei wenigstens eins mit deinem Rad." Penn brauchte dafür drei Jahre und eben rund 40.000 Kilometer, bis er das endlich geschafft hatte.

Robert Penn genießt seine ganz persönliche Freiheit.

Robert Penn genießt seine ganz persönliche Freiheit.

(Foto: Foto: Chris Andersen)

Nun hängt Mannanan an der Wand seines Schuppens. In Penns zweirädrigem Fuhrpark befinden sich fünf andere Räder, darunter ein Carbonrennrad von Wilier und ein Schwinn-Mountainbike. Mit diesen fünf ist sein fahrrädlerischer "Grundbedarf", wie er selbst sagt, gedeckt. Aber es fehlt noch etwas Wesentliches: "In meinem Zweiradschuppen klafft ein gähnendes Loch, eine Leerstelle, die nur mit etwas anderem, mit etwas ganz Besonderem gefüllt werden könnte. Es ist eine unerfüllte Sehnsucht, wie sie Zehntausende anderer Alltagsradler mit ihren Nutzrädern umtreiben muss." Penn will sein ultimatives Traumrad, ein Bike, das er 30 Jahre fahren kann, nicht von der Stange. Es muss etwas ganz Besonderes sein: "Ich will das beste Rad, das ich mir leisten kann. Und ich möchte alt werden damit. Ich will mein Rad."

Ein Traumrad mit Buch

Gesagt, getan: Die Reise zum Traumrad kann beginnen. Zuerst wird der Rahmen ausgesucht. Natürlich handgefertigt, echte Handwerkskunst der guten, alten, britischen Schule. Aus Stahl, denn der ist im Gegensatz etwa zu Carbon reparabel. In Stoke-on-Trent beim Rahmenbauer Rourke wird Penn fündig. Es folgen Aufenthalte und Besuche in Kalifornien (Laufräder), Portland (Lenkkopf), Vicenza (Antriebsgruppe), Mailand (Lenker), Korbach in Hessen, wo Penn sich seine Reifen kauft, und Smethwick in England, wo er sich den passenden Sattel besorgt. Die Reise dauert länger als ein Jahr. Rund 4000 Euro kostet nach eigenem Bekunden sein ultimatives Traumrad. Aber Penn hat es geschafft, hat sich seinen Traum vom Traumrad erfüllt.

Herausgekommen, gewissermaßen als ein erfreuliches Nebenprodukt, ist das Buch "Vom Glück auf zwei Rädern". Darin schildert Penn seine Reise, berichtet von seinen Stationen, vom Besuch bei Campagnolo in Vicenza, Cinelli in Mailand oder Brooks in Smethwick. Er erzählt von seiner Suche nach den perfekten, absolut vollkommenen Komponenten. Wer braucht schon Shimano, wenn man einmal dem so selig säuselnden Campa-Sound vernommen hat?

Geschichtsstunde und Liebeserklärung

Penns Buch ist auch eine Reise in die Geschichte des Fahrrads. Sie beginnt mit dem Ausbruch des Vulkans Tambora 1815 und dessen grauenvollen Folgen: Der Himmel verdunkelt sich, Missernten und Hungersnöte rund um den Globus sorgen dafür, dass das Pferd nicht mehr Fortbewegungs- sondern überlebenswichtiges Nahrungsmittel wird. Gegen die damit einhergehende Verlangsamung der Fortbewegung erfindet der Freiherr Drais das gleichnamige Laufrad mit zwei Rädern, die Draisine. In Frankreich bekommt es dann am vorderen Rad Pedalen, wächst zum Hochrad wegen der größeren "Übersetzung". Dann wird es in England dank des Kettenantriebs zum Sicherheitsrad mit dem noch heute bekannten trapezförmigen Diamant-Rahmen.

Robert Penn: "Vom Glück auf zwei Rädern" ist bei den Verlagen Haffmans & Tolkemitt (nur erhältlich bei Zweitausendeins) erschienen.

Robert Penn: "Vom Glück auf zwei Rädern" ist bei den Verlagen Haffmans & Tolkemitt (nur erhältlich bei Zweitausendeins) erschienen.

"Vom Glück auf zwei Rädern", erschienen bei Haffmans & Tolkemitt (nur erhältlich bei Zweitausendeins), ist eine Geschichte darüber, warum wir heute Rad fahren, wieso das Fahrrad das meistgenutzte Verkehrsmittel der Welt ist und warum so eine einfache Maschine heute zu einem so zentralen Teil unseres Lebens geworden ist.

Penns Buch ist eine Liebeserklärung an das Fahrrad. Es ist eine herrlich kurzweilige, liebenswerte Hommage an den Drahtesel, das Stahlross, das Zweirad. Es spricht Radfreaks und Zweiradnerds genauso an wie Radsportfans, Komponentenjünger oder den schlichten Hobby- und Alltagsradler von nebenan: "Wenn Sie auf dem Fahrrad jemals das Gefühl der Freiheit empfunden haben; wenn Sie jemals versucht haben, Ihren Problemen einfach davonzuradeln, oder gemerkt haben, wie Ihr Optimismus zurückkam, als Sie mit Schweiß auf der Stirn eine Steigung hinauffuhren; wenn Sie auch nur ein Mal auf einem Rad saßen und Ihr Herz zu singen begann und der Himmel sich auftat - dann teilen wir etwas Elementares. Wir wissen vom Glück auf zwei Rädern."

Das Buch fördert aber auch ein Problem zutage: Ich will nun auch "mein Rad".

Quelle: ntv.de

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