Essen und Trinken

Sprachliche Fettnäpfchen Früher oder später tritt jeder 'rein

Daran kommt wohl kein Tourist vorbei: Schweizer Souvenir-Kuhglocken.

Daran kommt wohl kein Tourist vorbei: Schweizer Souvenir-Kuhglocken.

(Foto: imago stock&people)

Wer als Deutscher glaubt, in der deutschsprachigen Schweiz sprachlich auf festem Boden zu stehen, der irrt gewaltig. Schwyzerdütsch ist eine höchst komplizierte Fremdsprache, deren Tücken man kennen muss. Bei Fotzelschnitt ist kein roter Kopf vonnöten.

Den deutschen Normalbürger verbindet mit der Schweiz vermutlich mehr Käse als Geld. Und das ist auch gut so, wenngleich nur Käse schlichtweg viel zu wenig ist, auch wenn noch Heidiland und diverse Schokoladen als verbindende Momente hinzukommen. Meistens ist die Schweiz ja aus pekuniären Gründen ab und an in aller Munde respektive allen Medien, doch es lohnt sich auch die Beschäftigung mit der Landesküche, die ungerechterweise hinter dem Bekanntheitsgrad des Schweizer Bankwesens zurückbleibt. Leider endet die Schweizer Kochkunst im internationalen Gedächtnis meist bei Rösti und Fondue - und das hat sie nicht verdient!

Im Zürcher "Niederdörfli", einem Altstadtteil, kann man gut essen, auch wenn man nichts versteht.

Im Zürcher "Niederdörfli", einem Altstadtteil, kann man gut essen, auch wenn man nichts versteht.

(Foto: imago stock&people)

Dass sich in der Schweizer Küche Einflüsse der deutschen, französischen und italienischen Küche finden, ist wahrlich kein Geheimnis, doch eben nur die halbe Wahrheit. Die Küchen der Nachbarn Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich haben sich nur zum Teil auf den eidgenössischen Tellern breitmachen können. Als Beispiel mag die beharrliche Liebe der Schweizer zu Kartoffeln dienen, die der erdrückenden Übermacht benachbarter Pizza und Pasta, Knöpfli und Spätzli nicht gewichen ist, und auch österreichischen Mehlspeisen und französischen Gemüsegerichten Widerstand leistet. Wohl kaum in einem anderen Land gibt es so viele raffinierte Kartoffelzubereitungen wie in der kleinen Schweiz.

Zwischen Rhein und Rhone lässt sich kulinarisch mehr entdecken als die unterschiedlichen Sprachregionen verraten. Von Kanton zu Kanton, 26 an der Zahl, gibt es eine enorme Vielfalt an Gerichten, wobei viele der besten Schweizer Speisen aus der Not vergangener Zeiten entstanden sind. Ob auf der Alp oder im Tal - die Menschen produzierten und aßen, was Wälder, Seen, Felder und Ställe hergaben. Seit Jahrhunderten wird mit den Erzeugnissen der Sennen gekocht. Man geht davon aus, dass bereits 4000 v. Chr. die Weiden oberhalb der Waldgrenze genutzt wurden. Milch und Käse waren auf der kargen Alp die wichtigsten Nahrungsmittel und noch heute sind Milch und Milchprodukte die Basis des guten Schweizer Geschmacks: In den meisten traditionellen Gerichten finden sich Butter, Milch, Käse oder Rahm - und davon nicht zu knapp.

Schwyzerdütsch ist eine Fremdsprache

Schweizer Bitte um Rücksicht auf Schulkinder.

Schweizer Bitte um Rücksicht auf Schulkinder.

(Foto: imago stock&people)

Wer sich als Deutscher urlaubsmäßig durch die deutschsprachige Schweiz bewegt, sollte netterweise davon Abstand nehmen zu meinen, Schwyzerdütsch sei ein deutscher Dialekt und auch nicht schlechter zu verstehen als das Deutsch in Bayern oder Sachsen oder an der Waterkant. Es ist keine Schande zuzugeben, dass man bei der vorsichtigen Frage, ob einem der Knopf aufgegangen ist, nur Bahnhof verstanden hat. Denn das war kein Hinweis auf einen möglicherweise gesprengten Hosen- oder Blusenknopf, sondern die nette Nachfrage, ob man alles verstanden habe. Und ein Abtritt ist natürlich nicht die Schwelle in die ewigen Jagdgründe, sondern ein WC, das aber auch Oertli heißt, was viel netter und außerdem für unsereinen endlich mal total verständlich klingt. Der Ehrlichkeit halber muss angemerkt werden, dass es ein Schweizer hierzulande auch nicht leicht hat und von der Bäckersfrau schon mal scheel angesehen wird, sollte er ein Eingeklemmtes (belegtes Brötchen) verlangen. Und eine gespritzte Stange zu bestellen, dürfte bei Kellnerin wie Kellner gleichermaßen an sexuelle Belästigung grenzen. Wer weiß schon, dass es sich dabei um ein unschuldiges Radler handelt? Auch Hahnenwasser (Leitungswasser) oder Plastiksack (Plastiktüte) haben einen leicht anrüchigen Klang für deutsche Ohren. Früher oder später trifft es halt jeden einmal!

Schwyzerdütsch ist eine höchst komplizierte Fremdsprache, eine Sprache mit eigenen Vokabeln und eigenen Regeln. Wobei es natürlich zwischen den deutschsprachigen Regionen in der Schweiz auch noch kleine, aber feine Unterschiede gibt. Schnell tritt der Deutsche mit breiten Latschen in die überall lauernden Fettnäpfchen, oft noch schlimmer als aus Österreich bekannt. Wenn ich nur an meinen Wiener Fauxpas mit dem "Pudern" denke! Das passiert mir nicht mehr, mein Urlaubs-Vorbereitungs-Archiv verfügt inzwischen über diverse Aufstellungen deutschsprachiger Unterschiede. Ein paar ausgedruckte Seiten kann man immer mitnehmen, die wiegen nix.

Ich zucke bei Fotzelschnitte, Totenbeinli, Stange oder Ständerlampe nicht mehr zusammen (Arme Ritter, Haselnuss-Schnitten, Bier, Stehlampe) und versuche sicherheitshalber nie, Chäschüechli, Härdöpfelchnöpfli oder Ofächüechli auszusprechen. Ich bestelle lieber den pikanten Käsekuchen, Kartoffelnocken mit Zwiebeln oder Windbeutel auf Hochdeutsch, auch wenn das für die Schweizer eine Fremdsprache ist. Aber sie sind so nett, mich zu verstehen. Und das absolut unaussprechliche Chuchichäschtli kommt mir sowieso nicht über die Lippen, denn ich brauche keinen kleinen Küchenschrank in der Schweiz. Züri Gschnätzlets schon eher! Das Geschnetzelte ist das, was den Russen ihr Filet Stroganoff ist. Das wohl bekannteste Gericht aus dem Kanton Zürich, ist nicht nur schweizweit bekannt und beliebt, sondern weltweit.

Züri Gschnätzlets (Zürcher Geschnetzeltes)

Zutaten (4 Pers):

600 g Kalbsschnitzel (Plätzlifleisch)
1 EL Mehl
3 EL Butterschmalz
2 Schalotten
200 ml trockener Weißwein
200 ml Rahm (Sahne)
1 EL Weinbrand
1 Spritzer Zitronensaft
½ Bd glatte Petersilie
Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle

Zubereitung:

Die gepellten Schalotten sehr fein hacken. Das Fleisch in schmale, dünne Streifen schneiden, möglichst 1 cm breit und nicht dicker als 3 mm. Mit dem Mehl bestäuben und vermengen.

Das Butterschmalz in einer Pfanne stark erhitzen und darin portionsweise die mehlierten Fleischscheibchen unter ständigem Wenden je 1 Minute anbraten, so dass das Fleisch rundum weiß wird. Die gebratenen Portionen jeweils in ein Sieb geben, abtropfen lassen und warm stellen.

Die Pfanne kurz von der Platte nehmen, damit sich die Hitze reduziert. Nun die Schalottenwürfel im restlichen Fett in der Pfanne und bei mittlerer Hitze glasig dünsten. Mit dem Wein ablöschen und auf die Hälfte reduzieren. Dann die Sahne und den abgetropften Fleischsaft gut einrühren, etwas einkochen lassen, das Fleisch wieder dazugeben, bis zum Siedepunkt erhitzen und alles etwa 3 Minuten ziehen lassen. Mit Salz, frisch gemahlenem weißen Pfeffer, Zitronensaft und Weinbrand pikant abschmecken und mit der feingehackten Petersilie bestreuen. Auf gut vorgewärmten Tellern anrichten und mit Rösti sofort servieren.

Varianten:

-200 g Kalbfleisch durch in feine Streifen geschnittene "Kalbsnierli" ersetzen.

- Statt der Nieren 250 g blättrig geschnittene Champignons verwenden. Dann nach der Weinzugabe und dem Reduzieren die Pilze in die Pfanne geben, zusätzlich mit ein wenig Mehl überstäuben, verrühren, 200 ml Kalbsfond (Glas) zugeben und bei starker Hitze reduzieren. Dann erst die Sahne und den Fleischsaft zugeben, aufkochen, das Fleisch einlegen, bis zum Siedepunkt bringen und weiter wie im Originalrezept verfahren.

- Zusätzlich mit ½ TL abgeriebener Bio-Zitronenschale würzen.

- Als Beilagen eignen sich auch Hörnli (Hörnchen), Reis oder Stuggis (Kartoffelpüree).

"Alls gueti" wünscht Ihnen Heidi Driesner.

Quelle: ntv.de

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