
Shade Ajayi ist 50 Jahre alt und hat bisher noch keine Schule besucht.
Doch nun lernt die Geschäftsfrau zusammen mit Schülern, die fast vier Jahrzehnte jünger sind als sie Lesen und Schreiben.
In der Schuluniform - einem rosafarbenen Kleid und einer Mütze - gesellt sie sich in einer Schule in Ilorin, im westlichen Bundesstaat Kwara in Nigeria zu Hunderten Schülerinnen und Schülern, die ebenfalls Schuluniform tragen.
"Ich schäme mich nicht dafür, dass ich eine Schuluniform trage", sagt sie.
Als Kind arbeitete sie im Laden ihrer Tante, anstatt zur Schule zu gehen.
Heute hat sie ihr eigenes Geschäft, in dem sie Geldbörsen und Taschen herstellt und verkauft.
Aber sie glaubt, dass ihre Unfähigkeit zu lesen und zu schreiben ihrem Erfolg im Weg steht.
Ajayi meldete sich bereits im letzten Schuljahr für den Schulbesuch an, doch wegen der Corona-Pandemie musste die Schule geschlossen werden.
Als die Schule im Januar wieder öffnete, bekam Ajayi endlich ihre Chance.
Sie sitzt an einem Holzpult, umgeben von Schülern im Alter von 11 bis 13 Jahren, und hebt höflich die Hand, um Fragen zu beantworten.
Ajayis Lehrerin, Nasrat Busari, sagt, die erwachsene Schülerin scheine von dem Altersunterschied völlig unbeeindruckt zu sein.
"Sie kommt gut mit ihnen zurecht: Sie spielen zusammen, reden und diskutieren miteinander."
Es war schwer, Schule und Arbeit unter einen Hut zu bringen ...
... und mit dem Stigma des Analphabetismus umzugehen.
Ihrer Tochter, Shola Adeboye, war es anfangs peinlich, dass ihre Mutter zusammen mit Kindern lernte.
Inzwischen kommt sie damit klar.
"Sie wollte immer eine Ausbildung machen, aber sie konnte es bis jetzt nicht", sagt Adeboye mitfühlend.
Ajayi stellt immer noch Taschen und Geldbörsen her, aber erst wenn sie um 16 Uhr den Unterricht beendet hat.
Während der Schulzeit bedient eine Aushilfe die Kunden.
In Nigeria besteht für Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren Schulpflicht.
In der Grundschule und der unteren Sekundarschule ist der Schulbesuch gebührenfrei.
Die weiterführenden Schulen sind kostenplichtig.
Viele Familien können sich eine höhere Schulbildung für ihre Kinder deshalb nicht leisten, ...
... und Mädchen werden zusätzlich benachteiligt.
Ajayi will noch mindestens vier Jahre zur Schule gehen.
Sie ist überzeugt, dass sie das auch als Geschäfstfrau erfolgreicher machen wird.
"Die Leute um mich herum können lesen und schreiben, und sie sind erfolgreich in ihren Geschäften", sagt Ajayi.
Und über diejenigen, die ihre Bemühungen belächeln, sagt sie: "Es ist meine Pflicht, nicht darauf zu achten, was sie sagen." (sba/rts)