

Nordkorea feiert sich, ...
... und Machthaber Kim Jong Un ist offenbar guter Dinge.
Vor genau 75 Jahren wurde der Staat gegründet, und den Jahrestag begeht das Land mit viel Pomp: einer nächtlichen Parade paramilitärischer Gruppen, einer Fackellichtgala und Feuerwerk.
Gemeinsam mit seiner Tochter nimmt Kim Jong-un an der Parade teil.
Auch zu seinem 75. Geburtstag ist das Land weitgehend isoliert.
Entstanden ist Nordkorea aus den Trümmern des japanischen Kolonialreiches, das mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Ostasien zusammenbricht.
Nach der japanischen Kapitulation am 15. August 1945 teilen die USA und die Sowjetunion die Halbinsel am 38. Breitengrad in Besatzungszonen auf: …
… Die USA kontrollieren das Gebiet südlich davon (hier die Einholung der japanischen Flagge durch das US-Militär), …
… die Sowjetunion hat im Norden davon das Sagen (an dem Gebäude prangen die Porträts von Stalin und Kim Il Sung).
Versuche, das Land zu einen, scheitern. Zwar ziehen in den folgenden Jahren beide Besatzungsmächte ab, doch die geplanten gesamtkoreanischen Wahlen finden nie statt, weil sich die Sowjetunion ihnen verweigert.
Daher wird im Süden Rhee Syng Man zum Präsidenten der neuen Republik Korea gewählt, die am 15. August 1948 entsteht.
Einen Monat später - am 9. September - antwortet der Norden mit der Gründung der Demokratischen Volksrepublik Korea, deren erster Präsident Kim Il Sung wird.
Dieser hatte bereits als Guerilla-Kämpfer gegen die japanischen Besatzer gekämpft und arbeitete seit 1945 mit Unterstützung der Sowjetunion daran, ein kommunistisches Korea aufzubauen (hier mit seiner Frau Kim Jong Suk, die bis heute verehrt wird).
So treibt er etwa als Vorsitzender von Volkskomitees und der ersten Regierung eine Bodenreform und die Verstaatlichung der Industrie voran.
Kim Il Sung führt aber auch die Kommunistische Partei an, aus der die bis heute regierende Partei der Arbeit Koreas hervorgeht.
Sowohl Kim im Norden als auch Rhee im Süden sehen sich jedoch als Präsidenten eines gesamtkoreanischen Staates, den beide notfalls mit Gewalt zu schaffen bereit sind.
Dass die USA Rhees Ansinnen zunächst die Unterstützung verweigern, nutzt Nordkorea aus: Am 25. Juni 1950 überschreiten nordkoreanische Truppen den 38. Breitengrad.
Schnell dringen sie nach Süden vor und erobern innerhalb weniger Wochen nahezu die gesamte Halbinsel.
Dem Süden gelingt erst mit Hilfe von UN-Truppen, die zu 90 Prozent aus US-Soldaten bestehen, der Gegenangriff: Er schlägt die Volksarmee zurück und kämpft sich bis zur chinesischen Grenze vor.
Daraufhin greift China in den Konflikt ein (hier ein gefangener chinesischer Soldat). Dem Norden gelingt es dadurch, die Gegner bis etwa zum 38. Breitengrad zurückzudrängen.
Am 27. Juli 1953 kommt es zu einem Waffenstillstand, der die Grenze zwischen beiden koreanischen Staaten etwa auf dem Vorkriegszustand festschreibt.
Zudem wird eine demilitarisierte Zone am 38. Breitengrad gebildet. Bedeutende Geländegewinne hat der Krieg also keiner Seite gebracht.
Er kostet aber etwa drei Millionen Menschen das Leben, darunter vor allem Zivilisten auf beiden Seiten. Unzählige Menschen werden vertrieben. Zudem wird die Infrastruktur der Halbinsel stark zerstört.
Ein Friedensvertrag kommt allerdings nie zustande, weshalb sich Nord- und Südkorea offiziell weiterhin im Kriegszustand befinden (hier südkoreanische Soldaten an der stark befestigten Grenze).
Während Südkorea danach in eine autokratische Herrschaft unter Rhee Syng Man abgleitet, trotz des enormen wirtschaftlichen Aufschwungs mehrere Militärputsche erlebt (hier der langjährige Machthaber Park Chung Hee), und erst in den späten 80er-Jahren demokratische Reformen umsetzt, …
… bleibt Nordkorea unter der Herrschaft von Kim Il Sung eine stalinistische Diktatur.
Einerseits stabilisiert er seine Macht, indem er Konkurrenten und ideologische Abweichler ausschalten lässt.
Gleichzeitig erhält er von Peking und Moskau umfangreiche Wirtschaftshilfen, dank derer Nordkoreas Industrie recht schnell wieder aufgebaut werden kann.
Permanent versucht Kim, zwischen den beiden übermächtigen Nachbarn zu lavieren, in deren Abhängigkeit er jedoch stets bleibt.
Nach dem Tod Stalins 1953 und der folgenden Entstalinisierung sagt er sich zeitweise sogar von der Sowjetunion los und nähert sich an das China Mao Zedongs an (hier eine Briefmarke mit dem Bild eines Treffens der beiden).
Denn Kim lehnt nicht nur den relativ gemäßigten Kurs Moskaus in der Ost-West-Frage ab. Auch die Kritik in der Sowjetunion an Stalins Personenkult teilt er nicht. Vielmehr lässt er sich ab den 60er-Jahren als "Großer Führer" bezeichnen.
Doch China ist kein wirklicher Ersatz. Das Land steckt nach dem Scheitern des "Großen Sprungs nach vorn" und einer verheerenden Hungersnot selbst in der Krise, die sich anbahnende Kulturrevolution wirft es noch weiter zurück.
So nähert sich Kim auch wieder an die Sowjetunion an, zumal Nordkorea ab Ende der 60er-Jahre wie viele andere Länder des Ostblocks wirtschaftliche Probleme hat, die etwa mit den enormen Ausgaben für das Militär zusammenhängen.
Die zunehmende Isolation des Landes wird Ende der 60er schließlich zur Staatsideologie erklärt: Die von Kim Il Sung entwickelte Juche-Ideologie (hier der Juche-Turm in Pjöngjang) …
… zielt auf Autarkie ab, sowohl politisch, als auch wirtschaftlich und militärisch und grenzt sich damit vom international ausgerichteten Kommunismus ab.
Zudem etabliert Juche einen Führerkult. Kim wird 1972 mit einer Verfassungsänderung Präsident des Landes, etwas später ersetzt seine Ideologie den in der Verfassung bisher genannten Marxismus-Leninismus.
Der Diktator baut Nordkorea radikal vom kommunistischen Land zu einer Art Erb-Autokratie um (hier mit Sohn Kim Jong Il), in der wenige Funktionärsfamilien die Macht ausüben und das Land ausbeuten.
Unter ihm erfährt die nordkoreanische Gesellschaft, unter dem Vorwand einer vermeintlich permanent drohenden amerikanischen Invasion, eine tiefgreifende Militarisierung.
Das arme Land unterhält eine der größten Streitmächte der Welt.
Kim schottet das Land ab, schränkt Meinungs-, Glaubens- und Bewegungsfreiheit seiner Bürger ein. Er baut einen Repressionsapparat auf, der gnadenlos gegen Andersdenkende und vermeintliche Spione vorgeht und ein Klima des Misstrauens schafft.
Die Menschenrechtsverstöße in Nordkorea sind vielfältig. In einem System von Internierungslagern gibt es Folter und Zwangsarbeit. Die zahlreichen Hinrichtungen finden teilweise öffentlich statt. Hinzu kommen Versorgungsmängel und Hungersnöte.
Als mythisch überhöhter Staatsgründer spielt Kim Il Sung allerdings im ideologischen Leben Nordkoreas bis heute eine große Rolle.
Obwohl er am 8. Juli 1994 stirbt, ist er als "Ewiger Präsident" offiziell noch immer Staatsoberhaupt des Landes.
Der 1997 eingeführte Juche-Kalender, der im Alltagsleben der Menschen allerdings keine Rolle spielt, beginnt mit seinem Geburtsjahr. Zudem ist Kims Geburtstag Nationalfeiertag und an seinen Statuen finden religiös anmutende Huldigungen statt.
Nach dem Tod Kim Il Sungs übernimmt dessen Sohn Kim Jong Il die Macht, er wird Generalsekretär der Partei der Arbeit Koreas, nachdem er bereits seit 1993 der mächtigen Nationalen Verteidigungskommission vorsteht.
Trotz des Zusammenbruchs des Ostblocks und des damit zusammenhängenden Kollapses der nordkoreanischen Wirtschaft Anfang der 90er-Jahre ändert der Sohn politisch und ideologisch wenig, wohl aus Angst, eine weichere Linie würde das Schicksal des Regimes besiegeln.
So hält er Nordkorea in der Isolation, behält das Repressionssystem bei und setzt als "Geliebter Führer" ebenfalls auf den Personenkult. Seit seinem Tod 2011 wird er als "Ewiger Generalsekretär" oft neben seinem Vater dargestellt.
Allerdings baut der 1941 geborene Kim Jong Il, der als großer Filmfan gilt und …
… von dem unzählige kuriose Propagandafotos existieren, …
… die Militarisierung des Landes noch aus. Der Juche-Ideologie seines Vaters stellt er die Leitlinie "Son'gun" (etwa: Militär zuerst) zur Seite, nach der Armee und Verteidigungsbereitschaft absoluter Vorrang eingeräumt wird.
Die ideologisch bedingte Misswirtschaft, verbunden mit ausbleibenden Importen von Erdöl, Düngern und Lebensmitteln aus der zusammengebrochenen Sowjetunion sowie fehlenden Einnahmen aus dem Export in den Ostblock lösen in den 90er-Jahren eine schwere Hungersnot aus, der Schätzungen zufolge Hunderttausende Menschen zum Opfer fallen.
Bis heute ist ein Großteil der nordkoreanischen Bevölkerung mangelernährt, auch weil die Landwirtschaft hoffnungslos veraltet ist.
In die Amtszeit Kim Jong Ils fällt ab dem Jahr 2000 aber auch eine Phase der sogenannten Sonnenscheinpolitik zwischen Nord- und Südkorea, die nicht nur Familienzusammenführungen ermöglicht, …
… sondern auch die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone in Kaesong und …
… eine gemeinsam einmarschierende Olympia-Mannschaft im Jahr 2000 in Sydney.
Doch bereits 2008 endet die Zeit der Entspannung. Zwei Jahre später kommt es sogar zu mehreren militärischen Zwischenfällen im Grenzgebiet, etwa den Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffes Cheonan (das hier geborgen wird).
Dramatischer noch ist jedoch die Eskalation des Konflikts um das nordkoreanische Atomprogramm, die eng mit Kim Jong Il verbunden ist. Zwar existieren Pläne für ein Atomprogramm schon seit den 50er-Jahren, doch die Sowjetunion drängt Nordkorea in den 80ern zum Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag.
1993 gibt es eine erste Krise um Nordkoreas Atompläne, die mit dem "Genfer Rahmenprogramm" von 1994 entschärft werden kann. Nordkorea verpflichtet sich darin, sein Atomwaffenprogramm aufzugeben.
Die Umsetzung des Abkommens bleibt freilich in den Anfängen stecken. Nicht nur überfliegt 1996 erstmals eine nordkoreanische Mittelstreckenrakete Japan, was im Westen neue Ängste schürt. Auch Gerüchte um eine unterirdische Atomanlage in Nordkorea lassen den Vertrag letztlich platzen.
Schließlich sorgt auch US-Präsident George W. Bush für Spannungen, nachdem er 2001 Nordkorea als Teil einer "Achse des Bösen" bezeichnet hat.
Diese und weitere Vorwürfe aus den USA beantwortet Nordkorea 2003 mit dem Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag. Kurz darauf kündigt Pjöngjang auch den Vertrag über ein kernwaffenfreies Korea auf.
Zwei Jahre später, am 10. Februar 2005, vermeldet Nordkorea den Besitz einsatzbereiter Atomwaffen und kündigt deren Tests an.
Zwar lenkt das Land noch im selben Jahr ein und erklärt den Verzicht auf sein Atomwaffenprogramm, doch 2006 folgen weitere Raketenübungen und ein erster mutmaßlicher Atomwaffentest.
Trotz internationaler Proteste, auch vom engen Verbündeten China, Drohungen der USA und UN-Sanktionen gibt es in den folgenden Jahren weitere Atomversuche und Raketentests, die mit weiteren Sanktionen beantwortet werden. Das Spiel wiederholt sich mehrere Jahre lang, unterbrochen nur von kurzen Phasen der Entspannung.
2012 erklärt sich Nordkorea selbst zur Atommacht. Da ist Kim Jong Il aber bereits nicht mehr an der Macht: …
… Nach seinem Tod am 17. Dezember 2011 wird sein Sohn Kim Jong Un neuer Machthaber in Pjöngjang.
Das erhoffte Tauwetter durch den jungen, zeitweise im Westen ausgebildeten Staatschef bleibt jedoch aus. Auch politische Reformen, die er zunächst andeutet, gibt es nicht.
Innenpolitisch versucht Kim Jong Un, seine Macht zu behaupten. Internationale Schlagzeilen machen etwa die Verhaftung und Hinrichtung seines mächtigen Onkels Jang Song Thaek und …
… der Mord an seinem abtrünnigen Halbbruder Kim Jong Nam, der mutmaßlich von Pjöngjang befehligt wird.
Gleichzeitig führt der 1984 geborene Kim die harte Linie seines Vaters im Atomkonflikt fort.
Es folgen weitere Atomwaffentests, darunter nach nordkoreanischen Angaben auch Versuche mit Wasserstoffbomben. Das Land verfügt demnach über mehrere einsatzbereite Atomwaffen und entsprechende Trägersysteme.
Auch das Raketenprogramm wird fortgeführt. Die Waffen sollen mittlerweile die Westküste der USA erreichen können.
Mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump tauscht Kim wüste Beleidigungen aus, die im Herbst 2017 in gegenseitigen militärischen Drohungen eskalieren.
Die Atomtests und martialischen Drohungen, vor allem gegen die USA und Südkorea, isolieren Pjöngjang jedoch immer weiter. Die Vereinten Nationen verhängen weitere Sanktionen, die das Regime wirtschaftlich massiv unter Druck bringen.
Ist die miserable Versorgung mit Nahrungsmitteln, Energie und Ersatzteilen ein Grund, warum Kim Jong Un im Januar 2018 unerwartet einen versöhnlichen Kurs einschlägt?
Er kündigt nicht nur die Teilnahme seines Landes an den Olympischen Winterspielen in Südkorea an, wo beide Länder ein gemeinsames Frauen-Eishockey-Team aufstellen, …
… sondern bringt auch ein Treffen mit Südkoreas neuen Präsidenten Moon Jae In ins Spiel. Dabei beschließen beide, bis Ende 2018 einen Friedensvertrag ausarbeiten zu wollen, der den Kriegszustand endlich beenden könnte. Das Wort Wiedervereinigung geistert bereits durch die Medien.
Schließlich stimmt Kim im Juni 2018 sogar einem Gipfel mit US-Präsident Donald Trump zu.
Doch viel bleibt nicht von diesem Treffen.
Beim großangelegten russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt sich Nordkorea als enger Verbündeter von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Berichte zufolge könnte Kim in den kommenden Tagen ins russische Wladiwostok reisen könnte, um dort Putin zu Gesprächen über Waffengeschäfte zu treffen. Die "New York Times" berichtet, dass Kim in einem gepanzerten Zug in die etwa 700 Kilometer Luftlinie entfernte russische Hafenstadt an der Pazifikküste reisen könnte.
Moskau und Pjöngjang hatten Mitte August angekündigt, ihre Zusammenarbeit auszubauen und unter anderem im Verteidigungsbereich enger zu kooperieren.
Russland gehört zu den wenigen Ländern, die Kontakt zu Nordkorea halten.
Auch zu seinem 75. Geburtstag ist das Land weitgehend isoliert (mli/ghö)