Panorama

Pinzetten-Fatwa empört Türkinnen Augenbrauen-Shaping soll Sünde sein

Ginge es nach dem türkischen Religionsamt würde das Zupfen Augenbrauen der Vergangenheit angehören.

Ginge es nach dem türkischen Religionsamt würde das Zupfen Augenbrauen der Vergangenheit angehören.

(Foto: imago)

Nach der skandalösen Inzest-Fatwa kommt nun die Pinzetten-Fatwa: Die türkische Religionsbehörde Diyanet legt sich mit Millionen von Türkinnen an. Ihrer Auslegung nach ist das Zupfen der Augenbrauen nicht mit dem Koran vereinbar.

Das staatliche Religionsamt Diyanet der Türkei hat die Frauen im Land laut Presseberichten vor der "Sünde" des Augenbrauen-Shapings gewarnt. Auch die Entfernung von Haaren an der Oberlippe sei unislamisch und eine Sünde, heißt es in einer Stellungnahme der Behörde auf die entsprechende Frage eines Gläubigen, wie die Zeitung "Sözcü" meldete.

Nur bei "nicht normalem" Wuchs von Augenbrauen oder Oberlippenbehaarung, die bei einer Frau psychologische Beeinträchtigungen verursachten, kann demnach eine Ausnahme gemacht werden. In der "Sözcü" ist von einer "Pinzetten-Fatwa" die Rede.

Das Urteil der Islam-Experten bei der Religionsbehörde, die in der Türkei für eine staatstreue Auslegung der Religion zuständig ist, betrifft potenziell Millionen von Türkinnen. Auch viele fromme Türkinnen lassen sich regelmäßig die Augenbrauen zupfen.

Die regierungskritische Website "Odatv" meldete deshalb ironisch, das Religionsamt nehme Ehefrau und Tochter von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Emine Erdogan und Sümeyye Erdogan, ins Visier. Ein Foto von Emine Erdogan, auf dem deren perfekt geformte Augenbrauen gut zu sehen sind, kommentierte die Website mit dem Wort "Schande".

Diyanet sorgt immer wieder für Empörung

Erst vor kurzem hatte das Religionsamt mit einer umstrittenen Auslegung religiöser Regeln für Aufregung gesorgt. Ein Abteilungsleiter der Behörde wurde entlassen, weil ein islamisches Rechtsgutachten den Eindruck erweckt hatte, das Religionsamt rechtfertige Inzest. In dem Gutachten hatte es geheißen, Inzest müsse nicht unbedingt negative Auswirkungen auf die Ehe eines Mannes haben. Wenn sich ein Vater in erotischer Absicht der eigenen Tochter nähere, solle er aber darauf achten, dass das Kind älter als neun Jahre sei.

Nach einem Sturm der Empörung ruderte Diyanet damals zurück. Amtsleiter Mehmet Görmez berief sich bei der skandalösen Aussage auf einen "Übersetzungsfehler" aus dem Arabischen. Wie ein solcher Fehler bei einem derart brisanten Thema hatte passieren können, erklärte er nicht.

Die Religionsbehörde Diyanet ist die höchste islamische Autorität in der Türkei und verwaltet auch die mehr als 85.000 Moscheen. Bei liberalen Türken sorgt das Amt mit seinen umstrittenen Auslegungen und Gutachten immer wieder für Unmut.

Quelle: ntv.de, lda/AFP

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