Nach dem Tod zum Himmel reisen Das sind die neuen letzten Ruhestätten
20.12.2015, 20:43 Uhr
Die letzte Ruhestätte wird kreativer. Doch für viele der neuen Bestattungsarten müssen Deutsche die verstorbenen Angehörigen zumindest zeitweise ins Ausland überführen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ob als Baum im eigenen Garten eingepflanzt oder per Rakete im Weltraum verstreut - das "Leben" nach dem Tod ist längst nicht mehr klassisch. Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine Beisetzung der etwas anderen Art.
Die Japanische Blütenkirsche in ihrem Garten kann Heike G. (Name von der Redaktion geändert) schon vom Küchenfenster aus sehen. Jeden Tag geht sie raus, um den Baum zu gießen und Blumen niederzulegen. Denn es ist nicht irgendein Baum: In ihm steckt die Asche ihres verstorbenen Mannes. Ein klassisches Grab gibt es nicht. Dafür hat sie den Baum gleich vor der eigenen Haustür.

Die Japanische Blütenkirsche ist nur eine der Baumarten, die man für die Bestattung wählen kann.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Baumbestattung ist relativ neu - und normalerweise nicht für den eigenen Garten, sondern für spezielle Waldfriedhöfe gedacht. Es gibt jedoch ein Unternehmen, das sich genau darauf spezialisiert hat: die Friedhofspflicht in Deutschland mit legalen Mitteln zu umgehen und den Baum nach Hause zu holen.
"Tree of Life" nennt sich das Unternehmen von Marcel Hohmeyer. Auf die Idee kam der gelernte Landschaftsgärtner 2009 zusammen mit seinem Bruder, der ein Krematorium betreibt. "Immer wieder wurden wir von Hinterbliebenen gefragt, wie sie denn die Asche zu sich nach Hause bekommen könnten. Und da haben wir überlegt, ob es nicht doch einen legalen Weg geben könnte." Kurze Zeit später war dieser gefunden.
Diamanten als Erinnerung
Wie üblich, wird der Verstorbene in Deutschland verbrannt. Anschließend aber wird die Asche zur Baumbestattung in die Niederlande überführt. "Nach mehreren Monaten geht die Asche vollständig in der Wurzel auf. Dadurch kann der Baum unabhängig von der Friedhofspflicht nach Deutschland eingeführt und auch auf dem eigenen Grundstück gepflanzt werden", sagt Hohmeyer. Vier Jahre haben die Brüder das Verfahren mit Tierasche getestet, bevor es 2013 auf den Markt kam. Die Aufträge verteilen sich laut Hohmeyer über ganz Deutschland, kommen in den ländlichen Regionen aber häufiger vor. Dort verfügten schließlich mehr Menschen über einen geeigneten Garten. "Der Baum hat etwas Tröstliches", sagt Heike G. "Damit schließt sich sozusagen der Kreis des Lebens".

Ein halbkarätiger Diamant aus der Kremierungsasche eines vor sechs Monaten Verstorbenen.
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Früher war die Auswahl an Bestattungen längst nicht so groß. Da gab es die Erd- oder eben die Feuerbestattung. Doch nicht immer haben die Hinterbliebenen die Möglichkeit, sich um das Grab zu kümmern, weil sie etwa weit entfernt wohnen und nicht das Geld haben, um die Aufgabe an einen Friedhofsgärtner zu delegieren. Die Bestattungsunternehmen reagieren auf die neuen Bedürfnisse mit Kreativität.
Manche entscheiden sich nach dem Tod ihrer Angehörigen für eine eher extravagante Möglichkeit: einen Diamanten, der aus der Asche des Verstorbenen hergestellt wird - als Erinnerungsstück. Einer der bekanntesten Anbieter für solche Diamantbestattungen ist das Unternehmen "Algordanza" mit Sitz in der Schweiz. In einem speziellen Verfahren wird aus der Asche Kohlenstoff gelöst und unter hohen Temperaturen und hohem Druck entsteht Graphit. Ein Diamantenkristall wird hinzugefügt und nach mehreren Wochen oder Monaten kann der daraus entwachsene Rohdiamant entnommen werden.
Urne geht in Ballon auf Reisen
Andere träumen davon, dass ihre letzte Reise sie hoch in den Himmel führt. Der Berliner Tilo Schmidt ist der erste deutsche Sphärenbestatter: "Ich glaube, es gibt diese tiefe Sehnsucht, nach oben zu streben. Menschen, die eine besondere Affinität zum Himmel haben, möchten auch im Tod damit verbunden sein." Von seinem Unternehmen "Aeon" wird die Urne mit einem Ballon auf Reisen geschickt - von Spanien, den Schweizer Alpen, der Ost- oder Nordsee aus. In den USA kann man die Asche sogar per Rakete bis in den Weltraum schießen. Und man hat die Qual der Wahl: Schießt man den Verstorbenen nun in die Erdumlaufbahn, kostet das ungefähr 5000 Dollar. Soll die letzte Reise ins All oder zum Mond führen, wird diese ab 12.500 Dollar aufwärts deutlich teurer.
Heike G. kann sich eine solche Entfernung zur Ruhestätte ihres Mannes nicht vorstellen. Auch die 20 Kilometer zum nächsten Friedhof hätte die gebrechliche alte Dame nicht mehr geschafft. Umso glücklicher sei sie nun, dass ihr Mann als Baum im gemeinsamen Garten blühen kann.
Quelle: ntv.de