Geheime Samenspender Französin will Anonymität aufheben lassen
21.10.2015, 20:16 Uhr
Bei -170 Grad Celsius werden Samenspenden gelagert, damit sie frisch bleiben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Anders als in Deutschland dürfen französische Samenspender anonym bleiben. Dagegen klagt nun eine 35-Jährige. Sie will wissen, wer ihr Vater ist. Und nicht nur das: Sie ist auf der Suche nach ihren Halbgeschwistern.
Eine junge Frau hat das in Frankreich geltende Recht auf Anonymität für Samenspender angefochten. Frankreichs höchstes Verwaltungsgericht beriet darüber, ob die französische Gesetzgebung der Europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht. Die 35-Jährige hofft, dass sie auf diesem Wege die Identität ihres biologischen Vaters oder wenigstens Anhaltspunkte darüber erfahren wird.
Der Vertreter des Staates forderte im Staatsrat, das Anliegen der Frau zurückzuweisen und die gesetzlich garantierte Anonymität der Spender aufrechtzuerhalten. Er räumte allerdings ein, dass das französische Recht bei "diesem gesellschaftlich äußerst heiklen Thema" durch künftige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg beanstandet werden könnte.
Spenderkinder können Inzest nicht ausschließen
"Ich betrachte meinen Erzeuger nicht als Vater", sagte die Tochter des Spenders im Vorfeld der Anhörung. "Aber er ist ein Teil von mir." Seitdem sie 2009 erfuhr, dass sie aus einer künstlichen Befruchtung mit Spendersamen hervorging, versucht die Frau auf dem Rechtsweg mehr über den Spender herauszufinden. Dabei argumentiert sie auch damit, dass ihr ebenfalls aus einer Samenspende hervorgegangener Ehemann auch keine Informationen über seinen Erzeuger erhalte. Die beiden könnten daher nicht ausschließen, dass es sich bei ihrer Beziehung um unbewussten Inzest handle.
Bisher stieß die Frau bei ihren Nachforschungen immer auf den Widerstand der zuständigen Gesundheitsbehörde, die sich auf das gesetzlich verankerte Recht auf Anonymität für Samenspender beruft. Sie möchte durch eine zumindest teilweise Lüftung der Identität auch erfahren, ob ihr ebenfalls aus einer Spende hervorgegangener Bruder den gleichen Spender hatte und ob sie weitere mögliche Halbgeschwister hat. Laut ihrem Anwalt ist es für Spenderkinder sogar in medizinisch gebotenen Fällen äußerst schwierig, mehr über ihre biologische Abstammung zu erfahren.
Keine offiziellen Zahlen
In Frankreich existieren keine offiziellen Zahlen über die Anzahl von Spenderkindern. Es wird jedoch geschätzt, dass seit der Einführung von Samenbanken 1973 bis zu 70.000 auf diesem Wege gezeugte Kinder zur Welt gekommen sind; in Deutschland wird ihre Zahl auf rund 100.000 geschätzt. Der Bundesgerichtshof entschied im Januar 2015, dass Spenderkinder von Anfang an ein Recht darauf haben, die Identität ihrer Erzeuger zu erfahren. Reproduktionskliniken müssen diese auch dann preisgeben, wenn Eltern es für ihre minderjährigen Kinder fordern.
Quelle: ntv.de, Pierre Rochiccioli, AFP