Panorama

Raubkunst aus dem Irak? Goldgefäß sorgt für Streit

Ein kleines Goldgefäß im Tresor eines Mainzer Museums sorgt für diplomatische Verwicklungen zwischen deutschen Behörden und dem Irak.

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Das Gefäß ist äußerst schön ...

(Foto: dpa)

Da Eigentumsverhältnisse und Herkunft angeblich ungeklärt sind, soll das fragile Stück am Dienstag notfalls mit dem Schweißgerät aus dem Tresor des Museums geholt werden. Dies habe ihm zumindest das Stuttgarter Zollfahndungsamt angekündigt, sagte Archäologe Michael Müller-Karpe vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum der dpa in Mainz und bestätigte einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Zöllner, die das Goldgefäß im Mainzer Museum untergebracht hatten, wollen das Stück einem Münchener Auktionshaus zurückgeben, falls sie für nicht zuständig erklärt werden. Das Museum verweigert bislang die Herausgabe.

 

Nach seinen Forschungen ist das etwa sechs Zentimeter große Stück "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" rund 4500 Jahre alt und stammt aus Raubgrabungen im Irak, sagte Müller-Karpe. "Ich gehe nicht davon aus, dass hier am Dienstag der Zoll unseren Tresor aufschweißt." Solange die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt seien, verweigere er die Herausgabe, weil ihn die irakische Botschaft in Berlin darum gebeten habe. Der Botschafter habe ihn auch darauf hingewiesen, dass auf Beihilfe zur Antiken-Hehlerei im Irak eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren drohe.

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... und äußerst klein.

(Foto: dpa)

 

Für Müller-Karpe wäre es ein "Dilemma", falls er das Stück den deutschen Behörden zum jetzigen Zeitpunkt übergeben müsse. "Da ich viel im Irak arbeite, käme eine Strafverfolgung dort einem Berufsverbot gleich", sagte der Wissenschaftler. In Deutschland war das Gefäß vor mehreren Jahren im Katalog des Auktionshauses aufgetaucht - als ein Stück aus dem Mittelmeerraum der römischen Kaiserzeit. Ein Kenner mesopotamischer Kunst zeigte den Auktionator daraufhin an, die Zollbehörden brachten das Goldgefäß im Mainzer Museum unter.

 

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft München I, Anton Winkler, bestätigte, dass es 2006 ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz gegeben habe. Dieses sei eingestellt worden. Jetzt stehe ein neues Verfahren an, da die irakische Republik Strafanzeige wegen Hehlerei gegen die Inhaberin des Münchner Auktionshauses Gerhard Hirsch Nachfolger erstattet habe. Einzelheiten konnte Winkler nicht nennen. Die Staatsanwaltschaft werde jetzt erst einmal die Akten zu dem Fall zusammenziehen.

Grabbeilage für Prinzessin?

Das Gefäß mit den zwei Henkelchen, an denen der eigentliche Griff befestigt wurde, könnte nach Ansicht von Müller-Karpe eine Grabbeilage für einen Prinzen oder eine Prinzessin gewesen sein. Es sei eine "Miniaturausgabe" von normalerweise größeren Gefäßen aus der Sumererzeit, in denen Flüssigkeiten aufbewahrt wurden.

 

Aber was hat nun der Zoll mit dem kleinen goldenen Gefäß zu tun? "Die Staatsanwaltschaft sagt, da das Stück irakisch ist, ist laut EU- Recht der Zoll zuständig", erklärte Müller-Karpe. Laut einer Verordnung ist in der EU der Handel mit antiken Kulturgütern aus dem Irak verboten. Der Zoll wiederum ist der Ansicht, er sei nur dann zuständig wenn das Gefäß mit "100 prozentiger Sicherheit" aus dem Irak stammt. "Diese Quote", sagte Müller-Karpe, "gibt es in der Mathematik, nicht in unseren Wissenschaften".
 

Quelle: ntv.de, dpa

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