Mehrheit des Parlaments dafür Großbritannien erlaubt Drei-Eltern-Baby
04.02.2015, 00:18 Uhr
382 der Abgeordneten stimmten für den Beschluss, 128 votierten dagegen.
(Foto: AP)
Es ist eine Frage der Ethik, vor der die Briten stehen: Darf man DNA von Ungeborenen manipulieren, um Krankheiten vorzubeugen? Kritiker sagen, damit öffneten sich Türen für die Zeugung von Designer-Babys. Das Britische Parlament setzt nun ein Zeichen.
Großbritannien ist das erste Land, in dem Babys mit drei Elternteilen künstlich erzeugt werden dürfen. Das Parlament in London billigte die Zulassung eines Verfahrens, in dem bei einer künstlichen Befruchtung die DNS von drei Menschen zum Einsatz kommen darf, wenn dadurch die Übertragung einer schweren Erbkrankheit verhindert werden kann. 382 Abgeordnete stimmten dafür, 128 votierten dagegen.
Die für den 23. Februar geplante Abstimmung im Oberhaus gilt als reine Formsache. Damit wäre dann der Weg zur Einführung der Methode zu Beginn kommenden Jahres frei. Experten begrüßten das Votum: "Familien, die wissen, was es bedeutet, für ein schwerkrankes Kind zu sorgen, werden in die Lage versetzt zu entscheiden, ob eine Mitochondrien-Spende die richtige Option für sie ist", sagte der Chef der Wohlfahrtsorganisation Wellcome Trust, Jeremy Farrar.
Fehlfunktion der Mitochondrien hat gravierende Auswirkungen
Die an der Universität von Newcastle entwickelte Methode ist hoch umstritten. Sie betrifft allerdings nur äußerst wenige Paare: Rund 125 Babys werden jedes Jahr in Großbritannien mit einer Mitochondriopathie, einer Fehlfunktion der Mitochondrien, geboren. Diese wird von der Mutter vererbt. Die Mitochondrien sind winzige Organismen in den Zellen, die Glukose in Energiemoleküle verwandeln. Bei einer Fehlfunktion verfügt der Organismus nicht über ausreichend Energie, was zu schweren degenerativen Krankheiten wie Diabetes oder Muskelschwäche führen kann.
Bei der in Newcastle entwickelten Technik wird die Übertragung der Mitochondriopathie von der Mutter auf das Kind blockiert, indem aus der Eizelle die defekte Mitochondrie entfernt und durch eine Mitochondrie einer anderen Frau ersetzt wird. Die andere Frau bleibt dabei anonym. Die so veränderte Eizelle wird anschließend im Labor mit dem Sperma des Vaters befruchtet und dann in die Gebärmutter der Mutter eingesetzt.
Zukünftig makellose Designer-Babys?
Das so entstehende Kind wird die Charakteristika seiner Mutter und seines Vaters aufweisen, weil der von der fremden Frau stammende Anteil an den Erbanlagen nur gering ist: Die DNS einer Mitochondrie macht nur ein Prozent der gesamten DNS in einer menschlichen Zelle aus. Die Veränderung des Erbgutes wird aber von Generation zu Generation weitergegeben.
Die britische Regierung gehört zu den Befürwortern der Methode. Diese sehen darin einen riesigen medizinischen Fortschritt. In einem offenen Brief an die britischen Abgeordneten schrieb eine Gruppe von Vereinen, die Technik sei für betroffene Familien "der erste Hoffnungsschimmer, um ein Baby zu bekommen, das ohne Schmerzen und Leiden leben kann". Lord Robert Wilson, einer der Pioniere der In-Vitro-Fertilisation - der Zeugung von Kindern im Reagenzglas - verglich die Methode mit einer einfachen Blutabnahme.
Die Gegner befürchten dagegen, dass die Methode der Erzeugung von Designer-Babys Tür und Tor öffnen könnte. "Wenn einmal diese ethische Grenze überschritten wird, wenn einmal festgelegt wird, dass es erlaubt ist, das menschliche Erbgut zu verändern, wird es schwierig, nicht die nächsten Schritte zu gehen und zu einer Welt zu kommen, in der Babys nach Maß produziert werden", warnte David King vom Verein Human Genetics Alert. Dies sei "ein Szenario, das alle vermeiden wollen".
Quelle: ntv.de, spt/AFP