Zeichen auf Sturm Hurrikane verschlimmern Ölpest
02.06.2010, 08:20 Uhr
Am schlimmsten betroffen ist der Bundesstaat Louisiana.
(Foto: Reuters)
Meteorologen erwarten im Mississippi-Delta eine "höchst aktive" Sturm-Saison. Das könnte das Öl zwar verteilen und verwässern, wird aber auch definitiv mehr davon an Land spülen.
Im US-Bundesstaat Louisiana stehen alle Zeichen auf Sturm: Während die Ölpest weite Teile der Küste verseucht, bereitet sich die Region auf die gefürchteten Hurrikane vor. Fünf Jahre nach dem verheerenden Wirbelsturm Katrina erwarten die Meteorologen eine "höchst aktive" Saison. Die National Oceanic and Atmospheric Agency (NOAA) rechnet mit drei bis sieben "bedeutenden" Hurrikanen in diesem Sommer. Nun wird befürchtet, dass ein heftiger Sturm das Öl aus dem Golf von Mexiko in das Mississippi-Delta und hinauf in die sensiblen Feuchtgebiete und Altwasserarme, die sogenannten Bayous, treiben könnte.
Seit der Explosion der BP-Plattform Deepwater Horizon am 20. April haben sich Schätzungen zufolge bereits mindestens 76.000 Tonnen Öl in den Golf von Mexiko ergossen. Bisher scheiterten alle Versuche, das Leck zu versiegeln. Experten befürchten, dass das Schweröl in 1500 Meter Tiefe noch monatelang weiter austreten könnte. Kürzlich begonnene Entlastungsbohrungen sollen bis mindestens August dauern.
Stürme könnten Öl verteilen, aber …
Das Marschland des Mississippi-Deltas wurde bereits von dickem, schwarzem Rohöl überschwemmt. Auch rötliche, schwammartige Klumpen treiben im Schilf des ökologisch wertvollen Sumpfgebietes - vermutlich Hinweise auf Dispersionsmittel, die das Öl auflösen sollen. Kürzlich wurde Schweröl in Grand Bayou Blue und Little Lake entdeckt, beides begehrte Fischereigründe für Bachsaiblinge.
Ab Juni werden jedes Jahr die ersten Hurrikane erwartet. Die US-Regierung und an der Schadensbegrenzung beteiligte Firmen versuchten unterdessen, den bevorstehenden Stürmen eine positive Seite abzugewinnen: "Die starken Winde und hohen Wellen werden das Öl verteilen und verwässern, was dazu beitragen kann, dass es biologisch schneller abgebaut wird", heißt es auf der für die Ölkatastrophe eingerichteten Website www.deepwaterhorizonresponse.com. "Starke Winde können das Öl über ein größeres Gebiet verteilen. Es ist jedoch schwierig, exakt vorherzusagen, wohin das Öl getrieben werden kann. Die Bewegung des Öls würde vom Kurs des Hurrikans abhängen."
Keine Fischerei in diesem Jahr – und im nächsten?
Mike Becnel wohnt auf der winzigen, der Südküste von Louisiana vorgelagerten Insel Grand Isle. Er fürchtet: "Egal aus welcher Richtung der Hurrikan kommt und egal wohin der Wind weht - sicher ist: Wir werden mehr Öl angeschwemmt bekommen." Neben dem Ölfilm, der an manchen Stellen auf der Wasseroberfläche schimmert, und dem dicken, schwarzen Schleim, der in Teile der Sumpfgebiete gespült wurde, haben Wissenschaftler auch große Ölschwaden tiefer im Golf gefunden. Viele fürchten, dass ein heftiger Sturm auch Öl aufwirbeln könnte. Solche Unterwasserschwaden könnten dutzende Arten von Fischen vernichten, während das Öl an der Oberfläche nach Auskunft der Wissenschaftler Larven abtötet - mit verheerenden Auswirkungen für die Fischerei im nächsten Jahr.
Die Behörden weiteten unterdessen wegen Sicherheitsbedenken das Fischereiverbot im Golf von Mexiko um mehr als 2600 Quadratkilometer aus. Nun darf dort auf 160.200 Quadratkilometern nicht mehr gefischt werden - einer Fläche so groß wie Tunesien.
Kostspielig und langwierig: Grünes Licht für Sandwälle
Am 2. Juni wollten die Behörden in der Gemeinde Plaquemines, zu der das verseuchte Marschland gehört, über Maßnahmen beraten. In der vergangenen Woche gab die US-Küstenwache den Behörden von Louisiana grünes Licht für den Bau von Sandwällen. Mit solchen künstlichen Inseln soll das Öl vom Marschland abgehalten werden. Dafür müsste Sediment aus dem Delta ausgebaggert werden - ein kostspieliges und langwieriges Vorhaben. Zum Auftakt der Hurrikansaison war noch kein Bagger zu sehen.
Quelle: ntv.de, Karin Zeitvogel, AFP