Panorama

Positionierung für die Papstwahl? Kardinal überwachte Kollegen

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Bertone will möglicherweise der entscheidende Strippenzieher sein.

(Foto: dpa)

Amtsmüde und schwach entschloss sich Benedikt XVI. zum Rücktritt. Noch immer kursieren jedoch jede Menge Gerüchte, was wirklich hinter dem Rücktritt steckt. Ein italienisches Magazin enthüllt nun, wie die Intrigen aussehen, von denen immer die Rede ist. Kardinalstaatssekretär Bertone soll ein umfassendes Überwachungssystem installiert haben.

Am Montag kommen die Kardinäle zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Dann müssen die höchsten kirchlichen Würdenträger über einen Nachfolger für Papst Benedikt XVI. entscheiden. Eine wichtige Rolle fällt dabei Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone zu. Er leitet während der Sedisvakanz die Sonderkongregation, die die Kirchenverwaltung steuert. Während drei Posten in diesem Gremium alle drei Tage neu ausgelost werden, bleibt der Camerlengo die ganze Zeit im Amt.

Am Donnerstag hatte Bertone noch gemeinsam mit zahlreichen Mitarbeitern der Kurie und der Schweizer Garde dem scheidenden Papst im Vatikan einen emotionalen Abschied bereitet. Doch das italienische Wochenmagazin "Panorama" berichtet, der ehrgeizige Bertone habe systematisch Vatikanangehörige ausspioniert. Damit sollte ein mutmaßliches Netzwerk um den früheren Papst-Kammerdiener Paolo Gabriele aufgedeckt werden. Gabriele war für den Diebstahl von Dokumenten aus dem Besitz des Papstes verurteilt, später aber begnadigt worden.

Laut "Panorama" soll Bertone mit der Überwachungsaktion den Chef der Vatikan-Polizei, Domenico Giani, beauftragt haben. In der Folge wurden Telefongespräche und Unterhaltungen abgehört und E-Mails von Bischöfen und Kardinälen gelesen. Das Magazin spricht von der "massivsten und flächendeckendsten Abhöraktion", die es je im Vatikan gegeben habe, ohne allerdings Beweise dafür zu liefern. Detailliert sei aufgezeichnet worden, wer den Vatikan zu welcher Uhrzeit betreten und wieder verlassen und wer sich mit wem getroffen habe. Damit könnte Bertone das Ziel verfolgt haben, sich einen möglichst großen Einfluss auf die Auswahl des künftigen Papstes zu sicher.

Weitgehende Überwachung

Johannes Paul II. hatte Giani 1999 in den Vatikan geholt, zunächst als Vize-Inspektor der Gendarmerie. Seit 2006 ist er der Chef. Seitdem wurden die Sicherheitsmaßnahmen ständig verschärft, Magnetkarten eingeführt und die Videoüberwachung ausgeweitet. "Es gibt keinen Quadratmeter mehr, der den Augen der Kameras entgeht", so "Panorama".

Der deutsche Kardinal Meisner hatte der "Frankfurter Rundschau" nach der Rücktrittsankündigung des Papstes gesagt, er habe Benedikt um die Entlassung von Bertone gebeten. Dies habe der Heilige Vater aber abgelehnt. Bertone gehört zu dem stimmberechtigten Kardinälen im Konklave und wird zumindest als Außenseiterkandidat für das Papstamt gehandelt. Ob er am Ende von dem abgehörten Wissen profitieren kann, könnte sich noch vor Ostern erweisen.

Was enthält das Dossier?

Unklar ist, auf wessen Weisung Bertone gehandelt hat. Papst Benedikt XVI. hatte eigentlich die Kardinäle Jozef Tomko, Julian Herranz Casado und Salvatore De Giorni mit den Vatileaks-Ermittlungen betraut. Vatikan-Sprecher Frederico Lombardi sagte zu dem "Panorama"-Bericht: "Im Zusammenhang mit Vatileaks können einige Abhörmaßnahmen und Kontrollen von Ermittlungsrichtern autorisiert worden sein." Demnach könnte die Kontrolle von "zwei oder drei Benutzern" stattgefunden haben. Zugleich dementierte er, dass eine flächendeckende Abhöraktion oder Überwachung erfolgt sei. Der Überwachungsauftrag in diesen wenigen Fällen sei aber nicht von den drei Kardinälen gekommen.

Was die Vatileaks-Ermittler rausgefunden haben, soll in einem Dossier stehen, das Benedikt seinem Nachfolger hinterließ. Der soll entscheiden, was damit geschehen soll.

Die Kardinäle hatten dem Papst im vergangenen Juli sowie am 17. Dezember die Ergebnisse ihrer Untersuchungen mitgeteilt. Am 11. Februar hatte Benedikt XVI. überraschend seinen Rücktritt für den 28. Februar angekündigt. Als Grund hatte er auf seine schwindenden Kräfte verwiesen, die eine umfassende Erfüllung seiner Amtspflichten nicht mehr zuließen. 

Quelle: ntv.de, sba

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