In der linken Szene BKA will verdeckt ermitteln
16.07.2011, 16:17 Uhr
Linksautonome ziehen am 1. Mai durch Berlin. (Archiv)
(Foto: picture alliance / dpa)
BKA-Chef Ziercke macht Front gegen linke Extremisten. Deutschland bewege sich in eine "bedenkliche Richtung". Man müsse darüber nachdenken, verdeckte Ermittler in die Szene einzuschleusen. Schließlich würden bei linker Gewalt "Grenzen überschritten".
Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, hat den Einsatz verdeckter Ermittler gegen Linksextremisten vorgeschlagen. Er halte den "Linksextremismus für ähnlich bedrohlich wie den Rechtsextremismus", sagte Ziercke dem "Hamburger Abendblatt". Angesichts der schwachen Aufklärungsquote plädierte der BKA-Chef auch für die Überwachung von Telekommunikationsverbindungen.
"Linksterroristische Bestrebungen erkenne ich in Deutschland weiterhin nicht, wir bewegen uns aber in eine bedenkliche Richtung", sagte Ziercke. "Wir verzeichnen starke extremistische Bestrebungen, die Grenzen überschreiten." Bei Anschlägen werde "in Kauf genommen, dass Menschen getötet werden könnten". Der BKA-Chef appellierte an die Bürger, zur Aufklärung einer Serie von Brandstiftungen an Autos in Großstädten beizutragen. "Jeder sollte sich aufgefordert fühlen, den Brandstiftern das Handwerk zu legen", sagte er. "Das hat nichts mit Denunziation zu tun."
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich warnte erst kürzlich vor einer Spirale der Gewalt zwischen rechtsextremen Neonazis und linksextremen Autonomen. Beide Gruppen träten immer aggressiver auf und stünden sich in ihrem menschenverachtenden Vorgehen in nichts nach, sagte der CSU-Politiker bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2010 . Sowohl die Zahl der Rechtsextremisten als auch der Linksextremisten nehme deutlich zu. Ihr Ziel sei die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Große Ähnlichkeiten
Die Rechtsextremisten sind nach den Worten Friedrichs weiter vor allem in Ostdeutschland stark. Insgesamt würden 25.000 Menschen in Deutschland der rechtsextremen Szene zugerechnet. Besorgniserregend sei, dass allein die Zahl der Neonazis unter ihnen 2010 um 600 auf 5600 gestiegen sei. Zu ihnen zählt auch die Gruppe der Autonomen Nationalisten, die in ihrem Erscheinungsbild und Vorgehen den linken Autonomen ähnelt. Hauptziel der Autonomen Nationalisten seien inzwischen nicht mehr fremdenfeindliche Straftaten, sondern der Kampf gegen den politischen Gegner - also die Linksextremisten.
Die Zahl der gewaltbereiten Linksextremisten sei unterdessen um 200 auf 6800 gestiegen. Die Sicherheitsbehörden schätzen, dass es in Deutschland rund 32.200 Menschen gibt, die dem Linksextremismus zuzuordnen sind. 2009 lag die Zahl bei 31.600. Im letzten Jahr gab es insgesamt 3747 Straftaten, bei denen die Ermittler von einem linksextremen Hintergrund ausgehen.
Quelle: ntv.de, jmü/AFP/dpa