Sperrung von TTIP-Akten Berlin protestiert bei US-Regierung
13.11.2015, 02:21 Uhr
Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen? Bisher ein Fremdwort, wie viele Gegner des Freihandelabkommens kritisieren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Washington untersagt Bundestagsabgeordneten bisher die Einsicht in Verhandlungstexte des umstrittenen Freihandelabkommens TTIP. Das ist Wasser auf die Mühlen der TTIP-Gegner, die vor allem die fehlende Transparenz kritisieren. Nun wird die Bundesregierung aktiv.
Die Bundesregierung will einem Zeitungsbericht zufolge nicht länger hinnehmen, dass die USA Bundestagsabgeordneten den Einblick in die TTIP-Verhandlungstexte verweigert. Das Wirtschaftsministerium hat deshalb die deutsche Botschaft in Washington angewiesen, beim US-Handelsbeauftragten zu demarchieren - also förmlich zu protestieren, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete. In Regierungskreisen hieß es demzufolge, der deutsche Botschafter werde deshalb mit dem US-Handelsbeauftragten Michael Froman zusammenkommen.
In der Weisung, die dem Blatt vorliegt, heißt es, das Wirtschaftsministerium empfehle, dass sich der deutsche Botschafter bei "Froman dafür einsetzt, dass auch Bundestagsabgeordnete Zugang zu den konsolidierten Texten der Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) erhalten". Der US-Handelsbeauftragte "sollte gebeten werden, in Abstimmung mit der EU-Kommission eine positive Entscheidung" herbeizuführen. Nur so könne "dem öffentlichen Vorwurf begegnet werden, TTIP werde an den Parlamenten vorbei und unter Missachtung demokratischer Rechte verhandelt".
Kenntnisnahme streng reglementiert
Bisher gibt es in Berlin nur eine Möglichkeit, die konsolidierten TTIP-Verhandlungstexte einzusehen – das sind Texte, die sowohl die Position der EU als auch die der USA kenntlich machen. Der Leseraum dafür ist in der US-Botschaft, der Zugang zu dem Raum ist streng reglementiert. Die Modalitäten wurden zwischen EU-Kommission und US-Seite festgelegt, sie können von der Bundesregierung nicht im Alleingang geändert werden. Demnach dürfen lediglich Regierungsvertreter den Leseraum nutzen, Bundestagsabgeordnete sind ausgesperrt.
Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium hat der US-Botschaft deshalb nur 139 Beamte aus den Bundesministerien als Nutzer gemeldet, aber keine Parlamentarier. Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte den Ausschluss der Abgeordneten mehrfach vehement beklagt. .
Investitions- statt Schiedsgerichte?
Indes übermittelte die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Reform des Investitionsschutzes im Handelsvertrag TTIP offiziell an die USA. Die Vorschläge konkretisieren das System der neuen Investitionsgerichte, welches die Kommission Mitte September der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, wie die Behörde erklärte. Investitionsgerichte sollen die gängigen und umstrittenen Schiedsgerichte ablösen.
Schiedsgerichte warfen für viele Kritiker von TTIP bisher die größten Bedenken gegenüber dem Handels- und Investitionsabkommen auf. Das System der Investitionsgerichte soll deshalb für mehr demokratische Prinzipien und öffentliche Kontrolle sorgen. Es bestünde nach den Vorstellungen der Kommission aus einem Gericht erster Instanz und einem Berufungsgericht.
Der TTIP-Berichterstatter im EU-Parlament, welches TTIP am Ende zustimmen muss, begrüßte den Schritt. "Das neue Modell eines Investitionsgerichtshofes greift viele Bedenken der Bevölkerung und Forderungen des Europäischen Parlaments auf", erklärte Bernd Lange. Zugleich forderte er weitere Nachbesserungen. So würden etwa "die Pflichten von Investoren nur ungenügend berücksichtigt".
Quelle: ntv.de, bad/AFP