Politik

Klein-Aussage in Paris "Carlos wirkte wie ein Mafioso"

Nach Darstellung des Ex-Terroristen Klein war Carlos ein käuflicher Söldner und kein "Revolutionär". Er selbst sei wegen des krassen Antisemitismus seiner Komplizen aus dem Terrorismus ausgestiegen.

Carlos alias Ilich Ramírez Sánchez.

Carlos alias Ilich Ramírez Sánchez.

(Foto: dpa)

Der deutsche Ex-Terrorist Hans-Joachim Klein hat den einstigen Top-Terroristen Carlos als skrupellosen Söldner beschrieben. Vor einem Pariser Sondergericht sagte Klein, er habe mit Carlos, der sich selbst als Berufsrevolutionär bezeichnet, nie eine politische Diskussion gehabt. Klein hatte 1975 zusammen mit Carlos und anderen einen Überfall auf die Wiener OPEC-Konferenz verübt. Dabei starben drei Menschen.

Die Politik von Carlos bei seinen Attentaten sei immer gewesen: "For how much?" - "Für wieviel?", fügte Klein hinzu. Er hatte sich kurz nach dem OPEC-Überfall vom Terrorismus losgesagt und trat dann als Kronzeuge in Deutschland gegen einstige Mitstreiter auf. Klein berichtete ausführlich über den OPEC-Überfall sowie über seinen Weg aus der Frankfurter Sponti-Szene in den 70er Jahren zum Terrorismus. 1975 habe er in Paris in einem "luxuriösen Appartement" auch Carlos kennengelernt, der eigentlich Ilich Ramírez Sánchez heißt, und der jahrelang der meistgesuchte Terrorist der Welt war.

Parfümiert und im Anzug

Klein beschrieb Carlos als "Typen", der parfümiert und im Anzug auftrat und den er anfangs deshalb für einen Mafioso gehalten habe. Der 63-Jährige Klein, der in einem kleinen Dorf in der nordfranzösischen Normandie lebt, trug vor Gericht ausgewaschene Jeans, Jeansjacke und Wollpullover. Als "Revolutionär" stufte Klein den einstigen Top-Terroristen nicht ein, vielmehr inzwischen als jemanden, bei dem man "Fragen nach dem geistigen Zustand" stellen müsse.

Carlos, der in Frankreich seit Jahren im Gefängnis sitzt und von dort aus eine Reihe exzentrischer Interviews gegeben hatte, verfolgte Kleins Auftritt mit einer Mischung aus Verärgerung und Missachtung. Er ist der Hauptangeklagten in dem Prozess um vier Anschläge aus den Jahren 1982 und 1983, bei denen elf Menschen getötet wurden. Als Komplizen müssen sich in Abwesenheit der Deutsche Johannes Weinrich, die Deutsche Christa-Margot Fröhlich sowie der Palästinenser Ali Kamal al-Issawi verantworten.

"Die Juden hierhin, die anderen dorthin"

Klein hatte sich schon 1977 in einem Brief an den "Spiegel" vom Terrorismus losgesagt. Als Grund für seinen Ausstieg aus der Szene gab er vor Gericht an, dass er das Vorgehen der angeblich linksgerichteten Terroristen bei einer Flugzeugentführung und Geiselnahme nicht hatte akzeptieren können. "Man hat gesagt wie in Auschwitz: die Juden hierhin und die anderen dorthin." Klein erinnerte daran, dass sich seine Mutter nach ihrer Lagerhaft im KZ Ravensbrück 1948 mit der Waffe seines Vaters umgebracht habe. Als seine Mitstreiter damals die "Selektion" von Juden wiederholten, habe er sich gesagt: "Was machst du in diesen Gruppen? " Er hob hervor, dass er zwar viele Fehler in seinem Leben gemacht habe, dass er aber nie jemanden getötet habe.

Bei dem OPEC-Überfall waren ein Wiener Polizist sowie zwei Angehörige der irakischen und libyschen Delegation erschossen worden. Im Februar 2001 wurde Klein in Frankfurt wegen dreifachen gemeinschaftlichen Mordes, Mordversuchs und Geiselnahme zu neun Jahren Haft verurteilt, ihm konnte aber nie nachgewiesen werden, dass er einen der OPEC-Morde selbst begangen hatte, wie dies Carlos behauptet hatte. Der Prozess erregte damals großes Aufsehen, weil auch der damalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) als Zeuge auftreten musste. Klein wurde 2009 begnadigt, nachdem er bereits 2003 auf Bewährung freikam.

Quelle: ntv.de, AFP

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