Sondersitzung zur NSA-Affäre Der Bundestag lacht Friedrich aus
18.11.2013, 18:28 Uhr
Innenminister Friedirch: "Die Verschwiegenheit unserer amerikanischen Partner führt leider zu Verschwörungstheorien."
(Foto: REUTERS)
"Angebliche" Abhöraktionen, "angebliche" Dokumente von Whistleblowern - Innenminister Friedrich banalisiert den NSA-Skandal. Davon sind SPD, Linke und Grüne überzeugt. In einer Sondersitzung des Bundestags entlädt sich ihre Wut und ihr Spott über den CSU-Politiker.
Erst raunen die Bundestagsabgeordneten von SPD, Linken und Grünen nur. Innenminister Hans-Peter Friedrich eröffnet die Sondersitzung des Parlaments zum NSA-Skandal mit einer Lobpreisung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. "Sie sind seit Bestehen der Republik eng", sagt er. "Deutsche und Amerikaner haben eine Wertegemeinschaft". Er erinnert an Freiheit und Demokratie. Wenig später löst Gelächter das Raunen der Parlamentarier ab. Friedrich spricht da von "angeblichen" Dokumenten des Whistleblowers Edward Snowden und "angeblichen" Abhöraktionen des Handys der Bundeskanzlerin.

Asyl für Snowden, das fordern nicht nur Demonstranten vorm Bundestag. Auch Linke und Grüne wollen den Whistleblower in Deutschland schützen.
(Foto: REUTERS)
Friedrich hält an seiner Argumentationslinie fest, der er seit den ersten Enthüllungen des Informanten folgt. Das Verhältnis zu den USA ist zu wichtig, um es wegen Gerüchten aufs Spiel zu setzen. So die Devise. Washington muss nur etwas offener kommunizeren, dann werden sich alle Vorwürfe schon zerstreuen. Wortwörtlich sagt der CSU-Politiker: "Die Verschwiegenheit unserer amerikanischen Partner führt leider zu Verschwörungstheorien." Und löst damit einen zweistündigen Schwall der Entrüstung und des Spotts aus. Einen gewaltigen Schwall. Seit der Bundestagswahl stellen SPD, Linke und Grüne, die frühere Opposition, die Mehrzahl der Abgeordneten.
Einige Abgeordnete können kaum das Ende der Rede des Innenministers abwarten. Die Grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt twittert: "Was #Friedrich hier sagt, ist eine Zumutung." Parteikollegin Sylvia Kotting-Uhl schreibt auf dem Kurznachrichtendienst: "Da lacht sogar die #SPD." Es ist nur ein milder Vorgeschmack auf die Debatte, die sich in den folgenden zwei Stunden noch entfalten soll.
"Unwürdig devot"
Besonders rabiat kommt die Kritik von Hans-Christian Ströbele daher. "Was können Sie darüber sagen, wie viele Millionen Deutsche abgehört worden sind", fragt der grüne Geheimdienstexperte Friedrich. "Waren es eine Millionen? Waren es 20 Millionen? Waren es 80 Millionen?" Er wirft dem Innenminster vor, in die USA gereist zu sein und keine konkreten Fragen gestellt zu haben. "Sie machen überhaupt nichts, sondern sind devot, wie das einem deutschen Innenminister nicht würdig ist." Die Behauptung, die Enthüllungen Snowdens seien nicht belegt, weist Ströbele schroff zurück. "Es gibt nicht ein einziges Dokument bei dem die NSA behauptet, dass es gefälscht sei."
Ähnlich klingt der Angriff von Gregor Gysi. Die Devise hätte Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung heißen müssen, sagt er. Dann richtet er sich direkt an Friedrich: "Sie haben das Gegenteil betrieben", sagt er. "Sie haben sich einlullen lassen. Sie müssen sich jetzt doch wenigstens mal entschuldigen."
Beide, Ströbele und Gysi, fordern Asyl für Edward Snowden, um ihn in Deutschland anzuhören und mehr über die Maßnahmen der Geheimdienste zu erfahren. Gysi fordert gar den Friedensnobelpreis für den Computerexperten.
Andere Redner werfen Friedrich "Unfähigkeit", Konsequenzen aus dem Skandal ziehen zu können, vor. Sie sprechen von einer "schwurbeligen" Rede des Innenministers.
In Schutz nehmen Friedrich nur die eigenen Leute
Aus den Reihen der neuen rot-rot-grünen Übermacht im Parlament zeigt sich allein die SPD ein wenig zahm. Die soll künftig schließlich auch mit Friedrich und seiner Union koalieren. Der als Außenminister gehandelte Frank-Walter Steinmeier sagt: Der Bundestag dürfe keinen der Versuche diesseits und jenseits des Atlantiks zulassen. "Man darf sich nicht mit unverbindlichen Absprachen abspeisen lassen." Es gelte, um eine Lösung zu kämpfen. "Vom Himmel fällt sowas nicht." Steinmeiers Parteikollege Lars Klingbeil fügt hinzu: "Ich hätte mir ein bisschen mehr Demut erwartet."
In Schutz nehmen den Innenminister nur die eigenen Leute. "Zu der Debatte gehört nicht nur die Aufgeregtheit, sondern gemeinsames Handeln und Vorschläge, wie man es besser machen kann", sagt der CDU-Politiker Michael Grosse-Brömer. Er wirft SPD, Linken und Grünen vor, bei Lösungsvorschlägen "blank" dagestanden zu haben. Der Applaus im Parlament ist mau. Er ist zumindest deutlich leiser als das Lachen über Friedrich.
Doch schon wenig später zeigt sich deutlich, dass die neue rot-rot-grüne Empörungsfront nicht mehr ist als eine Empörungsfront. Im Handeln steckt die SPD offenbar schon in der Großen Koalition. Als es darum geht, Bundestagsausschüsse einzusetzen, damit das neue Parlament auch während der laufenden Koalitionsverhandlungen mit seiner Arbeit beginnen kann, blocken Union und Sozialdemokraten geschlossen ab. Zu den geforderten Bundestagsgremien gehört auch das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste.
Quelle: ntv.de