Erdogan macht Druck Russland und Iran wollen diplomatische Lösung für Syrien
21.07.2022, 12:52 Uhr (aktualisiert)
Putin, Raisi und Erdogan. Bezüglich des russischen Angrifskriegs in der Ukraine gibt sich der Iran neutral.
(Foto: via REUTERS)
Syrien ist wieder weitgehend unter der Kontrolle Assads, der Rest unter der von türkischen Truppen, Rebellen oder Kurden. Letztere will der türkische Präsident Erdogan militärisch bekämpfen, und das mithilfe Russlands und des Irans. Deren Staatschefs zeigen sich bei einem Gipfeltreffen aber zurückhaltend.
Russland, der Iran und die Türkei wollen in Syrien enger zusammenarbeiten. In einer gemeinsamen Erklärung verpflichteten sich die Staatschefs der drei Länder in Teheran dazu, "Terroristen" in Syrien gemeinsam zu bekämpfen. Wladimir Putin, Ebrahim Raisi und Recep Tayyip Erdogan wiesen demnach "alle illegitimen Selbstbestimmungsinitiativen" von Gruppen in der Region zurück. Es gehe darum, sowohl die Souveränität und Integrität Syriens als auch die Sicherheit der Nachbarländer zu bewahren. Putin forderte mehr Einheit in der Syrien-Politik und warf dem Westen Einmischung vor. Dieser habe "Kurs auf eine Zerstückelung des Landes genommen", so der Präsident.
Das Gipfeltreffen der drei Präsidenten auf Einladung des Iraners Raisi stand im Rahmen des sogenannten Astana-Friedensprozesses, den die drei Länder 2017 aufgenommen hatten. Allerdings verfolgen Moskau, Teheran und Ankara teils stark unterschiedliche Interessen in Syrien. Während Russland und der Iran den syrischen Machthaber Baschar al-Assad unterstützen, steht die Türkei auf der Seite einiger Rebellengruppen.
Erdogan droht mit Militäraktion gegen Kurden
Erdogan untermauerte bei dem Treffen seine Drohung, eine neue Militäraktion gegen kurdische Gruppen in Syrien zu starten. "Wir werden unseren Kampf gegen die Terroristen in Kürze fortsetzen", sagte er. "Wir erwarten von Russland und Iran, dass sie uns im Kampf gegen den Terrorismus unterstützen". Er verwies auf ein Abkommen mit Russland und den USA aus 2019, wonach beide Länder dabei helfen sollten, kurdische Kämpfer aus dem syrisch-türkischen Grenzgebiet zu verdrängen. "Das ist immer noch nicht geschehen", sagte Erdogan. "Es ist längst überfällig." Von Iran ist in dieser Hinsicht wohl auch keine Hilfe zu erwarten, wie Raisi deutlich machte: Iran ist der Ansicht, dass die einzige Lösung für die syrische Krise eine politische ist und dass militärische Maßnahmen "nicht nur unwirksam sind, sondern die Situation verschlimmern werden", sagte er in seiner Abschlussrede.
Der türkische Präsident droht bereits seit Ende Mai damit, eine neue Offensive gegen kurdische Gruppen in der Region zu starten. Die Türkei hat dabei mehrere Orte im Visier, die unter der Kontrolle der syrisch-kurdischen Organisation YPG stehen. Diese wird von der Regierung in Ankara als Terrororganisationen eingestuft, wurde aber von den USA und der internationalen Koalition im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt.
Sowohl Moskau als auch Teheran hatten zuvor erkennen lassen, dass sie eine türkische Militäraktion nicht gutheißen würden. Dies könne die Lage in der Region verschlimmern, bekräftigte das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, der am Dienstag ebenfalls mit Erdogan zusammentraf. "Wir betrachten die Sicherheit in Syrien als unsere eigene Sicherheit und die Türkei sollte das auch tun", sagte Chamenei. Ob die trilaterale Gipfelerklärung eine Änderung der iranischen Haltung zu einer möglichen türkischen Offensive widerspiegelt, war zunächst nicht ersichtlich.
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 19. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, ino/AFP