Politik

Ermittlungen gegen Assange Frauen hatten Angst vor Ansteckung

Julian Assange am Dienstag vor einem Gericht in London.

Julian Assange am Dienstag vor einem Gericht in London.

(Foto: AP)

Bei den Vorwürfen gegen Wikileaks-Gründer Assange steht Aussage gegen Aussage. Damit ist fraglich, ob es je zu einer Verurteilung kommen wird. Eine der beiden Frauen, die Assange beschuldigen, schreibt in ihrem Blog: "Eine gute Rache knüpft an das an, was dir angetan wurde."

Die beiden mutmaßlichen Opfer des inhaftierten Wikileaks-Chefs Julian Assange wollten den 39-Jährigen ursprünglich nicht anzeigen. Der unter Vergewaltigungsverdacht stehende Australier sollte sich nach ihrem Willen nur auf Geschlechtskrankheiten untersuchen lassen, wie mehrere Vertraute Assanges sagten.

Nachdem mehrere Versuche der Kontaktaufnahme gescheitert waren, gingen die Frauen schließlich gemeinsam zur Polizei. Seit Dienstag sitzt Assange in England in Haft. Er hat die Vorwürfe stets bestritten.

Die mutmaßlichen Straftaten sollen sich im August zugetragen haben, als sich Assange in Schweden aufhielt. Ursprünglich wollte der frühere Hacker das Land als Basis für Wikileaks nutzen, weil es dort besonders strenge Gesetze zum Schutz der Pressefreiheit gibt. Bei einer der Frauen, die in Gerichtsakten als "Frau A" bezeichnet wird, handelt es sich offenbar um eine Sprecherin für eine Gruppe, die Assange in Schweden empfing. Vertrauten zufolge übernachtete Assange bei ihr zu Hause, woraus sich eine sexuelle Beziehung entwickelte.

Assange am 14. August bei einer Konferenz in Stockholm.

Assange am 14. August bei einer Konferenz in Stockholm.

(Foto: REUTERS)

Bei einer der Begegnungen wurde nach Aussage der Frau vor der Benutzung ein Kondom beschädigt. Nach einem Bericht der "Daily Mail" warf sie ihm vor, es absichtlich kaputt gemacht zu haben. Trotzdem gab es in den folgenden Tagen wenige oder gar keine Anzeichen für Spannungen zwischen den beiden, wie mehrere Personen sagten.

"Frau W"

Wenige Tage später lernte Assange eine weitere Frau kennen, die in Gerichtsakten als "Frau W" bezeichnet wird. Laut "Daily Mail" war sie von Assange bei einem Seminar so fasziniert, dass sie nach der Veranstaltung auf ihn wartete und von ihm und seinen Begleitern zum Essen eingeladen wurde. Einen Tag nach dem ersten Treffen übernachtete Assange demnach in der Wohnung von W - etwa 45 Minuten von Stockholm entfernt. W habe ihm den Fahrschein bezahlt, weil der 39-Jährige kein Bargeld bei sich gehabt habe und seine Kreditkarte aus Angst vor Verfolgern nicht habe benutzen wollen. An diesem Abend hatten die beiden nach Aussage von Vertrauten Assanges geschützten Verkehr.

Was am folgenden Morgen geschah, ist demnach nicht ganz geklärt. Assange und W sollen wieder Sex gehabt haben, diesmal ohne Kondom. Sie sollen freundschaftlich auseinandergegangen sein. W soll aber zunehmend besorgt gewesen sein, dass sie sich mit einer sexuell übertragbaren Krankheit angesteckt haben könnte. Versuche, Assange zu kontaktieren und ihn zu einer Untersuchung zu bewegen, scheiterten, weil er sein Telefon abgeschaltet hatte. Bei ihren Recherchen kam W schließlich in Kontakt mit A. Beide sollen sich einig gewesen sein, von Assange eine Untersuchung zu fordern.

Kliniken waren geschlossen

Wie eine Person sagte, die den Fall aufmerksam verfolgte, konnten sie Assange schließlich kontaktieren und ihn überzeugen. An diesem Freitagabend seien aber Praxen und Kliniken geschlossen gewesen. W sei offensichtlich über Assanges ausweichendes Verhalten verärgert gewesen und habe sich entschieden, zur Polizei zu gehen. Ursprünglich wollte sie aber keine Ermittlungen, wie die Person sagte.

Nach einem Bericht der Zeitung "Guardian" ging A als moralische Unterstützung mit zur Polizei, wollte aber auch keine Anzeige. Die Aussagen der Frauen wurden an eine diensthabende Staatsanwältin weitergereicht, die noch am selben Abend einen Haftbefehl wegen Vergewaltigung erwirkte. Am nächsten Morgen wurde diese Entscheidung von der Oberstaatsanwältin zurückgenommen. Sie entschied, das Verfahren unter dem Vorwurf der Belästigung weiterzuführen. In den folgenden Tagen deutete die Staatsanwaltschaft an, das Verfahren schnell abschließen zu wollen. Eine Einstellung schien wahrscheinlich.

"Eine gute Rache"

Anwalt Claes Borgström

Anwalt Claes Borgström

(Foto: dpa)

Bewegung kam in den Fall, als W und A den prominenten Anwalt und sozialdemokratischen Gleichstellungspolitiker Claes Borgström engagierten. Er setzte sich dafür ein, dass der Vorwurf der Vergewaltigung nicht fallengelassen wird. Eine der ranghöchsten Staatsanwältinnen Schwedens, Marianne Ny, geht ebenfalls von Vergewaltigung aus. In einem minderschweren Fall - wie er Assange vorgeworfen wird - drohen in Schweden bis zu vier Jahre Haft.

"Spiegel TV" wies kürzlich darauf hin, dass A ihrem Blog in einem Eintrag vom 19. Januar 2010 über "Sieben Schritte zur gerechten Rache" geschrieben habe. Unter Schritt 3 heiße es: "Eine gute Rache knüpft an das an, was dir angetan wurde. Wenn du dich zum Beispiel an jemandem rächen willst, der untreu war oder dich verlassen hat, so sollte die Strafe etwas mit Dating/Sex/Treue zu tun haben."

Noch gibt es keine Anklage gegen den Wikileaks-Chef. Die Behörden wollen seine Auslieferung erreichen, um ihn zu befragen. Ein Gesprächspartner Assanges, der im August Kontakt zu ihm hatte, sagte, der 39-Jährige habe damals von dem Wunsch der Behörden gewusst. Er reiste demnach aber aus Schweden aus, um genau den Medienrummel zu vermeiden, den es jetzt gibt.

Quelle: ntv.de, rts

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