Ricin, Kamelpocken und Blattern Hat Assad auch Biowaffen?
22.08.2012, 07:32 Uhr
Das Konterfei Lenins in einer ehemaligen sowjetischen Militäranlage.
(Foto: dpa)
Allmählich wächst die Sorge darüber, was Syriens Staatschef Assad in seinen Waffenbunkern versteckt hält. Denn neben Chemiewaffen sollen dort auch biologische Kampfstoffe aus sowjetischen Forschungen lagern. Zudem wird in Syrien darüber spekuliert, ob Assad zurücktreten und somit einen Machtwechseln in dem Land ermöglichen könnte.
Während in Syrien schon offen über eine Nach-Assad-Ära diskutiert wird, rätselt der Westen über das Waffenarsenal des Regimes von Baschar al-Assad. Denn neben Chemiewaffen soll das Land auch noch biologische Kampfstoffe besitzen, wie ein Experte in der Tageszeitung "Die Welt" schrieb. Zwar galten die syrischen Forschungen zu Biowaffen bisher als nicht praxistauglich, doch wurde diese Einschätzung jetzt von einem Experten relativiert. Und schon am Montag hatte US-Präsident Barack Obama die Führung in Damaskus vor dem Einsatz nicht nur chemischer, sondern auch biologischer Waffen gewarnt.
Derweil wird in Syrien über einen Machtwechsel spekuliert. Nach Angaben des syrischen Vizeregierungschefs Kadri Dschamil erwägt das Regime zumindest Verhandlungen darüber. Bei einem Besuch in Moskau sagte er über einen möglichen Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad: "Wir sind sogar bereit, dieses Thema zu diskutieren." Dschamil schränkte seine Aussage aber deutlich ein, als er hinzufügte: "Was seinen Rücktritt angeht: Diesen zu einer Bedingung für einen Dialog zu machen bedeutet, dass man niemals diesen Dialog erreichen wird."
Die syrische Opposition schließt einen Frieden unter der Herrschaft von Assad strikt aus. Zudem setzen vor allem die Nato-Mitglieder USA und Türkei darauf, Assad zu stürzen. Auch ihre Hoffnung auf Frieden in Syrien mit einem Präsidenten Assad ist verpufft. Und so wurde auch trotz des Gesprächsangebots Dschamils das Säbelrasseln zwischen Washington und Damaskus lauter.
Stoffe aus sowjetischer Forschung?
Nach den Informationen der "Welt" verfügt Assad nicht nur über ein umfassendes Chemie-Waffenarsenal, sondern auch über biologische Kampfstoffe. So schreibt der Waffenexperte Hans Rühle, das Regime in Damaskus arbeite an einsatzfähigen Erregern von Milzbrand, Pest, Tularemia (Hasenpest), Botulinum, Cholera, Ricin, Kamelpocken, Blattern und Aflatoxin. Einige Stoffe seien schon getestet worden, zum Teil stammten sie aus sowjetischen Forschungen, welche die Kampfstoffe schon bis zur industriellen Produktion und militärischen Einsetzbarkeit fortentwickelt hätten. Rühle, in den 80er-Jahren Leiter des Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium, stützt sich bei seinen Ausführungen auf Geheimdiensterkenntnisse und einschlägige Forschungen.
"Wir dürfen nicht in die Situation kommen, dass chemische oder biologische Waffen in die falschen Hände fallen", hatte Obama am Montag mit Blick auf die chaotischen Verhältnisse in Syrien gesagt. Die Regierung in Damaskus tat die Aussagen als Wahlkampfgeschwätz ab - und verwies auf die Atomwaffen, mit denen Israel die Region bedrohe.
Flüchtlinge in höchster Not
Für die US-Hilfsorganisation USAID hat sich die humanitäre Krise in Syrien gegenwärtig zu einer der schwierigsten Situationen überhaupt entwickelt, da fast 2,5 Millionen Menschen in Not sind. "Auf diesem Maßstab ist es eine der schwersten Krisen in unserer Welt heute", sagte USAID-Vertreter Mark Bartolini.
Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach sich für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge auch in Deutschland aus. Die Bundesregierung könne "noch viel mehr tun, um den Anrainerstaaten im Umgang mit dem gewaltigen Flüchtlingsproblem zu helfen", sagte Roth der "Süddeutschen Zeitung". "Es geht zunächst darum, diesen Staaten noch mehr medizinische und finanzielle Unterstützung anzubieten", sagte sie zur Frage, ob damit auch die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland gemeint sei. "Aber natürlich sollte man auch Flüchtlingen in Europa Schutz und Lebenschancen ermöglichen." Es reiche nicht, sagte Roth, "etwas Geld zu geben, ansonsten aber die Festung Europa wieder dichtzumachen".
Quelle: ntv.de, dpa