Das Schwere, das schwer zu machen ist Henkel und die Freien Wähler
20.12.2011, 15:37 UhrEx-BDI-Chef Henkel will mit den Freien Wählern enttäuschte FDP- und Unionswähler für eine mittelstandsfreundliche Politik gewinnen. Die Freien Wähler wollen den politischen Raum besetzen, der durch die fortdauernde Talfahrt der Liberalen frei wird.

Hans-Olaf Henkel - jetzt ein Freier Wähler.
(Foto: dpa)
Sie sind schon ein ungewöhnliches Gespann: Der Vorsitzende der Freien Wähler (FW) und der Wirtschaftsprofessor. Hubert Aiwanger ist um die 40, Hans-Olaf Henkel über 70, der eine aus dem niederbayerischen Ergoldsbach, der andere aus Hamburg. Schon die Dialekte, das Urbairische Aiwangers und sein Norddeutsch, machten die ganze Spannbreite des Projektes deutlich, meint Henkel, der einstige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Aiwanger, auf Bundesebene ein unbeschriebenes Blatt, will mit Hilfe des auf Bundesebene ganze Bände füllenden Henkel in den Deutschen Bundestag einziehen. Mit dem von der Kanzlerin verstoßenen Staats- und Steuerrechtler Paul Kirchhoff soll demnächst Kontakt aufgenommen werden. Das Medieninteresse ist groß: Die Stühle im Kleinen Saal der Bundespressekonferenz sind bis auf den letzten Platz besetzt, manche Kollegen stehen, andere sitzen auf dem Fußboden.
Aiwanger und Henkel eint die liberal-wertkonservative Grundhaltung, beide sind Marktwirtschaftler pur, und beide lehnen das Management der Bundesregierung in der Eurokrise ab. Es ist dann auch die aus Sicht Henkels fehlerhafte Europolitik der Koalition, welche den entscheidenden Ausschlag für sein parteipolitisches Engagement gibt. Die Hoffnung, die vom liberalen Eurorebellen Frank Schäffler initiierte Mitgliederbefragung in der FDP zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) könne das Steuer im Berliner Regierungsviertel herumreißen, ging nicht auf.
Gegen die Partei braucht es die Partei
Henkel wie Aiwanger verweisen darauf, dass die Freien Demokraten einst für ein "Europa der Vaterländer" standen; heute seien sie für einen "bürokratischen Zentralstaat". Der Ex-BDI-Chef nennt die gemeinsame Initiative mit den Freien Wählern eine "Investition in die Freiheit". Sie zielt darauf, liberale bis konservative Stimmen auf sich zu ziehen, ja sogar den Zugang sozialdemokratischer Wähler kann sich Henkel vorstellen. Eines seiner Ziele sei die "Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen des Mittelstandes". Er selbst habe in der Vergangenheit die FDP unterstützt, sei aber nie Mitglied geworden. Auch von anderen Parteien, selbst von der SPD, sei er gebeten worden, Mitglied zu werden. Um seine Unabhängigkeit zu bewahren, habe er stets abgelehnt.
Nun will der Spitzenmanager Mitglied der Freien Wählern werden, die als "parteilose Wählergemeinschaft" angetreten waren und sich nun als Partei konstituieren müssen. Auf das Paradoxon weist Henkel selbst hin: Nur eine Partei könne dafür sorgen, dass "die Macht der Parteien zugunsten der Macht der Bürger beschnitten wird". Frei nach Brecht: Das Schwere, das schwer zu machen ist.
Quelle: ntv.de