Karlsruhe sieht keinen "Vorrang" Homosexuelle dürfen adoptieren
25.08.2009, 15:11 UhrSchwule und Lesben dürfen auch weiterhin das leibliche Kind ihres Lebenspartners adoptieren. Das geht aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hervor.

Noch dürfen Homosexuelle nur fast richtig heiraten und nur fast richtig adoptieren.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Karlsruher Richter verwarfen eine Vorlage des Amtsgerichts Schweinfurt, das das Adoptionsverfahren angezweifelt und ausgesetzt hatte. Sie äußerten sich allerdings nicht abschließend zur Verfassungsmäßigkeit der vor mehr als vier Jahren beschlossenen gesetzlichen Stiefkind-Adoption. Diese stößt vor allem auf den Widerstand von CDU und CSU.
Im Ausgangsverfahren will eine Frau das heute dreijährige Kind ihrer Lebenspartnerin adoptieren. Das Jugendamt unterstützt die beabsichtigte Adoption, weil auch der leibliche Vater zugestimmt hatte. Dagegen hält das Amtsgericht die gesetzliche Regelung zur Stiefkindadoption für verfassungswidrig, weil es dem im Grundgesetz verankerten Elternrecht widerspreche. Der annehmende Lebenspartner werde dem leiblichen Elternteil des Kindes gleichgestellt. Das Amtsgericht legte die Frage zur verfassungsrechtlichen Prüfung vor.
Die Schweinfurter Richtervorlage wurde zum einen aus formalen und inhaltlichen Gründen verworfen. Allerdings verwies das Verfassungsgericht auch auf seine eigene Rechtsprechung. Nach dieser nehme die leibliche Elternschaft gegenüber der rechtlichen und sozial-familiären "keine Vorrangstellung" ein.
Stiefkind-Adoption erneut gestärkt
Durch den Beschluss wird die Stiefkind-Adoption erneut gestärkt. Vor wenigen Wochen erst hatte das Land Bayern überraschend seine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zurückgezogen.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßte die Karlsruher Entscheidung als "eine eindeutig positive Stellungnahme zu den Debatten um das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule". Nach Ansicht von Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, setzt der Karlsruher Beschluss ein klares Signal gegen jede Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Familien. Er forderte, eingetragenen Lebenspartnerschaften nun auch das gemeinschaftliche Adoptionsrecht zu ermöglichen. "Das wollen wir in der nächsten Wahlperiode durchsetzen", kündigte er an. Ein pauschaler Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare vom gemeinschaftlichen Adoptionsrecht sei diskriminierend.
Auch die Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, forderte die Union auf, ihren Widerstand gegen ein volles Adoptionsrecht von Lebenspartnern aufzugeben. "Das gemeinsame Adoptionsrecht ist Ausdruck der Lebensrealität in unserer Gesellschaft", sagte die rechtspolitische Sprecherin der Liberalen. "Der Wandel im Rechtsverständnis von Elternschaft zeigt sich daran, dass Kinder, die mit zwei Bezugspersonen aufwachsen, die dem gleichen Geschlecht angehören, in Deutschland heute keine Seltenheit mehr sind."
Quelle: ntv.de, dpa