Berater und Übersetzer Immer mehr Nebeneinkünftler
30.12.2004, 09:58 UhrIn der Diskussion über umstrittene Nebenverdienste von Parlamentariern haben weitere Bundestagsabgeordnete zusätzliche Gehälter eingestanden. Die FDP-Bildungsexpertin Ulrike Flach bestätigte einen "Spiegel-Bericht", sie habe während ihrer bisherigen Zeit im Bundestag seit 1998 vom Siemens-Konzern ein Gehalt als Übersetzerin erhalten.
Abgeordnete und Übersetzerin
Der Vertrag werde aber ab Anfang 2005 ruhen. Ihr daraus erzieltes jährliches Bruttoeinkommen bezifferte Flach auf 60.000 bis 62.000 Euro. Sie habe ihre Arbeit für Siemens zu Hause erledigt, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses.
Betriebsrat ohne besondere Aufgaben
Auch der niedersächsische SPD-Abgeordnete Hans-Jürgen Uhl hat Nebeneinkünfte eingestanden. "Ich beziehe ein monatliches Gehalt", sagte er dem "Spiegel". Dem Magazin zufolge ist er seit seinem Einzug in den Bundestag 2002 bei VW als bezahlter Betriebsrat tätig. Im Betriebsrat sei ihm kein spezieller Aufgabenbereich zugeordnet. Vor Uhl hatten bereits die beiden niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen eingeräumt, von VW Gehälter zu beziehen.
Glaubwürdig?
An der Darstellung des Wolfsburger Bürgermeisters Viereck gibt es nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung Zweifel. Der im Volkswagenkonzern bis Mitte 2004 für Sportförderung zuständige Manager Ekkehard Wesner widersprach Äußerungen Vierecks, er sei als Berater bei der Positionierung in der lokalen Sportförderung des Konzerns beschäftigt.
"Herr Viereck ist mir als sportpolitischer Berater von VW nicht bekannt", zitiert "Bild" den VW-Manager. "Herr Viereck hat immer nur als Repräsentant der Stadt und nicht als Angestellter von Volkswagen gehandelt." Viereck hatte dagegen in mehreren Interviews erklärt, er erhalte auch nach seiner Wahl in den Landtag 1994 Gehaltszahlungen von Volkswagen, weil er den Automobilkonzern sportpolitisch berate.
Rückzahlungen nicht ausgeschlossen
Viereck und seinem SPD-Landtags-Kollegen Wendhausen drohen Rückforderungen von mehr als 100.000 Euro. "Wir sind verpflichtet, verbotene Zuwendungen zurückzufordern" sagte Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Es bestehen Zweifel", so Gansäuer weiter, "ob die VW-Gehälter den tatsächlichen Tätigkeiten der Abgeordneten entsprechen."
Neben ihren Abgeordneten-Diäten in Höhe von 5.403 Euro erhalten die beiden Parlamentarier ein Gehalt in Höhe von monatlich 3.000 Euro von der Volkswagen AG in Wolfsburg. Wendhausen hatte laut "Focus" zwei Wochen vor Weihnachten in einem vertraulichen Gespräch gegenüber Gansäuer erklärt, dass er monatlich 3.000 Euro von VW erhalte. Gegenüber "Focus" sagte der SPD-Abgeordnete, dass er "zwei bis drei Mal in der Woche in Wolfsburg" sei. In der Forschungsabteilung des Autobauers teile er sich ein Büro mit anderen Mitarbeitern.
Mehr Transparenz bitte
Der innenpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, hat sich unterdessen für mehr Transparenz bei den Nebenjobs von Politikern ausgesprochen. "Es ist unerlässlich, berufliche Verbindungen offen zu legen. Die Interessenverquickung muss erkennbar sein", sagte Wiefelspütz der "Berliner Zeitung". Wiefelspütz sprach sich aber gegen eine Pflicht aus, die aus den Nebenjobs erzielten Einkünfte zu veröffentlichen.
"Vertrauliche Informationen sollten geschützt bleiben." Der SPD- Politiker warnte davor, mit zweierlei Maß zu messen. "Eine Sonderregelung für Abgeordnete darf es nicht geben", sagte Wiefelspütz. "Die Gehälter bleiben ja auch geheim."
Quelle: ntv.de