Politik

BMI von 18,5 ist Pflicht Israel verbannt Magermodels

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Auf den Bildern des Fotografen Adi Barkan sind keine abgemagerten Frauen zu sehen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Als erstes Land weltweit entscheidet sich Israel für einen gesetzlichen Schritt zur Bekämpfung von Magersucht. Als Model arbeiten dürfen nur noch solche Frauen, die eine halbwegs gesunde Figur haben. Die Regierung will so junge Frauen schützen, die sich die Models zum Vorbild nehmen. Es gibt auch Widerstand.

Israel geht gegen falsche Schönheitsideale vor, die von der Model- und Modebranche transportiert werden und bei vielen Teenagern zu Essstörungen führen. Ein neues Gesetz verbietet untergewichtigen Models die Arbeit. Auch Fotografen, Agenturen und Magazine werden in Verantwortung genommen. Israel ist damit das einzige Land weltweit, das mit einem solchen Gesetz gegen die makabren Wunschvorstellungen einer ganzen Industrie vorgeht.

In anderen Ländern wird es immer noch der Branche selbst überlassen, wie sie damit umgeht. So haben sich etwa in Frankreich, Italien, Spanien und auch Deutschland einzelne Verbände, Designer und Veranstalter von Modewochen Selbstverpflichtungen auferlegt und untergewichtige Models verbannt. Auch die Magazine "Vogue" und "Brigitte" haben zugesagt, auf Magermodels zu verzichten.

Viele Modeschauen in Paris, London und New York zeigen aber nach wie vor Models, deren Markenzeichen ausgemergelte Körper sind. "Das sind keine Frauen, sondern Marionetten", urteilt Adi Barkan, früher jahrelang Modefotograf überall auf der Welt und seit 1998 Inhaber einer Modelagentur in Tel Aviv. "Es gibt einen Unterschied zwischen dünn und zu dünn: Das ist der Unterschied zwischen Leben und Tod." Barkan weiß, wovon er spricht. 2007 starb Hila Elmalich, ein ehemals erfolgreiches, israelisches Model, in seinen Armen an den Folgen ihrer Magersucht.

Auch Arbeitgeber können bestraft werden

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Der Fotograph Adi Barkan setzt sich gegen den Mager-Wahn ein.

(Foto: dpa)

Vor rund drei Jahren hat Barkan deshalb mit der Unterstützung von Rachel Adatto und Danny Danon, zwei Abgeordneten der Knesset, eine Gesetzesinitiative gestartet. Demnach sollen Models mindestens den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Body-Mass-Index (BMI) 18,5 haben, andernfalls können Fotos von ihnen nicht zu kommerziellen Zwecken veröffentlicht werden. Ein Attest, das alle drei Monate vom Arzt erstellt wird, dient als Nachweis.

Arbeitgeber in der Modeindustrie wiederum sind verpflichtet, nur solche Models zu beschäftigen. Andernfalls droht ihnen eine empfindliche Geldstrafe. Werden Fotos manipuliert, muss darauf hingewiesen werden. Das alles gilt auch für Modefirmen aus dem Ausland.

Mit Beginn dieses Jahres ist das Gesetz in Kraft getreten. Es musste unanfechtbar formuliert werden, wie die Abgeordnete und Ärztin Adatto erläutert. "Es ging schlicht um freiheitliche, demokratische Grundrechte, die wir damit berühren." Das Gewicht sei eine persönliche Angelegenheit.

"Das Gesetz ist sinnlos"

In Israel sterben jährlich rund 35 Menschen an Anorexie (Magersucht), und laut Gesundheitsministerium werden jährlich bei etwa 1500 Kindern und Jugendlichen Essstörungen diagnostiziert. Mit 30 Prozent ist die Zahl der Teenager, die sich zu dick finden und Diäten machen, höher als im internationalen Vergleich.

Das Engagement gegen Magersucht stößt auch auf Kritik – von Kollegen und von bekannten Models in Israel wie Adi Neumann. Sie nannte das Gesetz sinnlos, weil man es umgehen könne: "Ich kann mich auf das gewünschte Gewicht bringen, indem ich vor dem Wiegen einfach Wasser trinke." Außerdem gebe es Frauen, die wie sie selbst von Natur aus sehr schlank seien und den BMI nicht erreichten. Besser wäre ein Attest, das den Gesundheitszustand wiederspiegle.

Adatto widerspricht: "Weniger als fünf Prozent aller Frauen sind von Natur aus so dünn." Und: "Wir wollen nicht nur die rund 300 in Israel arbeitenden Models schützen, sondern vor allem gegen die Magersucht und falschen Idealvorstellungen bei Jugendlichen vorgehen."

Quelle: ntv.de, Ulrike Schleicher, dpa

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