Gerichte geben vielen Klägern recht Jede dritte Hartz-IV-Sanktion scheitert
08.04.2016, 16:20 Uhr
Bundesweit beschäftigt die Arbeitsagentur 2327 Mitarbeiter, die speziell darauf achten, dass Harzt-IV-Bezieher keinen Leistungsmissbrauch betreiben.
(Foto: dpa)
Wenn das Amt vom Hartz-IV-Geld einen Teil einbehält, kann es finanziell eng werden. Langzeitarbeitslose haben dann die Möglichkeit Einspruch gegen die Kürzung einzulegen. In dem Fall sind die Chancen auf einen Erfolg sogar ausgesprochen gut.
Mehr als jeder dritte Hartz-IV-Empfänger, der gegen vom Jobcenter verhängte Sanktionen Widerspruch einlegt oder klagt, hat damit Erfolg. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Chefin Katja Kipping hervor, die öffentlich ist. Die "Rheinischen Post" berichtete als erstes darüber.
Im vergangenen Jahr wurden rund 18.600 Widersprüchen in rund 51.000 Fällen ganz oder teilweise stattgegeben. Bei den 5867 Fällen, die 2015 vor Gericht landeten, waren die Betroffenen in 2325 Fällen zumindest teilweise erfolgreich.
Nach dieser Antwort der Regierung forderte Katja Kipping ein Aus für die Sanktionen und Leistungsversagungen. Die Linken-Chefin sagte gegenüber RP: "Die hohe Anzahl der teilweise und gänzlich erfolgreichen Widersprüche von über 36 Prozent und erfolgreichen Klagen gegen Sanktionen von fast 40 Prozent zeigt, dass die Sanktionspraxis in hohem Maße rechtswidrig ist."
"Fördern und Fordern"
Die Möglichkeit für Sanktionen gibt es, seitdem es Harzt-IV gibt. Dahinter steht das Prinzip des "Förderns und Forderns". Das heißt, die Langzeitarbeitslosen erhalten Qualifizierungs- und Hilfsangebote, sie sind aber dazu verpflichtet, daran mitzuarbeiten wieder eine bezahlte Arbeitsstelle zu finden. Zeigen sich Hartz-IV-Empfänger nicht kooperativ, lassen zum Beispiel Termine verstreichen, treten angebotene Jobs oder Ausbildungen nicht an oder brechen sie ab, können die Jobcenter Sanktionen verhängen. In den vergangenen Jahren lag die Zahl der Sanktionen bei rund einer Million pro Jahr.
Zudem können die Behörden Langzeitarbeitslosen Leistungen versagen. Dies passiert, wenn die Arbeitssuchenden zum Beispiel ihre Bedürftigkeit nicht ausreichend nachweisen. Gegen solche Fälle gab es im vergangenen Jahr rund 14.000 Widersprüche und knapp 1200 Klagen. Bei den Widersprüchen waren knapp die Hälfte erfolgreich; bei den Klagen etwa ein Drittel.
Bundesweit beschäftigt die Arbeitsagentur 2327 Mitarbeiter, die speziell darauf achten, dass die sechs Millionen Harzt-IV-Bezieher keinen Leistungsmissbrauch betreiben.
Die Koalition wollte per Gesetz eine sogenannte Rechtsvereinfachung bei Hartz IV. Doch nach einem Bericht der "Welt" würde diese den Jobcentern keine Entlastung bringen. Denn die vorgesehene Verlängerung der Dauer von Leistungsbewilligungen von sechs auf zwölf Monaten werde in der Praxis schon längst angewandt. Von 2,45 Millionen Bewilligungsbescheiden seien zuletzt 1,14 Millionen bereits für ein ganzes Jahr ausgesprochen, teilte das Bundesarbeitsministerium auf eine Anfrage der Grünen-Arbeitsmarktpolitikerin Brigitte Pothmer mit.
Quelle: ntv.de, kpi/dpa