Gabriel will weniger Waffenexporte Keine Rücksicht auf Verluste
19.08.2014, 17:32 Uhr
Sigmar Gabriel will Waffenexporte reduzieren - und muss sich dafür Kritik anhören.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wenn der Wirtschaftsminister Waffenexporte ernsthaft beschränkt, stehen Arbeitsplätze und deutsche Verteidigungsinteressen auf dem Spiel, sagen seine Kritiker. Sigmar Gabriel sollte sich davon nicht beirren lassen.
Welcher Gewerkschafter will schon Arbeitsplätze gefährden? Welcher Politiker will schon die Unternehmen in seinem Wahlkreis schwächen? Wer hätte geglaubt, dass Sigmar Gabriels geplante Kehrtwende bei Rüstungsexporten ohne Widerstand gelingt?
Der Wirtschaftsminister legt Waffenverkäufe auf Eis und muss dafür heftige Kritik einstecken: Er vernichte Arbeitsplätze und setze deutsches Know-how aufs Spiel. Die Gewerkschaften bringen diese Sorge vor, aus CDU und CSU kommt Kritik und auch in der SPD gibt es Politiker, die sich um die Waffenschmieden sorgen. Viele Kritiker sind dabei in doppelter Funktion unterwegs: Lobbycontrol listet zehn Abgeordnete aus den Regierungsparteien auf, die gleichzeitig Mitglieder in rüstungspolitischen Organisationen sind.
Sigmar Gabriel sollte sich nicht beirren lassen. Denn die Sorgen sind übertrieben. Die Rüstungsindustrie macht nur einen kleinen Teil des deutschen Arbeitsmarktes aus. Eine heruntergefahrene Produktion würde die Konjunktur aushalten. Zudem befinden sich viele der betroffenen Firmen an den Hochtechnologie-Standorten im Süden des Landes, wo andere Unternehmen auch in den kommenden Jahren nach qualifizierten Arbeitskräften suchen werden.
Mit der Abhängigkeit abgefunden
Neben dem Verlust an Arbeitsplätzen wird der Verlust an Wissen angeführt. Deutschland verliere langfristig die Fähigkeit, die Bundeswehr mit selbst produzierten Waffen auszurüsten. Auch das ist ein schwaches Argument. Denn erstens entwickeln die Unternehmen ihre Systeme selten für den Export. Vielmehr verkaufen sie Waffen, die im Auftrag der Bundeswehr konstruiert wurden. Diese Entwicklungsaufträge können sich auch ohne anschließendes Exportgeschäft lohnen. Und zweitens geht der Trend ohnehin zu gemeinsamen Projekten mit EU-Partnern. Mit der gegenseitigen Abhängigkeit hat sich die Bundesregierung also längst abgefunden.
Und selbst, wenn man die Argumente der Rüstungsfreunde gelten lassen möchte - im Vergleich mit Menschenleben fallen sie nicht ins Gewicht. Deutschland liefert Waffen an Staaten wie Saudi-Arabien, die ihre Völker unterdrücken und an Russland, das Separatisten in der Ukraine unterstützt. In Libyen kämpften sowohl Regierungstruppen wie auch Rebellen mit deutschen Gewehren. Das alles muss beendet werden.
Sigmar Gabriel hat also grundsätzlich Recht. Die Debatte zeigt aber gleichzeitig, dass die Richtlinien noch zu unklar sind. Zwar beruft sich Gabriel auf die im Jahr 2000 erlassenen Grundsätze, doch tatsächlich stapeln sich in seinem Ministerium die unbearbeiteten Anträge. Gabriel muss seine Linie noch finden - auch gegen den Widerstand der Rüstungslobbyisten in den eigenen Reihen.
Quelle: ntv.de