Politik

Deutscher Völkermord in Namibia Klage hängt im US-Außenministerium fest

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Vertreter der Herero und Nama stehen vor dem US District Court. Deutsche sind bei der Anhörung offiziell nicht dabei.

(Foto: picture alliance / Johannes Schm)

Vor mehr als 100 Jahren töteten deutsche Kolonialherrscher Zehntausende Menschen im heutigen Namibia. Die Massaker erkennt die Bundesregierung seit 2015 als Völkermord an, nicht aber eine Klage der betroffenen Volksgruppen.

Ein möglicher Prozess zweier afrikanischer Volksgruppen gegen die Bundesregierung wegen des Völkermordes im heutigen Namibia ist weiter nicht in Sicht. US-Anwalt Kenneth McCallion, der die Stämme Herero und Nama in dem Fall vertritt, bat das Bundesgericht in New York um weitere drei Monate Zeit. Hintergrund ist, dass deren Klage bisher nicht förmlich der Bundesregierung zugestellt werden konnte.

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Anwalt Kenneth McCallion bedauert, dass Deutschland noch keinen Vertreter für das Verfahren bestimmt hat.

(Foto: picture alliance / Johannes Schm)

Das frühere Deutsch-Südwestafrika stand mehr als 30 Jahre unter deutscher Kolonialherrschaft. Deutsche Soldaten schlugen jeglichen Widerstand der Einheimischen brutal nieder - bis hin zum Völkermord an den Stämmen der Herero und Nama. Die Kolonialherrschaft endete im Ersten Weltkrieg 1915. Namibia ist seit 1990 unabhängig.

"Die Getriebe der Regierung scheinen sich etwas langsamer zu drehen als wir gehofft hatten", sagte McCallion bei der Anhörung. Berlins Justizsenator Dirk Behrendt hatte die Klage im Juli mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie den völkerrechtlichen Grundsatz der staatlichen Immunität verletze. McCallion sprach von "Ironie", dass Deutschland zu dem Fall zwar Stellung bezogen, offiziell aber immer noch keinen Vertreter für das Verfahren bestimmt habe.

Vertreter aus Deutschland offiziell nicht anwesend

Rund 50 Vertreter der Herero und Nama aus Namibia sowie aus Botsuana, Südafrika und dem Süden und Westen der USA waren in New York anwesend. McCallion zufolge reisten auch Vertreter der Regierung Namibias an. Vertreter der Bundesregierung waren offiziell nicht anwesend. Im Saal waren allerdings mehrere teils deutschsprachige Beobachter anwesend, die ihren Namen und ihre Funktion den Reportern nicht nennen wollten.

Seit Jahren treibt die Aufarbeitung der dunklen Kolonialgeschichte die Bundesregierung um. Vertreter der deutschen und namibischen Regierungen verhandeln derzeit, wie mit dem Genozid umzugehen ist. Eine deutsche Entschuldigung werde es geben, hieß es zu Beginn der Verhandlungen, sowie "materielle, zukunftsgerichtete Maßnahmen der deutschen Seite". Doch die Gespräche scheinen zäh zu sein. Über den Verlauf der Verhandlungen gibt das Auswärtige Amt wenig preis. Nach der inzwischen sechsten Verhandlungsrunde im September hieß es lediglich, die Gespräche "verlaufen im gegenseitigen Vertrauen und konstruktiv".

Deutschland will vermeiden, direkte Wiedergutmachungszahlungen zu leisten - wohl auch aus Angst, die Büchse der Pandora zu öffnen. Stattdessen ist die Finanzierung von Entwicklungsprojekten im Gespräch.Die nächste Gerichtsanhörung in New York soll am 25. Januar 2018 stattfinden. Bis dahin hofft McCallion, die Klage via Washington auf diplomatischen Kanälen in Berlin zugestellt zu haben. Das US-Außenministerium hatte vor zwei Wochen erklärt, dass dieser Antrag noch in Bearbeitung sei.

Quelle: ntv.de, uzh/dpa

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