Mordanschlag in Brüsseler Moschee Mann will Schiiten Angst machen
13.03.2012, 20:54 Uhr
Der Innenraum der Mosche brannte völlig aus - so auch diese Sandale.
(Foto: REUTERS)
Der Konflikt in Syrien zeigt auch Auswirkungen in Europa. Der Mann, der mit einem Brandanschlag in Brüssel einen Imam tötete, gibt an, er wolle Schiiten damit Angst machen. Er macht sie für die Unruhen in Syrien verantwortlich. Belgien zeigt sich geschockt von dem Anschlag.
Nach einem Brandanschlag auf die größte schiitische Moschee in Brüssel hat der muslimische Täter behauptet, er habe der Minderheit der Schiiten in Syrien damit Angst machen wollen. Er gebe den Schiiten die Verantwortung für die Lage in Syrien, teilte die Staatsanwaltschaft in Brüssel nach Verhören des Täters mit. Bei dem Brandanschlag war am Montagabend ein 46 Jahre alter Imam der wichtigsten schiitischen Moschee Brüssels getötet worden. Zwei weitere Männer wurden verletzt.
Syriens Präsident Baschar al Assad, der seit Monaten die Opposition blutig unterdrücken lässt, gehört zur Glaubensgemeinschaft der Alawiten. Diese gilt vielen Syrern als eng verwandt mit der Minderheit der Schiiten. Zudem hat Assad beste Beziehungen zum schiitischen "Gottesstaat" Iran. Die große Mehrheit der Syrer sind Sunniten. Zuvor hatte bereits Belgiens Innenministerin Joëlle Milquet den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten als mögliches Tatmotiv genannt.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft drang der Mann mit Beil und Messer bewaffnet in die Rida-Moschee im Stadtteil Anderlecht ein. Dort habe er an mehreren Stellen Benzin verschüttet und Feuer gelegt. Das Feuer zerstörte die Moschee innen völlig. Die Wände waren verrußt, Scherben und herausgebrochene Mauerstücke lagen auf dem Boden. Zwei Polizisten bewachten den Eingang.
Illegal in Belgien gelebt
Die Identität des Täters war zunächst noch unklar. Nach Angaben der Ermittler handelt es sich um einen etwa 30 Jahre alten Mann, der sich selbst als Marokkaner bezeichnete. Er gab an, illegal in Belgien gelebt zu haben und legte drei verschiedene Ausweise vor.
Der Mann sehe nun einer Anklage wegen Brandstiftung mit Todesfolge entgegen, hieß es weiter. Erschwerend komme hinzu, dass die Tat aus religiösen Motiven erfolgt sei. Auch eine Anklage wegen terroristischer Gewalttaten sei später nicht ausgeschlossen. Ministerin Milquet sagte laut Rundfunksender RTBF, sie nehme an, dass der Verdächtige einen radikal-islamischen Hintergrund habe. Vertreter der Schiiten vermuteten, dass der Täter der ultrakonservativen sunnitischen Salafisten-Bewegung angehört.
Angehörige der schiitischen Glaubensgemeinde stimmten ein Klagelied für den toten Imam an, dabei kämpften viele mit den Tränen. Sie konnten sich nicht erklären, warum der Anschlag verübt wurde. "Bisher gab es hier keine Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten", sagte Boutinzine Layachi, Mitglied des muslimischen Kulturvereins, zu dem die Moschee gehört.
Der 46-jährige Imam Abdallah Dadou hatte laut Augenzeugen vergeblich versucht zu fliehen. Bevor er den Ausgang erreichte, sei er im Rauch erstickt. Den Angaben der Behörde zufolge überwältigten Gläubige den Täter, als er zu fliehen versuchte, und sperrten ihn in der Moschee ein. Dort wurde er von der Polizei festgenommen.
Auseinandersetzungen zwischen Muslimen
"Ich verurteile die Gewalt, die bei diesem Verbrechen angewendet wurde", sagte der belgische Regierungschef Elio Di Rupo laut Belga. Zunächst müsse klar sein, was wirklich passiert sei. Die Organisation der Muslime in Belgien forderte "zur Ruhe und zur Zurückhaltung" auf. Die unterschiedlichen islamischen Glaubensrichtungen in ganz Belgien müssten zum Dialog und zum Zusammenleben bereit sein: "Nichts kann diese Gewalt rechtfertigen, wer auch immer die Täter sind", heißt es in einer Erklärung. Auch Vertreter der Schiiten riefen ihre Glaubensgenossen auf, alle Gewalt zu vermeiden.
Nach dem Brandanschlag kam es in den Straßen von Anderlecht jedoch zu einer Reihe von Auseinandersetzungen zwischen Muslimen. Am Sonntag ist in Brüssel ein Marsch geplant, um friedlich an den ums Leben gekommenen Imam zu erinnern. Der Vorbeter hinterlässt nach Angaben aus der Gemeinde vier Kinder im Alter zwischen fünf und 17 Jahren.
Die Rida-Moschee hatte 1997 aufgrund von Drohungen von Salafisten schon einmal unter Polizeischutz gestellt werden müssen. Bereits 1989 war ein Imam Opfer eines Mordanschlags in der belgischen Hauptstadt geworden. Damals erschoss ein Unbekannter den Leiter einer anderen Moschee und dessen Stellvertreter. Den belgischen Ermittlern gelang es nicht, die Tat aufzuklären. Eine pro-iranische libanesische Gruppierung bekannte sich damals zu dem Mord.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP