Kritik an Baden-Württemberg Meldeplattform für Steuersünder geht online
01.09.2021, 11:51 Uhr
Danyal Bayaz, der Finanzminister Baden-Württembergs, will mit der Meldeplattform effizienter gegen Steuerhinterzieher vorgehen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Reinigungskraft schwarz bezahlt oder Autoreparatur unter der Hand abgewickelt: In Baden-Württemberg rückt das Finanzministerium Steuerbetrügern mit einem neuen Tool zu Leibe. Jeder, der bei einem anderen Steuerbetrug wittert, kann beim "Anonymen Hinweisgebersystem" mitmachen.
Bei der Jagd nach Steuerbetrügern setzt die Steuerverwaltung in Baden-Württemberg nun auch auf Online-Hinweise aus der Bevölkerung. Eine entsprechende Meldeplattform solle Hinweisgebern "einen sicheren und anonymen Kommunikationsweg" bieten, um Verstöße anzuzeigen, teilte das Finanzministerium in Stuttgart mit. Es handle sich um das erste Portal dieser Art in Deutschland.
"So können wir Steuerbetrug besser verfolgen und für mehr Steuergerechtigkeit sorgen", sagte Landes-Finanzminister Danyal Bayaz. "Außerdem treiben wir die Digitalisierung voran und ermöglichen eine einfache Kommunikation zwischen Steuerverwaltung und Bürgerinnen und Bürgern", so der Grünen-Politiker weiter. Anonyme Anzeigen habe die Steuerverwaltung bisher telefonisch, schriftlich oder persönlich entgegengenommen. Nach Angaben des Finanzministeriums fehlten dabei oft wesentliche Informationen, Rückfragen seien wegen der Anonymität aber oft nicht möglich gewesen. Mit der neuen Plattform soll sich das nun ändern - "digital, sicher und trotzdem anonym".
Weniger anonyme Kritik kommt dagegen aus den Reihen der FDP und CDU/CSU. Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann äußerte sich in der "Bild"-Zeitung: "Es wäre verheerend, wenn ein grüner Finanzminister so etwas bundesweit umsetzen würde." Seiner Meinung nach "säe es noch mehr Misstrauen". Der Landesvorsitzende der FDP in Baden-Württemberg, Michael Theurer, zog im Gespräch mit dem Blatt einen Vergleich zum wohl dunkelsten Kapital deutscher Geschichte und sprach von "Blockwart-Mentalität". CSU-Generalsekretär Markus Blume twitterte, die Grünen wollten "Denunziantentum fördern und Misstrauen unter Nachbarn säen. Auf was muss man sich noch einstellen, wenn die Grünen an die Regierung kommen?"
"Einfacher Hinweis genügt ausdrücklich nicht"
Bayaz wies die Kritik aus Union und FDP am frühen Nachmittag zurück. "Steuerhinterziehung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die ehrlich ihre Steuern zahlen. Sie kostet uns in Deutschland geschätzte 50 Milliarden Euro im Jahr", sagte der Grünen-Politiker. Das neue anonyme Hinweisportal sei ein "ergänzendes Instrument im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit". Schon bisher seien anonyme Anzeigen möglich, per Brief oder Telefon, das sei in anderen Bundesländern nicht anders. "Im Jahr 2021 sollte das aber auch online gehen, deshalb das Onlinesystem."
Bayaz erklärte zur Funktionsweise des Portals: "Anzeigen müssen selbstverständlich gut begründet sein, sonst werden sie von der Steuerfahndung erst gar nicht bearbeitet. Ein einfacher Hinweis genügt ausdrücklich nicht." Der Grüne versicherte: "Niemand muss befürchten, dass künftig die Steuerfahndung vor der Tür steht, nur weil der Nachbar ihn angeschwärzt hat. Es geht außerdem um relevante Fälle von Steuerbetrug."
Quelle: ntv.de, tst/dpa