"Verrückt" und "unangebracht" Niederlande weisen Türkei zurecht
11.03.2017, 18:48 Uhr
Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande.
(Foto: picture alliance / Julien Warnan)
Nachdem der türkische Außenminister keine Landeerlaubnis in den Niederlanden bekommt, ist die Türkei erzürnt. "Das sind Faschisten", sagt Präsident Erdogan unter anderem. Diese Äußerung lässt die niederländische Regierung wiederum nicht auf sich sitzen.
Ein Landeverbot für den türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu in den Niederlanden hat zu heftigem Streit zwischen Ankara und Den Haag geführt. Die Entscheidung der niederländischen Regierung erfolgte mit Hinweis auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit und kurz nachdem Cavusoglu den Niederlanden für den Fall einer Behinderung seines geplanten Wahlkampfauftritts mit wirtschaftlichen und politischen Sanktionen gedroht hatte.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan reagierte aufgebracht. "Sie sind so befangen, so ängstlich", sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. "Das sind Nachfahren der Nazis, das sind Faschisten." Er drohte, niederländische Regierungsvertreter künftig nicht mehr ins Land zu lassen. "Dann lasst uns mal sehen, wie eure Flugzeuge in Zukunft in die Türkei kommen."
Die Niederlande seien nicht bereit, sich türkischen Drohungen zu beugen, sagte Ministerpräsident Mark Rutte nach Angaben des Senders NOS. Der Entzug der Landerlaubnis sei der Regierung nicht leicht gefallen. "Es geht um einen Nato-Bündnispartner, doch unter Drohungen und Erpressungen können wir natürlich keine Gespräche führen." Die Nazi-Vorwürfe Erdogans gegen seine Regierung wies er als "verrückt" und "unangebracht" zurück. Er verstehe zwar, dass die türkische Regierung über das Einreiseverbot für ihren Außenminister erzürnt sei. Dennoch seien Erdogans Äußerungen "unangebracht".
"Suche nach einer vernünftigen Lösung war unmöglich"
Den Haag hatte die Veranstaltung mit Cavusoglu ursprünglich zulassen wollen. Am Samstag verwies die Regierung zur Begründung für die Verweigerung der Landeerlaubnis unter anderem darauf, dass ein Aufruf an Türken in den Niederlanden zur massenhaften Teilnahme an dem Auftritt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet habe. Noch während man mit der Türkei im Gespräch gewesen sei, habe Ankara den Niederlanden öffentlich mit Sanktionen gedroht. "Das hat die Suche nach einer vernünftigen Lösung unmöglich gemacht", heißt es in einer Regierungsmitteilung. Cavusoglu sagte dazu, die Entscheidung sei in jeder Hinsicht skandalös und nicht akzeptabel.
Der Rechtspopulist Geert Wilders, der bei der Parlamentswahl in den Niederlanden am Mittwoch laut Umfragen gute Chancen hat, begrüßte die Entscheidung der Regierung. Mit Hinweis auf den Nazi-Vorwurf aus Ankara fügte er hinzu: "Ich sage allen Türken in den Niederlanden, die mit Erdogan übereinstimmen: Geht in die Türkei und kommt nie mehr wieder!"
Der türkische Außenminister Cavusoglu konterte am Abend in Istanbul, er sehe keinen Unterschied zwischen Wilders und der Regierung in Den Haag: "Dieselbe Mentalität, dieselbe Denkart, derselbe Faschismus." Überlebende des Holocaust im Internationalen Auschwitz Komitee wiesen am Samstag "mit zunehmender Empörung und Fassungslosigkeit die absurden Nazi-Vergleiche durch türkische Politiker" als Diskriminierungs- und Einschüchterungsversuche gegenüber europäischen Demokratien zurück.
Türkische Minister hatten zuletzt in Deutschland mehrfach für die Verfassungsreform von Präsident Erdogan werben wollen, die ihm mehr Macht verleihen würde und über die im April auch in Deutschland lebende Türken abstimmen können. Deutsche Kommunen hatten den Ministern aber Auftrittsorte verweigert. Ankara sprach daraufhin von Nazi-Methodik. Die Beziehungen beider Länder sind dadurch erheblich belastet.
Quelle: ntv.de, kpi/AFP/dpa