Weltkulturerbe bedroht Palmyra ist in den Händen des IS
20.05.2015, 21:58 Uhr
(Foto: AP)
Unzählige Menschen sterben bei den heftigen Kämpfen um die syrische Stadt Palmyra. Nun hat der Islamische Staat die Oberhand zurückgewonnen. Der Ort wird bereits evakuiert. Experten befürchten die Zerstörung einmaliger antiker Stätten.
Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) haben nach Angaben von Aktivisten die syrische Stadt Palmyra im Westen des Landes fast vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, zogen sich die syrischen Regierungstruppen weitgehend aus der Stadt zurück.
Allerdings hielten sich demnach noch viele Soldaten bei einem Gefängnis im Osten sowie beim Sitz des Militärgeheimdiensts im Westen der Stadt auf. Noch im Tagesverlauf hatte es geheißen, dass der IS nur einen Teil der Stadt kontrolliere.
Unesco bangt um Weltkulturerbe
Ein ehemaliger General der syrischen Armee mit Kontakten zu den Streitkräften hatte zuvor gesagt, das Assad-Regime wolle weitere Kämpfer nach Palmyra schicken, um die demoralisierten Truppen zu verstärken. Die Regierungskämpfer hätten Probleme, ihre Stellungen in der Stadt zu halten. Mit einer möglichen Eroberung Palmyras wäre für die IS-Kämpfer auch der Weg in die größtenteils vom Regime gehaltene Stadt Homs frei.
Es gibt die Befürchtung, dass die IS-Kämpfer die antiken Stätten in Palmyra zerstören. Die Zeugnisse der jahrtausendealten griechisch-römischen und persischen Baukunst zählen zum Unesco-Weltkulturerbe. In anderen antiken Stätten wie Nimrud und Hatra im Irak hatten IS-Kämpfer bereits verheerende Verwüstungen angerichtet.
Die Unesco forderte einen sofortigen Stopp der Kämpfe. Die internationale Gemeinschaft müsse alles tun, um die Einwohner und das einzigartige kulturelle Erbe Palmyras zu schützen, erklärte die Kulturorganisation der Vereinten Nationen.
"Ein unersetzlicher Verlust"
"Die Lage ist sehr schlimm", sagte der Leiter der syrischen Altertümerverwaltung, Mamun Abdelkarim. Hunderte Statuen des örtlichen Museums wurden bereits aus der Stadt geschafft, andere Exponate wie antike Gräber können hingegen nicht abtransportiert werden. Falls Palmyra vom IS zerstört werden sollte, wäre dies "ein unersetzlicher Verlust für die Menschheitsgeschichte" und auch für das syrische Volk, sagte der Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin, Markus Hilgert.
Nach Berichten der Beobachtungsstelle starben bei den anhaltenden und erbitterten Gefechten um Palmyra zahlreiche Kämpfer auf beiden Seiten. Die syrische Luftwaffe fliege Angriffe auf IS-Stellungen.
Die Erkenntnisse der Syrischen Beobachtungsstelle stammen aus einem Informantennetzwerk in Syrien, sie können von unabhängiger Seite kaum überprüft werden. Ein Vertreter der syrischen Sicherheitskräfte hatte zuvor den Vormarsch der Dschihadisten bestätigt.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/rts