Politik

Einsatz im Mittelmeer Retter arbeiten im Schutz der Bundesflagge

Die "Professor Albrecht Penck" auf dem Weg nach Algeciras.

Die "Professor Albrecht Penck" auf dem Weg nach Algeciras.

Am Sonntag startet das erste private Rettungsschiff unter deutscher Flagge zu seiner ersten Mission im Mittelmeer. Von der Bundesflagge am Heck des Schiffes erhoffen die Seenotretter sich Schutz vor italienischer und maltesischer Behördenwillkür.

An diesem Wochenende beginnt der erste Einsatz eines privaten Rettungsschiffs im Mittelmeer unter deutscher Flagge. In der Nacht zum Freitag kam die "Professor Albrecht Penck" im südspanischen Hafen Algeciras an. Die neue Crew ist derzeit auf dem Weg dorthin. Zu seiner ersten Rettungsmission soll das Schiff am Sonntag auslaufen. Drei Wochen soll der Einsatz dauern.

Das mehr als 70 Jahre alte Forschungsschiff gehört dem Regensburger Verein Sea-Eye, der bereits die umgerüsteten Fischkutter "Sea-Eye" und "Seefuchs" ins Mittelmeer geschickt hatte. Seit Juli waren die Schiffe des Vereins nicht mehr im Einsatz. Wegen eines Streits um die niederländische Flagge der "Seefuchs" war das Schiff von den Behörden in Malta festgehalten worden.

Dem Verein Sea-Eye geht es natürlich darum, Menschen aus Seenot zu retten. Darüber hinaus soll die Crew dokumentieren, was im Mittelmeer passiert. "Im Moment wird vor dieses Seegebiet ein Vorhang gezogen", sagt Gorden Isler, der Pressesprecher von Sea-Eye. "Es gibt immer nur vereinzelt Meldungen - wie vor ein paar Wochen, als 149 Flüchtlinge es mit einem Schlauchboot nach Malta geschafft haben." Eigentlich sei es so gut wie unmöglich, die Überfahrt von Libyen nach Malta in einem solchen Boot zu schaffen. "Wenn es doch gelingt, dann fragen wir uns immer: Mein Gott, was passiert eigentlich gerade in diesem Seegebiet, in dem niemand da ist, um Menschen zu retten und die Katastrophen zu dokumentieren?"

Derzeit sind drei private Seenotrettungsschiffe im Mittelmeer im Einsatz: die "Sea-Watch 3" des gleichnamigen Vereins aus Deutschland, die "Mare Jonio" der italienischen Organisation Mediterranea und die "Open Arms" der spanischen NGO Proactiva Open Arms. "Deren Einsätze mussten zuletzt allerdings wetterbedingt abgebrochen werden", so Isler.

"Dann rufen wir in Bremen an"

Sea-Eye war nicht die einzige Organisation, die mit fragwürdigen Mitteln am Rettungseinsatz im Mittelmeer gehindert wurde. "Ich kann mir natürlich vorstellen, dass unsere neue Mission bei den Regierungen Italiens und Maltas nicht für Begeisterung sorgt", sagt Isler auf die Frage, ob sein Verein befürchte, wieder blockiert zu werden. "Aber ich gehe davon aus, dass die Bundesflagge die Situation für uns ändert." Der Vorwurf, die "Professor Albrecht Penck" sei nicht korrekt beflaggt, könne nicht erhoben werden, auch sonst genüge das Schiff allen Anforderungen. Dafür hätten schon die deutschen Behörden gesorgt, das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sowie die Dienststelle Schiffsicherheit. "Wir hatten die zuständigen Stellen an Bord, sie haben alles überprüft und abgesegnet."

Das Verhalten der Behörden in Deutschland beschreibt Isler als "sehr kooperativ". Es habe nicht einmal ansatzweise den Versuch gegeben, die Ausfahrt des Schiffes zu verhindern, im Gegenteil: "Wir haben gut mit den deutschen Behörden zusammengearbeitet und tun das immer noch."

Unverändert bleibt das Problem, wohin die Seenotretter gerettete Migranten bringen sollen. "An der rechtlichen Situation hat sich nichts geändert", sagt Isler dazu. "Anzulaufen ist der nächste sichere Ort - das ist in der Regel Italien oder Malta." Und wenn sich die Behörden dieser Länder weigern, Migranten aufzunehmen? Unwahrscheinlich ist das nicht, beide Länder haben schon Schiffe abgewiesen. "Da wir unter der Bundesflagge fahren, ist die Seenotleitung Bremen für uns zuständig. Dann rufen wir dort an." Es wäre eine Premiere: Erstmals müsste die Bundesregierung in einen solchen Konflikt eingreifen.

Rechtlich sei die Situation klar, sagt Isler: "Immer wenn Italien oder Malta sich weigern, Rettungsschiffe mit Flüchtlingen aufzunehmen, verstoßen sie gegen internationales Recht." Zurück nach Libyen, wie manche Politiker dies gelegentlich fordern, darf Sea-Eye Migranten gar nicht bringen. "Auch Schiffe der italienischen Marine haben noch nie Flüchtlinge zurück nach Afrika gebracht, eben weil dies ein Verstoß gegen das Völkerrecht wäre. Deshalb ist es absurd, das von Zivilisten zu verlangen."

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration sind 2018 bereits mehr als 2160 Migranten bei der Fahrt über das Mittelmeer ums Leben gekommen. Auf der laut UN tödlichsten Route zwischen dem Bürgerkriegsland Libyen und Italien ist die Überfahrt dieses Jahr noch gefährlicher geworden. Zwischen Januar und Juli kam nach UN-Angaben jeder 18. Migrant ums Leben, im September war es bereits jeder achte. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erklärt die hohe Todesrate mit der geringen Präsenz von zivilen Rettungsschiffen vor Libyen.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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