Plant die EU ein Riesenlager? Serbien soll 400.000 Flüchtlinge aufnehmen
11.08.2015, 00:56 Uhr
Flüchtlinge warten am Bahnsteig des Bahnhofs im mazedonischen Gevgelia.
(Foto: REUTERS)
Die Staaten Südosteuropas geraten angesichts des Flüchtlingsstroms zunehmend in Bedrängnis. In Serbien plant die EU nun nach Auskunft eines serbischen Spitzenpolitikers die Errichtung eines gigantischen Flüchtlingszentrums.
Die Europäische Union denkt angeblich über eine zentrale Aufnahmeeinrichtung für 400.000 Flüchtlinge in Serbien nach. Ein möglicher Standort sei Südserbien, sagte der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Verteidigung und Sicherheit, Momir Stojanovic, der Zeitung "Blic". Das riesige Lager soll demnach Flüchtlinge aufnehmen, die an der EU-Außengrenze aufgegriffen werden.
Die Maßnahme könnte die besonders schwer von der Flüchtlingskrise getroffenen Staaten wie etwa Griechenland entlasten. Dort ist die Situation schon jetzt extrem angespannt. Unterdessen kamen auf den griechischen Ägäisinseln erneut Hunderte Flüchtlinge an.
Die Angaben Stojanovics klingen plausibel: In Südserbien gibt es schon jetzt in der Stadt Presevo ein nationales Aufnahmelager für Zehntausende Migranten vor allem aus Syrien, Afghanistan und Pakistan. Landesweit halten sich laut "Blic" zurzeit 70.000 Menschen im Transit in Richtung Westeuropa auf.
Die griechische Küstenwache teilte mit, vor und auf den Inseln Kos, Chios, Agathonisi, Samos und Lesbos seien innerhalb von nur drei Tagen 1417 Migranten aufgegriffen worden. Sie stammten überwiegend aus Syrien, sagte ein Offizier der Küstenwache. Die Mehrzahl der Migranten wolle nach Mitteleuropa, Schweden und Norwegen weiterreisen, hieß es.
Tschechische Parteien heizen Stimmung auf
"Die griechischen Inseln müssen mit einem wahren Exodus aus den Kriegsgebieten umgehen", sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth bei einem Besuch auf Kos. "Ich erlebe eine humanitäre Situation, die außer Kontrolle ist - und das mitten in Europa."
In Tschechien, das vorwiegend als Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg nach Nord- und Westeuropa gilt, machen unterdessen zwei neue Splitterparteien gegen Flüchtlinge mobil. Die neue Bewegung für Freiheit und direkte Demokratie fordert ein Referendum über Zuwanderung und machte Einwanderer für angeblich steigende Vergewaltigungszahlen verantwortlich.
Die Partei "Morgenröte - nationale Koalition" versprach ihren Anhängern dafür zu kämpfen, "die tschechischen Grenzen vor illegalen Einwanderern zu schützen". Tschechiens Ex-Präsident Vaclav Klaus bezeichnete den Flüchtlingszustrom nach Europa gar als "grundlegende Gefahr". Andere EU-Staaten beurteilen die Lage deutlich gemäßigter.
Lettland zum Beispiel ist für Flüchtlinge nach Ansicht von Wirtschaftsministerin Dana Reizniece-Ozola vorwiegend ein Transitland auf dem Weg in wohlhabendere EU-Staaten. "Ich denke, dass ein großer Teil der Flüchtlinge, die in Lettland ankommen, nicht lange hier bleiben werden, sondern Lettland als Plattform verwenden werden, um etwa in die nordischen Länder zu gehen", sagte sie in einem Interview mit der Zeitung "Diena". Dort gebe es eine viel bessere soziale Sicherheit und Lebensqualität. Lettland will binnen zwei Jahren 250 Flüchtlinge aufnehmen.
Quelle: ntv.de, bdk/dpa