Wirtschaft frohlockt nach der Wahl Signal für Wachstumsreformen
28.09.2009, 07:01 UhrFührende Vertreter der deutschen Wirtschaft werten den Ausgang der Bundestagswahl als Votum für wirtschaftspolitisch vernünftige Reformen. "Das Wahlergebnis ist ein klares Votum für mutige Reformen", sagte Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) als Reaktion auf den Wahlausgang.
Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Verbandes des Deutschen Maschinenbaus (VDMA), wertete den Sieg von Schwarz-Gelb als "ein starkes Signal, dass der Wähler einen Kurs der wirtschaftspolitischen Vernunft wolle". Das Ergebnis zeigt aus Sicht des Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Otto Kentzler, dass offenbar einer bürgerlichen Regierung eher zugetraut werde, das Land erfolgreich aus der Finanz- und Wirtschaftskrise zu führen.
Kanzlerin Merkel im Bann von BDI-Präsident Keitel.
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Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, sagte, allererstes Ziel auch einer neuen Regierung müsse es sein, auf dem Boden der sozialen Marktwirtschaft weiterhin dafür zu sorgen, dass das Niveau an Arbeitsplätzen stabil gehalten werde. Die Industrie sei stolz, dass dies im letzten Jahr gelungen sei. Zudem müssten Politik und Wirtschaft dafür sorgen, aus der Wirtschaftsmisere herauszukommen. "Denn der Aufstieg bleibt noch schwierig", sagte Keitel.
Was die von der FDP versprochenen und von der Union angekündigten Steuersenkungen angehe, sagte der BDI-Präsident: "Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir strukturell an die Steuern gehen, und wenn es dabei Steuersenkungspotenziale gibt, sollten wir die gemeinsam ausloten." Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung seien große Aufgaben anzupacken. "Die Spielräume werden eng werden", sagte Keitel. Das dürfe jedoch kein Grund sein, strukturelle Probleme bei der Besteuerung bis nach dieser Legislaturperiode aufzuschieben. "Wir müssen wirklich handlungsfähig bleiben", sagte der BDI-Präsident.
Sozialtransfers auf den Prüfstand
Der DIHK-Präsident sagte, notwendige Voraussetzung für alle Reformen sei eine eiserne Haushaltsdisziplin. Auch liebgewonnene Staatsausgaben etwa bei Sozialtransfers wie auch bei Subventionen und Förderprogrammen müssten im Zweifel in Frage gestellt werden. Die neue Regierung werde an ihrer Reformagenda gemessen werden. "Ganz oben auf dieser Agenda muss ganz kurzfristig eine Korrektur der Unternehmens- und Erbschaftsteuer stehen", verlangte Driftmann. Dies wäre ein wichtiger Wachstumsimpuls. Wachstum bedeute in der Folge immer auch Steuermehreinnahmen.
CSU-Mann zu Guttenberg im Gespräch mit DIHK-Präsident Driftmann.
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Die Besteuerung von Kosten in der Unternehmensteuer und die Lohnsummenklausel in der Erbschaftsteuer verschärften aktuell die prekäre Situation vieler Betriebe. "Sie belasten das Eigenkapital in einer Zeit, wo auch Kredite oft schwieriger zu bekommen sind", betonte der DIHK-Präsident.
Das klare Bekenntnis von CDU/CSU und FDP zu weiteren Entlastungen dürfte nach Einschätzung von Handwerkspräsident Kentzler "sicher mitentscheidend" für den Wahlerfolg gewesen sein. Das Handwerk habe einen solchen Kurs stets gefordert. "Wir brauchen Investitionen in Wachstum", sagte Kentzler. Das stabilisiere die am Binnenmarkt tätige Mehrzahl der Handwerksbetriebe und sichere die Arbeitsplätze der fast fünf Millionen Mitarbeiter im Handwerk.
"Traumpaar des deutschen Mittelstandes"
Der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle "sozusagen als Traumpaar des deutschen Mittelstandes". Von ihnen erhofften sich die Mittelständler eine "viel mittelstandsfreundlichere Politik". Diese sei bitter nötig, da Deutschland bei der Finanz- und Wirtschaftskrise noch lange nicht über den Berg sei.
Wegen der auslaufenden Regelungen für die Kurzarbeit sei ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosenzahlen zu erwarten. "Die eigentliche Bewährungsprobe steht uns noch bevor", sagte Ohoven. Deshalb müsse der Arbeitsmarkt weiter dereguliert und der Kündigungsschutz auf EU-Niveau gebracht werden. Es müssten mehr betriebliche Bündnisse zugelassen werden.
Der Schlüssel für den Aufschwung liege in der Steuerpolitik. "Ich hoffe sehr, dass sich die FDP gegen die Bedenkenträger in der Union durchsetzt", sagte der BVMW-Präsident. Er sei aber überzeugt, dass die FDP ihre Wahlversprechen nicht brechen und die Steuern senken werde. Dies könne den notwendigen Wachstumsschub geben. Insgesamt dürfte der Wahlausgang der Wirtschaft einen Push geben. Schwarz-gelb starte mit einem großen Vertrauensvorschuss seitens des Mittelstandes, sagte der BVMW-Präsident.
VDMA-Hauptgeschäftsführer Hesse sagte, jetzt müsse alles getan werden, um Deutschland nachhaltig aus der Krise zu führen. Angesichts der Kräfteverhältnisse im Bundesrat sei dazu in den wichtigen Fragen "eine große Koalition der Verantwortungsbereiten" notwendig, bei der auch die SPD mitmachen müsse, forderte der VDMA-Hauptgeschäftsführer.
Der Präsident des Hightech-Verbandes BITKOM, August-Wilhelm Scheer, bezeichnete das Votum der Wählerinnen und Wähler als Entscheidung für "eine Politik pro Wirtschaft und Wachstum". Angesichts der noch nicht ausgestandenen Wirtschafts- und Finanzkrise brauche Deutschland schnell eine handlungsfähige Bundesregierung. Die Parteien sollten sich zügig auf einen Koalitionsvertrag einigen.
Der BITKOM-Präsident sprach sich für die Errichtung eines Innovationsministeriums aus. In diesem sollten die Kompetenzen für Wirtschaft, Forschung und Technologien zusammengefasst werden. Die Hightech-Politik müsse ein zentrales Thema der nächsten Legislaturperiode werden.
Quelle: ntv.de, DJ