Politik

Nach abgesagter Kundgebung Stundenlanges "Katz-und-Maus-Spiel" in Leipzig

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Die Polizei versucht mit einem Großaufgebot, die verschiedenen Lager zu trennen.

(Foto: dpa)

In Leipzig treffen Kritiker der Corona-Maßnahmen auf Gegendemonstranten. Mit einem massiven Aufgebot verhindert die Polizei dieses Mal Szenen wie die vor zwei Wochen, als tausende "Querdenker" ungehindert durch die Straßen marschierten. Angespannt war die Lage zeitweise auch heute.

Spontane Aufzüge, eingekesselte Demonstranten: In Leipzig hat die Polizei ein Großaufgebot eingesetzt, um Kritiker der Corona-Maßnahmen und Gegendemonstranten voneinander fernzuhalten. Hunderte Menschen kamen zu einer Kundgebung von Gegnern der Corona-Politik zusammen, die dann aber kurzfristig abgesagt wurde. In der Innenstadt trafen daraufhin die gegensätzlichen Lager immer wieder aufeinander, wie die Polizei auf Twitter mitteilte. Die Lage war zeitweise unübersichtlich.

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Gegendemonstranten stellen sich in Leipzig den "Querdenkern" in den Weg.

(Foto: dpa)

"Genehmigte Versammlungen liefen friedlich und ruhig ab. Dann aber entwickelte sich eine dynamische Situation an mehreren Stellen der Innenstadt", sagte Polizeisprecher Olaf Hoppe. Das sei eine schwierige Situation für die Polizei gewesen. Bis zum Abend sei die Situation jedoch beruhigt worden.

Laut Polizei gab es auch Angriffe auf Einsatzkräfte - Details wurden aber zunächst nicht genannt. Nach vorläufigen Angaben wurden im Umfeld der Demonstrationen zwei Menschen festgenommen. Im Stadtgebiet seien bei dem Einsatz zudem 18 Straftaten festgestellt worden, hieß es von der Polizeidirektion Leipzig. Dabei gehe es um Körperverletzungen und Landfriedensbrüche. Neun Tatverdächtige seien ermittelt worden. Außerdem seien 44 Platzverweise erteilt worden und 113 Anzeigen wegen Verstößen gegen die Sächsische Corona-Schutzverordnung gefertigt worden. Nach einem Angriff auf einen Journalisten erfolgte laut Polizei von Amts wegen eine Anzeige gegen Unbekannt. Eine Beamtin sei bei dem Einsatz leicht verletzt worden.

Wasserwerfer und Räumpanzer

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung sprach von einem "Katz-und-Maus-Spiel". Die Situation sei aber eine ganz andere gewesen als bei der Leipziger "Querdenken"-Demonstration von vor zwei Wochen, die aus dem Ruder gelaufen war. Diesmal habe es eine gut abgestimmte Strategie zwischen Polizei und Versammlungsbehörde gegeben.

Die angemeldete Kundgebung von Kritikern der Corona-Politik war am Nachmittag überraschend abgesagt worden, obwohl schon Hunderte Menschen vor Ort waren. Der Versammlungsleiter der Kundgebung in der Innenstadt zog seine Anmeldung zurück, nachdem die Versammlungsbehörde nach Polizeiangaben sein "unvollständiges Attest zur Maskenbefreiung" nicht akzeptiert hatte. Die Polizei hatte zuvor bereits den Zugang abgeriegelt, weil der Platz mit 500 Personen seine Maximalkapazität erreicht hatte.

Parallel beteiligten sich mehrere Hundert Menschen in der Innenstadt an mehreren Protesten gegen die ursprünglich geplante Kundgebung. Das Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz", das an drei zentralen Orten der Stadt Kundgebungen angemeldet hatte, sprach von bis zu 4000 Teilnehmern über den Tag. Nach der Absage der Corona-Demonstration verteilten sich verschiedene Gruppen in der Innenstadt.

Die Polizei war mit einem Großaufgebot aus mehreren Bundesländern in Leipzig, sie hatte Wasserwerfer und Räumpanzer in Stellung gebracht. Auch ein Polizeihubschrauber kreiste über der Stadt. Zudem setzten die Beamten Sperrgitter ein, um die Versammlungen voneinander zu trennen.

Einsatz von Pfefferspray

Am frühen Abend kam es zu nicht angemeldeten Spontanversammlungen. Im Bereich des Marktes und der Großen Fleischergasse sowie der Windmühlenstraße wollten sich laut Polizei jeweils Menschen im dreistelligen Bereich beteiligen. Nach Angaben von Reportern der Deutschen Presse-Agentur (dpa) standen sich Anhänger beider Lager gegenüber. "Unsere Kollegen trennen diese & unterbinden so ein Aufeinandertreffen", teilte die Polizei per Twitter mit.

Dabei setzte die Polizei nach Beobachtung eines dpa-Fotografen auch Pfefferspray ein. Später ließ die Polizei schließlich die eingekesselten Teilnehmer in kleinen Gruppen zum Bahnhof abziehen - Masken wurden dabei nur sporadisch getragen. Angesichts der Gegendemonstranten in den angrenzenden Straßen habe die Polizei schließlich einen Weg bereitet, sagte der Polizeisprecher. Linke-Abgeordnete kritisierten bei Twitter, dass dabei nicht deren Identität festgestellt worden sei. Der Polizeisprecher sagte, es habe Identitätsfeststellungen gegeben.

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Von den Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen tragen viele abermals keinen Mund-Nasen-Schutz.

(Foto: dpa)

Nach Beobachtung einer dpa-Reporterin vor Ort zog am Nachmittag unter anderem eine spontane Antifa-Demonstration mit etwa 200 Teilnehmern durch die Innenstadt. Eine andere Versammlung des linken Lagers nahe der Thomaskirche wurde wenig später von der Polizei eingekesselt.

Polizeisprecher Hoppe sprach von einer zeitweise "sehr unübersichtliche" Situation in der Stadt. "Aus der autonomen Szene wurde versucht, in die körperliche Auseinandersetzung mit dem Gegner zu gehen", sagte er. Die Gegenseite habe unbedingt versucht, einen Aufzug durchzusetzen. An verschiedensten Orten habe es Menschenansammlungen gegeben. "Es wurde jedoch keine Versammlung genehmigt", betonte der Sprecher.

Hooligans und Rechtsextreme

Zu der dann abgesagten Kundgebung der Corona-Maßnahmen-Gegner gab es nach Angaben von Jung auch "Anreisebewegungen" aus Thüringen. Am Hauptbahnhof hatten sich dem Politiker zufolge mehrere Rechtsextremisten versammelt, darunter Hooligans und Anhänger von Kameradschaften. Die Hälfte sei wieder abgereist. Der sächsische Verfassungsschutz hatte bereits im Vorfeld berichtet, dass sowohl im rechts- als auch linksextremistischen Lager mobilisiert werde.

Zwei Wochen zuvor hatte eine "Querdenken"-Demonstration in Leipzig für Ärger und heftige politische Debatten gesorgt. Mindestens 20.000 Menschen aus der gesamten Bundesrepublik waren nach Leipzig gekommen, um gegen die Corona-Einschränkungen zu protestieren. Kaum jemand hielt sich an die Maskenpflicht. Die Stadt löste die Kundgebung auf. Danach erzwangen die Menschen einen Gang über den Leipziger Ring. Die Polizei hatte erst versucht, sie zu stoppen, ließ sie aber schließlich ziehen. Kritiker sprachen von "Staatsversagen". Die schließlich abgesagte Kundgebung an diesem Samstag war nicht von "Querdenken" angemeldet worden.

Demonstrationen auch in anderen Städten

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Auch in mehreren anderen deutschen Städten gingen am Samstag Gegner der Corona-Maßnahmen auf die Straße. Jeweils mehrere Hundert waren es in Hannover, Bochum, Göppingen und Pforzheim. An einer "Querdenken"-Kundgebung in der niedersächsischen Landeshauptstadt beteiligten sich mehr als 900 Menschen, mehr als 300 nahmen an Gegenkundgebungen teil. Im Bereich der "Querdenker"-Demo wurde Pyrotechnik gezündet, mutmaßlich von Gegnern, Polizisten hielten die Lage aber unter Kontrolle.

In Bochum kamen nach Polizeiangaben in der Spitze rund 500 Menschen zu einer Demonstration der Initiative "Querdenken 234 Bochum" zusammen. In Göppingen versammelten sich nach Angaben eines dpa-Fotografen rund 800 Menschen, in Pforzheim laut Polizei 450. In Berlin wollen an diesem Sonntag wieder mehrere Tausend Gegner der Corona-Politik von Bund und Ländern auf die Straße gehen.

Quelle: ntv.de, vpr/dpa

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