Politik

Superspreaden am Wochenende? Warum der Lockdown erst Montag kommt

Ab Montag schließen Kneipen und Restaurants.

Ab Montag schließen Kneipen und Restaurants.

(Foto: imago images/Bildgehege)

Die Zeit im Kampf gegen die Pandemie rennt und dennoch lässt die Politik noch ein ganzes Wochenende verstreichen, bis das öffentliche Leben heruntergefahren wird. Doch es gibt dafür gute Gründe.

Ab Montag kommt der neue, modifizierte Lockdown. Mit strengen Einschnitten in das öffentliche Leben wollen Bund und Länder das exponentielle Wachstum der Neuinfektionen brechen. Aber warum eigentlich erst am Montag? Zu den Maßnahmen entschieden haben sich Kanzlerin und Länderchefs ja bereits am Mittwochabend. Vier Tage gehen ins Land, bis die Regeln in Kraft treten. Vermutlich werden viele Menschen am Wochenende die letzte Gelegenheit vor der mindestens vierwöchigen Pause noch einmal nutzen und ins Restaurant, die Kneipe oder ins Kino gehen - mit allen Folgen für den Verlauf der Pandemie. Warum also dauert das so lange?

Ein Grund dafür ist, dass die Beschlüsse erst in jeweiliges Landesrecht umgewandelt werden müssen. Der Infektionsschutz in Deutschland ist Ländersache und nur in den 16 Staatskanzleien von Kiel bis München können entsprechende Verordnungen verfasst werden. Wenn die fertig sind, gelten sie sofort. Aber an einem Tag ist das offenbar nicht zu schaffen. Das liegt auch daran, dass davon auszugehen ist, dass sich ab kommender Woche viele Gerichte mit der Frage befassen dürften, ob die Maßnahmen rechtens sind. Daher sind die Länder bemüht, die Verordnungen juristisch möglichst wasserdicht zu gestalten, damit sie nicht gleich wieder in Teilen von der Judikative kassiert werden.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil etwa sagte dem lokalen Nachrichtenportal "Regional heute": "Nicht erst am Zweiten, sondern 'schon' am Zweiten." Die Verordnungen müssten sorgfältig geprüft werden, "weil viele Regelungen sicherlich anschließend zur rechtlichen Überprüfung gebracht werden. Das setzt die Kolleginnen und Kollegen in der Staatskanzlei massiv unter Druck. Es ist ein sehr sportlicher Zeitplan."

Landtage müssen Lockdown noch besprechen

Bei einem weiteren Aspekt geht es um die Entschädigungen, die für die Gastwirte ausgezahlt werden sollen. Deren Höhe wird sich an den Umsätzen im November 2019 orientieren. Da ist es aus organisatorischer Sicht deutlich einfacher, den kompletten Monat als feste Bezugsgröße zu haben und nicht noch einige Oktober-Tage mit verrechnen zu müssen.

Außerdem gibt es einige Ministerpräsidenten, die angekündigt haben, die Maßnahmen in den Landesparlamenten zu besprechen. Am Donnerstag gab es entsprechende Regierungserklärungen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. An diesem Freitag haben sich der Senat in Hamburg sowie die Landtage in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz mit den Beschlüssen befasst. Auch am Wochenende werden Abgeordnete außerplanmäßig diskutieren. Am Samstagvormittag soll die Bürgerschaft in Bremen zusammenkommen. Am Sonntag folgt das Abgeordnetenhaus in Berlin. Schon nach Inkrafttreten beginnt am Dienstag das Saarland mit der Debatte, am Mittwoch folgt Sachsen. Bisher keinen Termin gibt es in Sachsen-Anhalt. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte eigentlich angekündigt, den Landtag in Erfurt über die Maßnahmen abstimmen zu lassen. Die entsprechende Debatte ist für Dienstag terminiert - unklar ist allerdings, wie das mit dem geplanten Inkrafttreten der Maßnahmen - bundesweit - am Montag zusammenpasst.

Zudem dürften psychologische Faktoren bei der Wahl des Zeitraums eine Rolle gespielt haben. Es ist natürlich etwas anderes, dem Wirt zu sagen: "Ab morgen schließt du deinen Laden", oder ihm noch einige Tage zu lassen, sich auf den massiven Einschnitt vorzubereiten. Vielen Gastronomen bleibt so zumindest die Möglichkeit, sich auf den To-Go-Betrieb einzustellen. Auch die Kanzlerin konnte durch den zeitlichen Verzug, zumindest noch vor Inkrafttreten der Maßnahmen ihre Regierungserklärung im Bundestag abgeben. Angesichts lauter werdender Kritik, das Parlament werde unzureichend in die Entscheidungen eingebunden, könnte das der Versuch gewesen sein, die Abgeordneten zumindest nicht vor völlig vollendete Tatsachen zu stellen.

Für das bevorstehende Wochenende gibt es übrigens eine dringende Empfehlung - auch wenn der Lockdown offiziell noch nicht gilt: Bleiben Sie zuhause, meiden Sie Kontakte und helfen Sie mit, dass sich nicht noch mehr Menschen infizieren.

Quelle: ntv.de

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