Dossier

Trotz bescheidener Vermögensangaben Russlands Politiker leben im Luxus

Über Londons Spesenskandal, der einen politischen Erdrutsch im Königreich auslöste, können Russlands Funktionäre nur müde lächeln. Während die Briten um überschaubare Summen streiten, geht es in Russland um dubiose Millionenvermögen.

Kremlchef Dmitri Medwedew hat zwar per Dekret Spitzenpolitiker und deren Ehepartner aufgefordert, ihr Vermögen offenzulegen. Damit will der Jurist erreichen, dass die verbreitete Bereicherung im Amt durch Schmiergelder ans Tageslicht kommt und aufhört. Doch die Korruption blüht munter weiter. Im Gegensatz zu den Londonern muss die Moskauer Elite aber kaum Konsequenzen fürchten.

Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow beteuert, seine Besitztümer vekrauft und das Geld gespendet zu haben.

Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow beteuert, seine Besitztümer vekrauft und das Geld gespendet zu haben.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Russlands Zeitungen breiten seit Wochen genüsslich aus, wie krass mitunter die Widersprüche zwischen dem offenkundigen Luxusleben der Politiker und ihren bescheidenen Vermögensangaben sind. Sie wohnen in Villen im Moskauer Millionärsviertel an der Rubljowka-Straße, fahren schwarze deutsche Limousinen, tragen Schweizer Uhren ab 30.000 Dollar aufwärts, fliegen in Hubschraubern zur Jagd und speisen in den besten Restaurants. Nichts sei den russischen Spitzenbeamten zu teuer, schreibt das russische Magazin "The New Times".

Das Anwesen gehört der Mutter

Das sei schon zu Zaren- und Sowjetzeiten so gewesen. Alle Versuche, den Staatsdienst von diesem Übel zu befreien, seien gescheitert, stellt die Zeitschrift fest. Da fahre die Ehefrau von Justizminister Alexander Konowalow, die ihr Jahreseinkommen mit nicht einmal 2000 Euro angibt, einen Porsche Cayenne für rund 6 Millionen Rubel (138.000 Euro), knapp das Doppelte des Gehalts ihres Mannes. Einschließlich medizinischer Versorgung, Unterkunft, Dienstwagen und sonstiger Vergünstigungen koste ein Spitzenpolitiker den russischen Staat pro Jahr rund eine Million Dollar, heißt es in der Zeitschrift.

Neben den Berichten über Arbeitslosigkeit und anderem Ungemach der schwersten Wirtschaftskrise seit zehn Jahren sind Moskaus Zeitungen voll mit Texten über das schöne Leben der Beamten. Dabei bleibt aber meist unklar, warum etwa Regierungschef Wladimir Putin sein Monatseinkommen mit umgerechnet 8800 Euro angibt - knapp 1000 mehr als Präsident Medwedew - der für Naturressourcen zuständige Minister Juri Trutnew aber auf fast das Zehnfache dessen kommt.

Der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow, immer in flotten Sportwagen unterwegs, erklärt, er habe 2008 umgerechnet rund 78.000 Euro verdient. Er nennt ein nur 36 Quadratmeter großes Appartement sein Eigen. Auf Nachfrage der Zeitung "Komsomolskaja Prawda" beteuert er, seine Besitztümer verkauft und das Geld gespendet zu haben - an die Armen, an Kinder und für den Bau der prunkvollen Moschee in Grosny. Sein palastähnliches Anwesen gehöre seiner Mutter. Und der Tiger sowie das Löwenbaby? "Die gehören auch nicht mir. Wir öffnen einen Tierpark, in dem sie leben werden", antwortet der als autoritär verschriene Provinzfürst.

Keine Konsequenzen

Russische Medien beklagen, dass im Grunde keine Instanz die Angaben der Politiker prüfe. Und wenn eine Stelle dafür geschaffen werde, würden Prüfer gegen entsprechende Gebühren die Angaben schon absegnen, heißt es. Rund 70 Prozent der Russen, die sich mit den Einkommenserklärungen der Funktionäre vertraut gemacht haben, glauben den Politikern kein Wort, haben die Meinungsforscher des Instituts WZIOM erfragt. Medwedews Initiative sei nichts als eine "große Komödie", meint der Kolumnist Alexander Priwalow der Internetzeitung "expert.ru". Die einfachen Leute würden an der Nase herumgeführt.

Manch einer schaut da anerkennend auf die Folgen des britischen Spesenskandals und die Rücktrittswelle im Londoner Ministerkabinett. "Russische Machthaber treten nicht auf die englische Art ab", schrieb das Boulevardblatt "Moskowski Komsomolez" ("MK"). Zwar seien die Briten offenbar nicht besser als die Russen, aber immerhin habe das "schöne Leben auf Kosten des Steuerzahlers" Konsequenzen. In Russland sei aber eben alles anders: "Unsere sogenannten Staatsdiener sind nun einmal in Wahrheit unsere Herren", schreibt "MK".

Quelle: ntv.de, Uld Mauder, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen