Pressestimmen

Jahresbericht des Wehrbeauftragten "Dieses Sparen ist lebensgefährlich"

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Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Koenigshaus (FDP) stellt große Defizite fest.

(Foto: dapd)

Standortschließungen, Truppenverkleinerung, Spardiktate: Die Bundeswehrreform drückt auf die Stimmung in der Truppe. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus beklagte bei der Vorstellung seines Jahresberichts, dass bei fast allen Dienstgraden eine tiefgreifende Verunsicherung zu spüren sei. Für seine Forderung, den Soldatenberuf attraktiver zu machen und seine Warnung vor Einsparungen zulasten der Soldaten, bekommt er von den Kommentatoren der deutschen Zeitungen Rückendeckung.

Die Neue Presse reagiert entrüstet auf den Jahresbericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus. Für die Zeitung aus Hannover ist die momentane Situation bei der Bundeswehr ein "Unding": "Da werden deutsche Soldaten in den Kriegseinsatz nach Afghanistan geschickt, die ihre Waffen nicht beherrschen und Lastwagen und schützende Transportpanzer nicht fahren können, weil es bei der Ausbildung hierzulande an Munition, Waffen und Fahrzeugen fehlt. Dieses Sparen ist lebensgefährlich. Nicht hinnehmbar ist auch, dass es noch immer zu wenig geschützte Unterkünfte für die Soldaten im Einsatzgebiet gibt". Für den Kommentator steht fest: "So ein Arbeitgeber schreckt ab" - und das, obwohl die künftige Einsatzfähigkeit der Bundeswehr auch davon abhänge, ob sie genügend Freiwillige gewinnen könne.

Auch der General Anzeiger zeigt wenig Verständnis für die Auswirkungen der Bundeswehrreform: "Wer in Krisengebiete geschickt wird und dort Gesundheit und Leben riskiert, darf von seinem Arbeitgeber erwarten, dass dieser ihn mit bestem Wissen und dem bestmöglichen Material ausstattet". Dass Hellmut Königshaus hier Besserung verlange, sei daher schlichtweg seine Pflicht als Anwalt der Soldaten. "Es müssen keine Klagelieder angestimmt werden", so das Blatt aus Bonn. "Aber die Truppe braucht, auch um attraktiv für wirklich guten Nachwuchs zu sein, Planungssicherheit".

Die Märkische Allgemeine widmet sich einem weiteren Problem vieler Soldaten: "Die angekündigten Standortschließungen sind mit Einschnitten ins Familienleben verbunden. Wechselnde Dienst- und Einsatzzeiten erschweren die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Überdurchschnittlich hohe Scheidungsraten sind die Folge. Dazu kommt die anhaltende Belastung durch die Auslandseinsätze." Für die Zeitung spricht allein die zunehmende Zahl traumatisierter Soldaten Bände. Und so sei es auch kein Wunder, dass der Wehrbeauftragte des Bundestags bei seinen Truppenbesuchen auf eine durchweg schlechte Stimmung stoße. Der Kommentar aus Potsdam lautet: "Seinen Bericht sollte die Bundesregierung ernst nehmen".

Rosige Zeiten sagen auch die Lübecker Nachrichten der Bundeswehr nicht voraus: "Seit einem halben Jahr muss die Bundeswehr um neue Leute kämpfen. Sie bekommt den potenziellen Nachwuchs nicht mehr per Musterung zugeführt, sondern sie muss zeigen, dass sie attraktive Arbeitsplätze und ein Umfeld bietet, das auch die Teilhabe am 'normalen Leben' - Familie, Freunde, Freizeit - ermöglicht". Für den Kommentator wiegt der Vorwurf Königshaus', dass gerade im Zusammenhang mit der Verkleinerung und Umstrukturierung der Bundeswehr hier Fehler gemacht wurden, schwer: "Die Führung der Bundeswehr muss bei den 'weichen Faktoren' nachbessern, will sie nicht in den nächsten Jahren auf eine Truppe von Soziopathen zusteuern, die mit der Gesellschaft nichts mehr zu tun hat. Und, schlimmer noch: Mit der die Gesellschaft nichts mehr zu tun haben will".

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke

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