Ratgeber

Zu schade fürs Nudelwasser Sind teure Salze wirklich besser?

100 Gramm Speisesalz kosten beim Discounter gerade mal vier Cent. Man kann aber auch hundertmal so viel ausgeben. Feinschmecker, Hobbyköche und viele Bio-Freunde schwören auf Fleur de Sel oder "naturreine" Steinsalze. Aber sind die wirklich besser? Die Stiftung Warentest hat nachgeprüft.

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Steinsalz ist von Natur aus sehr rein und hat oft eine harte Konsistenz.

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Mittelalter war Salz eine Kostbarkeit, der Handel mit dem "weißen Gold" verhalf Städten zu Bedeutung und Kaufleuten zu Wohlstand. Heute gibt es Salz schon für 19 Cent das Pfund im Supermarkt. Man kann aber auch deutlich mehr zahlen. Für Persisches Blausalz zum Beispiel, für Ayurvedisches Zaubersalz oder Sal de Ibiza. Produkte mit solch wohlklingenden Namen kosten zum Teil das Hundertfache von normalem Speisesalz. Warum man so viel Geld ausgeben sollte? Weil manche Salze weit mehr sein sollen als simple Speisewürze. Ein "wahrer Jungbrunnen" zum Beispiel. Oder "absolut naturrein". Oder "über 280 Millionen Jahre alt." Oder einfach nur besonders wohlschmeckend. Die Stiftung Warentest hat sich jetzt 36 Speisesalze genauer angesehen, um festzustellen, was es mit den Versprechungen auf sich hat.

So viel vorweg: Wer keinen Hang zur Esoterik hat und keine Abneigung gegen Rieselhilfen, der ist mit ganz normalem Salz gut bedient. 15 der 21 einfachen Meer- und Siedesalze schnitten "gut" ab. Bei den besonderen Salzen kamen dagegen nur 4 von 15 auf ein gutes Ergebnis. Bestnoten für Geschmack und Konsistenz gab es nur für ein Salz im Test, das Flor de Sal s'Es Trenc natural – mit 5,50 Euro für 100 Gramm allerdings auch mit das teuerste. Bei den normalen Salzen gab es geschmacklich kaum Auffälligkeiten. Alle rochen leicht nach der Pappe, in der sie verpackt waren, nur wenige schmeckten auch etwas danach. Fast alle waren intensiv salzig, manche waren etwas milder, wenn sie aufs Butterbrot gestreut verzehrt wurden. Ob solche Feinheiten auch dem sensorisch nicht geschulten Normal-Esser auffallen, ist natürlich fraglich. Fürs Nudelwasser dürften alle geeignet sein, einzig das Aquasale Meersalz wurde auch aufgelöst seinen Geschmack nach bedruckter Pappe nicht los.

Edelsalze schmecken anders

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Fleur de Sel wird an warmen, windigen Tagen gewonnen. Das knusprige Salz eignet sich vor allem, um Speisen den letzten Schliff zu geben.

(Foto: GG-Berlin, pixelio.de)

Deutlicher war die geschmackliche Vielfalt bei den besonderen Salzen – dem aus Meerwasserbuchten abgeschöpften Fleur de Sel und dem aus Stollen gewonnenen Steinsalzen. Fleur de Sel erkennt man an seiner blättrigen Optik, im Mund ist es immer knusprig, zum Teil aber auch etwas hart. Dafür gab es dann Minuspunkte bei der Sensorikwertung, etwa beim Sal de Ibiza Fleur de Sel, das schon durch seine vollmundigen Anti-Aging-Versprechen negativ auffiel. Geschmack und Geruch lagen beim Fleur de Sel irgendwo zwischen Meerwasser und feuchtem Stein. Bei Steinsalzen hingegen reichte das Spektrum von "metallisch" über "leicht würzig" bis hin "intensiv salzig". Die Konsistenz des Steinsalzes wird durch den Mahlgrad bestimmt, von leicht pudrig bis grob ist alles dabei. Bei groben Körnern dauert es oft etwas länger, bis der Salzgeschmack durchkommt.

Auffällig an Steinsalzen ist vor allem die Farbe: Steinsalz kommt nicht nur in Weiß vor, sondern unter anderem auch in Rosa, Blau oder Orange. Dann hat sich das Salz mit anderen chemischen Verbindungen gemischt. Für rosa Verfärbungen ist beispielsweise Eisenhydroxid verantwortlich. Durch Verschiebungen des Kristallgitters kann das Salz blau erscheinen. Das  "Persische Blausalz" von der Galeria Kaufhof kommt allerdings auf andere Weise zu seiner Farbe: Im Labor fanden die Tester neben Trennmitteln und Jod auch den Farbstoff "Berliner Blau", der in Lebensmitteln nicht mal zugelassen ist. Auf der Packung wird das Salz übrigens als "absolut naturrein" angepriesen.

Normalerweise trifft das auf Steinsalze auch zu: Sie sind naturbelassen und kommen ohne Waschen und irgendwelche Zusätze in den Handel. Normales Siedesalz hingegen wird durch Verdampfen aus gereinigter Sole hergestellt und in der Regel mit Trennmitteln angereichert. Meistens kommen noch Jod, teils auch Fluorid hinzu. Das ist insbesondere deshalb sinnvoll, weil in der Lebensmittelindustrie aus Kostengründen immer weniger Jodsalz verwendet wird. In den letzten Jahren ist die Jodversorgung deshalb schlechter geworden.

"Reines" Salz fast ohne Mineralien

Ob edles Fleur de Sel, naturreines Steinsalz oder simples Meer- oder Siedesalz: Chemisch macht es kaum einen Unterschied, was man sich ins Essen streut. Zwischen 93 und 99,9 Prozent bestehen aus Natriumchlorid, also Kochsalz, beim normalen Salz ist der Anteil am größten. Den Rest machen Mineralien und Spurenelemente aus, etwa Kalzium, Magnesium und Kalium. Vor allem im Fleur de Sel findet man davon größere Mengen – aber nicht genug, um irgendwelche Gesundheitseffekte zu erzielen, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Wer etwa drei Gramm vom magnesiumreichsten Fleur de Sel Aquasale verzehre, nehme gerade mal 26 Milligramm Magnesium auf – "nur sieben Prozent der empfohlenen Tageszufuhr" rechnet die Stiftung Warentest vor.

Und noch einen Mythos entzaubern die Tester: Den vom uralten Steinsalz. Oft werben die Hersteller damit, wie viele Jahrmillionen ihre Salze schon in der Erde lagern – 220 Millionen Jahre sind es beispielsweise beim Ur-Salz von Erntesegen, 280 Millionen beim Kalahari-Salz. Nur: Besonders ist das alles nicht. Die großen Salzlagerstätten in Mitteleuropa, aus denen heute auch Siedesalz gewonnen wird, sind nicht jünger, sie gehen auf das vor rund 250 Millionen Jahren entstandene Zechsteinmeer zurück, das später austrocknete. Im  zurückgebliebenen Becken lagerten sich die Salzschichten ab.

Wenn also für Salz geworben wird, das "geschützt von heutigen Umweltbelastungen" entstanden ist oder dem aufgrund seines Alters besondere "energetische Schwingungen" nachgesagt werden, dann muss man das nicht ernst nehmen. Die Stiftung Warentest empfiehlt Fleur de Sel und Steinsalz vor allem Feinschmeckern und Köchen, die bei der Abrundung ihrer Speisen besondere Akzente setzen wollen. Für den Alltag seien sie aber zu schade. Hier reichen die Billig-Salze vom Discounter. Wer gegenüber Jod- und Fluoridzusätzen skeptisch ist, findet im Byodo Atlantik Meersalz eine gute Alternative, die mit 99 Cent pro 500 Gramm im preislichen Rahmen bleibt.     

Quelle: ntv.de, ino

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