Ratgeber

Kunde sträubt sich Versicherer darf trotzdem zahlen

Wenn die Kfz-Haftpflichtversicherung einen Schaden übernimmt, dann wird es für den Versicherten danach meist teurer, weil er seinen Schadenfreiheitsrabatt einbüßt. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass die Versicherung des Schaden begleicht, ohne dass man damit einverstanden ist.

Bei Auffahrunfällen ist in der Regel der Auffahrende in der Pflicht.

Bei Auffahrunfällen ist in der Regel der Auffahrende in der Pflicht.

Eine Kfz-Haftpflichtversicherung darf einen Schaden auch gegen den Willen des Versicherungsnehmers regulieren. Und das auch dann, der Schadenfreiheitsrabatt auf dem Spiel steht, wie das Amtsgericht München entschieden hat. Zwar muss die Versicherung auf die Interessen ihres Kunden Rücksicht nehmen. Diese Pflicht verletzt sie aber nur, wenn sie eine völlig unsachgemäße Schadensregulierung durchführt (Az. 333 C 4271/12).

In dem Fall ging es um einen Auffahrunfall. Der Geschädigte hatte sich an die Versicherung des Mannes gewandt, der ihm aufgefahren war. Die Versicherung prüfte den Vorgang eingehend und bezahlte schließlich den Schaden. Mit teuren Folgen für den Versicherungsnehmer: Er wurde von der Schadensklasse 35 auf 50 hochgestuft und musste dadurch 170 Euro mehr im Jahr bezahlen. Daraufhin verklagte der Mann seine Versicherung. Sie hätte seiner Meinung nach nicht bezahlen dürfen, denn die Kratzer an der Stoßstange des anderen Wagens würden nicht von ihm stammen, sondern seien bereits vorhanden gewesen. Ein Schadenersatzanspruch hätte daher nicht bestanden.

Versicherung hat Ermessensspielraum

Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Grundsätzlich hätten Kfz-Haftpflichtversicherer eine Regulierungsvollmacht, um gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachte Ansprüche in dessen Namen zu erfüllen oder abzuwehren. Dabei müsse er eine Regulierung nicht nur deshalb zu verweigern, weil sein Versicherungsnehmer dies von vornherein ablehne. Grundsätzlich stehe es im Ermessen des Versicherers, ob er freiwillig zahle oder ob er es darauf ankommen lasse, dass der Geschädigte vor Gericht zieht.

Wenn es einen Interessenkonflikt mit dem Versicherten gebe, etwa der drohende Verlust des Schadenfreiheitsrabatts, dann müsse sich die Versicherung "ein hinreichend genaues, umfassendes Bild über die Umstände zu verschaffen, aus denen die drohenden Ansprüche hergeleitet werden", so die Richterin. Dabei müsse die Rechtslage sorgfältig geprüft werden, um die Aussichten für eine Abwehr der Ansprüche möglichst zuverlässig einzuschätzen. Bei zweifelhafter Sach- oder Rechtslage stehe dem Versicherer ein gewisser Ermessensspielraum zu. Schädlich sei nur ein offensichtlicher Ermessensmissbrauch.

Wenn sich ein Prozess nicht lohnt

Dabei komme es nicht allein darauf an, ob sich der Unfall tatsächlich so ereignet habe, wie vom Unfallgegner behauptet. Der Versicherer dürfe auch dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie Vorrang geben und in Anbetracht der Schadenshöhe wirtschaftliche Erwägungen anstellen. Zudem müsse sich der Versicherer nicht auf einen Prozess mit ungewissem Ausgang einlassen. Demnach habe der Versicherer sein Ermessen nur dann offensichtlich falsch ausgeübt, wenn es von vornherein als völlig unvernünftig angesehen werden musste, dass er dem Dritten Ersatz leiste.

Das ließ sich im vorliegenden Fall aber nicht feststellen. Die Versicherung habe sich mit der Schadensregulierung gut fünf Monate Zeit gelassen. In der Zeit ließ sich der Unfall in der Art rekonstruieren, dass der Versicherte mit seinem Kraftfahrzeug hinter dem Auto des Geschädigten so stark bremsen musste, dass das ABS seines Kraftfahrzeugs ansprang. Zudem befanden sich an beiden Fahrzeugen in gleicher Höhe Kratzer. Es sei daher aus Sicht der Versicherung nicht völlig unangemessen erschienen, eine Schadensregulierung durchzuführen; auch könne man der Versicherung nicht vorwerfen, dass sie kein teures Sachverständigengutachten angefordert habe. Schließlich sei die Schadenshöhe mit 1285 Euro relativ niedrig gewesen.

Quelle: ntv.de, ino

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