Geschenke von Geschäftspartnern Was dürfen Arbeitnehmer annehmen?
08.06.2015, 21:51 Uhr
Die Annahme verweigern? Das wäre unhöflich. Bei teuren Geschenken aber manchmal die bessere Wahl.
Wenn der Geschäftspartner einen Umschlag mit Banknoten herüberreicht, ist das Bestechung. Aber was ist mit der Kiste Champagner zu Weihnachten oder der Einladung zum Bundesligaspiel? Oft wandeln Arbeitnehmer auf einem schmalen Grat.
Knapp 200 Euro kostete die Skulptur, die Schüler einer zehnten Klasse ihrer Lehrerin zum Abschied überreichten. Das Geschenk kam die Frau teuer zu stehen: Nach der Anzeige eines Vaters musste die Frau im Januar 4000 Euro Strafe zahlen. Hätte sie an einer Privatschule unterrichtet, der Fall wäre womöglich anders ausgegangen. Doch Beamte und Angestellte des Bundes dürfen nunmal keine Geschenke annehmen, das ist klar geregelt. Aber wie sieht es eigentlich in der freien Wirtschaft aus?
Edle Schokolade, ein guter Tropfen oder ein Blumenstrauß - nicht immer belassen es Geschäftspartner bei Karten zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Zur Kontaktpflege warten sie mitunter auch mal mit Einladungen zu Kultur- oder Sportveranstaltungen auf. Die VIP-Tribüne im Stadion erscheint eben auch als guter Ort, um Geschäftliches anzusprechen. Zumindest wenn es sich dabei nicht um ein Spiel des Heimatvereins handelt, sondern beispielsweise um das Champions-League-Finale, ist das ein guter Grund, stutzig zu werden.
Es gibt keine klare Grenze dafür, wann aus einer kleinen Aufmerksamkeit ein Bestechungsversuch wird. Das Strafgesetzbuch regelt nur ganz allgemein: Es ist verboten, jemandem im Beruf einen Vorteil zu verschaffen, weil dieser eine unlautere Gegenleistung erbringt. Auch die Forderung nach Geschenken oder Zuwendungen ist strafbar. Auf Bestechlichkeit stehen bis zu drei Jahre Gefängnis. Entscheidend ist hier aber nur der Aspekt der Gegenleistung. Wer beispielsweise der Einladung eines möglichen Zulieferers zu einer Woche Karibikurlaub folgt, macht sich nicht unbedingt strafbar, wenn er später einem Wettbewerber den Vorzug gibt.
Oft gibt es keine Kontrolle
Mit der Firma dürfte es aber trotzdem Ärger geben. Was der Gesetzgeber nicht vorschreibt, das regeln viele Unternehmen nämlich selbst. Korruptionsvermeidung ist ein wichtiges Thema und Konzerne haben Mitarbeiter, die sich um nichts anderes kümmern als um die Einhaltung der sogenannten Compliance-Richtlinien. In ihnen ist mehr oder weniger konkret festgelegt, unter welchen Umständen die Mitarbeiter Geschenke annehmen dürfen und welcher Wert noch zulässig ist. Bei Daimler beispielsweise liegt die Grenze bei etwa 50 Euro, bei der Allianz bei 40 Euro, in dieser Größenordnung bewegen sich die Richtwerte üblicherweise.
Doch nicht überall gelten so starre Vorschriften. Viele Firmen nennen keine konkreten Zahlen, sondern halten es wie beispielsweise die Commerzbank, die lediglich "übliche Geschenke" und "Aufmerksamkeiten von offensichtlich geringem Wert" erlaubt. Im Zweifel, so der allgemeine Konsens, sollten sich die Mitarbeiter mit ihren Vorgesetzten besprechen. Siemens dagegen hat sich nach der großen Korruptionsaffäre im Jahr 2006 mit dem "Policy & Control Masterbook" ein exaktes Regelwerk gegeben, über dessen Einhaltung streng gewacht wird.
Von dieser konsequenten Umsetzung sind viele Unternehmen aber weit entfernt, so zumindest das Ergebnis einer Studie der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt unter 169 deutschen Unternehmen. Zwar hätten 80 Prozent der befragten Firmen ein Compliance-System eingeführt, doch oft hörten die Bemühungen schon bei der Kontrolle auf, spätestens aber dann, wenn es an die Ahndung von Regelverstößen gehe. Bei einer zusätzlichen Befragung unter 1000 Arbeitnehmern waren nur rund 36 Prozent der Mitarbeiter über die entsprechenden Regelungen in ihren Unternehmen informiert. Ein Viertel hatte keinerlei Bedenken, Geschenke von Kunden. Lieferanten oder anderen Geschäftspartnern anzunehmen.
Im schlimmsten Fall droht Kündigung
Dabei kann es für Arbeitnehmer ziemlich unangenehm werden, wenn sie sich über Regeln hinwegsetzen, die in der Firma gelten. "Sollte einem Arbeitnehmer Bestechlichkeit nachgewiesen werden oder auch nur der dringende Verdacht bestehen, droht die fristlose Kündigung", warnt Nathalie Oberthür vom Deutschen Anwaltsverein. Wer die betriebsinternen Regeln nicht kennt, fragt also besser nach. Bei Bargeld kann man sich das sparen, offensichtlicher kann Bestechung kaum sein. Die Annahme ist also auf jeden Fall verboten. Kritisch wird es auch bei Eintrittskarten zu Konzerten oder Sportevents. Hier liege nur ein schmaler Grat zwischen höflicher Aufmerksamkeit und Bestechung, so die Arbeitsrechtlerin Oberthür.
Unabhängig davon, was die Firma erlaubt, kann man sich auch Ärger mit dem Finanzamt einhandeln. Arbeitnehmer müssen Präsente und Zuwendungen, die sie von Geschäftspartnern erhalten, nämlich als Einnahmen zu versteuern - Stichwort "geldwerter Vorteil". Um den Empfängern Geld und Ärger zu ersparen, übernehmen aber oft die Schenkenden die Steuer und führen pauschal 30 Prozent des Kaufpreises ab. Kleine Aufmerksamkeiten, die nicht mehr als zehn Euro kosten, sind dem Fiskus aber egal. Die Schachtel Pralinen kann man also in den meisten Fällen ganz bedenkenlos aufessen.
Quelle: ntv.de