Ratgeber

Wegen Geldabheben gekündigt Was hat es mit Number26 auf sich?

Hunderten Kunden von Number26 wird in der vergangenen Woche das Girokonto gekündigt. Über den Grund können sie zunächst nur spekulieren - bis der Anbieter Tage später Klarheit schafft. In der Kommunikation läuft offenbar einiges schief.

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Geldabheben am Automaten ist in Deutschland überdurchschnittlich teuer.

(Foto: imago stock&people)

"Der Bogen ist überspannt", "definitiv keine Kundennähe" - in den letzten Tagen haben sich die Social Media-Mitarbeiter von Number26 einiges anhören müssen. Der Finanzdienstleister hatte Hunderten Kunden ohne Vorwarnung die Girokonten gekündigt und damit für Ärger und Verunsicherung gesorgt. Am Wochenende lieferte das Startup eine späte Erklärung für die Rauswurfaktion: ungewöhnliches Nutzerverhalten. Ganz konkret geht es um zu viele Bargeldabhegungen. Im Schnitt seien die Kunden 15-mal im Monat am Geldautomaten gewesen, teilweise auch über 30-mal. Und das nicht nur ausnahmsweise, sondern über Monate hinweg. Was konventionelle Banken ohne Weiteres durchgehen lassen, wird bei Number26 zum Problem.

Dazu muss man wissen, dass Number26 zwar ein kostenloses Girokonto anbietet, aber keine Bank ist. Das Unternehmen hat nicht einmal eine Bankenlizenz. Das Konto kommt von der Wirecard Bank, die der deutschen Finanzaufsicht untersteht. Number26 bietet lediglich die Benutzeroberfläche. Und die ist das Wichtigste bei dem Anbieter, der über keinerlei Filialen oder eigene Geldautomaten verfügt. Anders als bei etablierten Direktbanken wie DKB oder Comdirect spielt Online-Banking über den Computer bei Number26 aber nur eine Nebenrolle. Vollständig nutzen kann man das Girokonto nur über die entsprechende App.

Ohne Smartphone läuft nichts

Wichtigste Voraussetzung, um das Konto zu nutzen, ist folglich ein Smartphone, das mit dem Konto verknüpft wird. Schon bei der Kontoeröffnung kommt man ohne Smartphone nicht weiter. Die App braucht man dann beispielsweise, um Überweisungen zu bestätigen oder einen Dispo zu beantragen. Den Kredit können schon Neukunden bekommen, je nach Schufa und Geldeingängen werden ihnen bis zu 1000 Euro eingeräumt, der effektive Jahreszins liegt bei 9,2 Prozent. Das ist nicht wirklich günstig, aber weniger als der Durchschnitt.

Number26 will laut eigener Aussage "absolut transparentes Echtzeit-Banking" ermöglichen. Mit Push-Benachrichtigungen auf dem Smartphone ist der Nutzer, wenn gewünscht, über sämtliche Transaktionen im Bilde. Außerdem werden die Kontobewegungen automatisch kategorisiert. Das ist praktisch, um einen Überblick über die eigenen Konsummuster zu bekommen. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist das sogenannte Moneybeam: Für Überweisungen braucht man nicht die Bankverbindung des Empfängers, sondern nur die im Handy gespeicherten Kontaktdaten. Ist der Empfänger auch bei Number26, wird ihm das Geld sofort gutgeschrieben. Bei Fremdkonten bekommt er einen Link, um seine Kontonummer einzutragen.

Geldabheben ist teuer

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Überweisen, wann und wo auch immer man will - Moneybeam heißt die Funktion, die das auch ohne die Kontodaten des Empfängers möglich macht.

(Foto: Number26)

An Bargeld kommen die Kunden auf unterschiedlichen Wegen. Zum einen in verschiedenen Supermärkten über die "Cash26"-Funktion der App. Mit der PIN wird ein Barcode erzeugt, der dann an der Kasse eingelesen wird. Dort kann man übrigens auch Geld einzahlen. Ansonsten kann man aber auch die Mastercard oder die Maestro-Karte nutzen, um an Automaten weltweit Bares zu holen. "Wir übernehmen alle Gebühren, die seitens des Kartendienstleisters anfallen, sodass Bargeldabhebungen für dich in der Regel gebührenfrei sind", schreibt Number26.

Das Problem: Diese Gebühren sind in Deutschland ziemlich hoch. Im Schnitt liegen sie dem Anbieter zufolge zwischen 1,50 Euro und 2 Euro. Wer  also alle zwei Tage 30 Euro zieht, verursacht weit höhere Kosten als jemand, der einmal pro Woche zum Geldautomaten geht und sich mit einem größeren Betrag eindeckt. Man übernähme die Gebühren in der Annahme, "dass Kunden das Konto im gewöhnlichen Ausmaß verwenden", schreibt Number26 in der Stellungnahme zu den Kündigungen. Damit nicht der Großteil der Kunden die Kosten einer kleinen Gruppe zu tragen habe, habe man die Kündigungen ausgesprochen, heißt es weiter.

Spielregeln waren nicht klar

So verständlich die Erklärung sein mag: Sie kam reichlich spät. Denn die meisten Kunden waren sich der Thematik gar nicht bewusst. Es gab lediglich einen Warnschuss, der von vielen wahrscheinlich gar nicht als solcher verstanden wurde. In einer E-Mail forderte Number26-Gründer Valentin Stalf im Oktober dazu auf, häufiger mit Karte zu bezahlen anstatt Bargeld abzuheben. Damals dürfte allerdings kaum ein Empfänger damit gerechnet haben, dass sein Verhalten zu einer Kündigung führen könnte.

Dass ein Anbieter, der sich Transparenz groß auf die Fahnen schreibt, diese nicht im Umgang mit seinen Kunden walten lässt, provozierte einen Shitstorm in den sozialen Netzwerken. Nun versucht Number26, das zerbrochene Porzellan zu kitten und entschuldigt sich für die verfehlte Kommunikation. Gekündigte Kunden, die ihr Girokonto trotz des Ärgers behalten möchten, können sich per E-Mail melden. Der Anbieter will die Fälle auf Wunsch individuell prüfen. Außerdem soll in den kommenden Wochen eine sogenannte "Fair Use  Policy" verabschiedet werden, also klare Rahmenbedingungen für die Nutzung des Angebotes.

Das Angebot eines kostenlosen Girokontos, das die Möglichkeiten von mobilem Banking ausnutzt, ist eigentlich sehr interessant. Doch mit der Aussiebe-Aktion hat sich das Startup keinen Gefallen getan. Nun bleibt abzuwarten, wie die Bedingungen in Zukunft gestaltet werden. Das Verbraucherportal  "Finanztip" beispielsweise hat seine Empfehlung für das kostenlose Girokonto erstmal zurückgenommen.

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Quelle: ntv.de

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