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Hessen Jeder achte Bedienstete im Justizvollzug mit Nebenverdienst

Das Wappen der Justiz Hessen ist auf der Arbeitskleidung eines Justizbeamten zu sehen. Foto: Silas Stein/dpa/Archivbild

(Foto: Silas Stein/dpa/Archivbild)

Ob im Sicherheitsdienst, Fahrlehrer, Kellner oder Gutachter: Rund 13 Prozent der hessischen Bediensteten im Justizvollzug haben einen Nebenjob. Laut Gewerkschaft benötigen sie den Zuverdienst für den Lebensunterhalt.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Knapp jeder achte Bedienstete im hessischen Justizvollzug geht einer bezahlten Nebentätigkeit nach. Das teilte des Justizministerium in Wiesbaden auf eine parlamentarische Anfrage der SPD-Landtagsfraktion mit. Demnach arbeiten 392 Bedienstete nebenher, laut Ministerium sind das 12,8 Prozent der Gesamtzahl von 3062 (Stand Mitte April 2020). 351 der Bediensteten mit Nebenjob hätten eine Vollzeit-, 41 eine Teilzeitstelle im Justizvollzug.

Der SPD-Abgeordnete Frank-Tilo Becher erklärte, im Durchschnitt verdiene ein Justizvollzugsbeamter rund 2300 Euro netto abzüglich der privaten Krankenversicherung. "Wer mit diesem Gehalt womöglich mit Familie im Rhein-Main Gebiet lebt, kommt bei den hohen Lebenshaltungs- und speziell den immensen Wohnungskosten schnell in einen finanziellen Engpass."

Daraus erkläre sich, dass viele Justizvollzugsbeamten in Hessen trotz Vollzeitstelle einer Nebentätigkeit nachgehen müssten, sagte Becher. Die Landesregierung stelle auch zuwenig höher besoldete Stellen zur Verfügung. "Für viele Beamte heißt das, dass ein Aufstieg in eine höhere Gehaltsklasse verbaut ist."

Auch nach Einschätzung von Arbeitnehmervertretern arbeiten viele Bedienstete nebenher, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es sei schwierig, mit Einkünften aus den unteren Besoldungsgruppen tatsächlich im Rhein-Main-Gebiet auszukommen, eine Wohnung zu bezahlen, eine Familie zu versorgen, erklärte die hessische Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD), Birgit Kannegießer.

"Viele Kollegen sind im Bereich der Security tätig, einige im Sport, bis zu Mannschaftsbegleitung im Bundesligasport, sind Fahrlehrer und vieles mehr." Allerdings dürfe die Nebentätigkeit nicht mit dem Beruf kollidieren, ein Nebenjob als Türsteher beispielsweise würde untersagt werden.

Das Arbeiten nebenher ist genehmigungspflichtig, es sei denn, die Jahreseinkünfte unterschreiten 1200 Euro, wie Kannegießer erläuterte. Bis zu diesem Betrag muss es dem Arbeitgeber lediglich mitgeteilt werden. Die Nebentätigkeit darf maximal acht Stunden wöchentlich umfassen, es dürften nicht mehr als 30 Prozent der Jahreseinkünfte aus dem Beamtenverhältnis zusätzlich verdient werden.

"Etliche Auszubildende üben Nebentätigkeiten aus", erklärte die BSBD-Landesvorsitzende. "Da wir gerne lebensältere, lebenserfahrene Bewerber und Bewerberinnen im mittleren Dienst einstellen, Ende 20 oder älter, und diese vorher bereits über Einkünfte verfügten, wird die zweijährige Ausbildung zur finanziellen Durststrecke." Viele hätten bereits Haus und Familie, die mit den Anwärterbezügen nicht finanziert werden könnten, gab Kannegießer zu Bedenken.

Auch bei Sozialarbeitern und Psychologen seien vereinzelt Nebentätigkeiten genehmigt, etwa als Gutachter oder Betreuer. "In diesen Fällen geht es dann allerdings weniger um die Finanzierung des Lebensunterhalts, im Vordergrund stehen dann Weiterbildungen und Projekte oder die Planung der eigenen beruflichen Weiterentwicklung, auch außerhalb des Vollzugs."

Nach Auskunft des Justizministeriums gibt es keine "typischen Nebentätigkeiten", da sich die Laufbahnen stark unterscheiden. Als Beispiele nannte das Ministerium noch Aushilfe in der Gastronomie, Fitness- und Gesundheitstrainer, Nebenerwerbslandwirt oder Mitarbeit im Rettungsdienst.

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