Mecklenburg-Vorpommern Polizei-Skandal in MV: Minister kündigt Konsequenzen an
13.06.2019, 16:30 Uhr
(Foto: Bodo Marks/dpa)
Der Skandal um drei ehemalige und ein aktives Mitglied des Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern wird immer größer. Drei sollen Munition beiseite geschafft haben. Bei einem Polizisten wird eine Maschinenpistole gefunden.
Schwerin (dpa/mv) - Im Polizei-Skandal in Mecklenburg-Vorpommern hat Innenminister Lorenz Caffier (CDU) Konsequenzen nach der Festnahme von drei ehemaligen und einem aktiven SEK-Beamten angekündigt. Bei der Einstellung neuer Polizisten will er die Regelabfrage beim Verfassungsschutz einführen, in Einstellungsgesprächen soll außerdem strenger als bisher die Haltung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ermittelt werden. Die Verweildauer von Beamten in Spezialeinheiten soll auf maximal zehn Jahre begrenzt werden, "eher noch weniger", sagte Caffier am Donnerstag in Schwerin. So soll unter anderem einem Elite- und Korpsdenken vorgebeugt werden.
Am Mittwoch waren drei ehemalige und ein noch aktives Mitglied des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Mecklenburg-Vorpommern mit Haftbefehlen festgenommen worden. Von den drei "Ehemaligen" sind noch zwei bei der Landespolizei, einer ist aus dem Dienst ausgeschieden.
Bei Durchsuchungen wurde bei einem der noch aktiven Polizisten, der Kontakte in die "Prepper"-Szene haben soll, neben Munition auch eine Maschinenpistole gefunden. Sein Haftbefehl und der gegen einen zweiten Beschuldigten wurden am Donnerstag vom Haftrichter bestätigt, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte. Beim Dritten sei die Haftvorführung unterbrochen und auf Freitag vertagt worden. Beim vierten Festgenommenen sei der Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden.
Drei der am Mittwoch Festgenommenen sollen Munition des Landeskriminalamts (LKA) beiseite geschafft haben - möglicherweise bei SEK-Trainings, bei denen viel geschossen wurde. Bei Durchsuchungen am Mittwoch wurde eine fünfstellige Zahl von Kurz- und Langwaffenmunition gefunden. Dem Vernehmen nach stammt ein erheblicher Teil davon nicht aus Beständen des Landeskriminalamts. Bei Schießübungen der Spezialeinheiten soll künftig genauer geprüft werden, wie viele Schüsse abgegeben wurden. Dies werde gerade bei dynamischen Übungen - wie dem Schießen aus einem fahrenden Auto heraus - mit mehr Bürokratie einhergehen, sagte der Minister. Die Munition sollen die drei dem Mann mit Kontakt zu "Preppern" überlassen haben.
Caffier informierte am Donnerstag den Innenausschuss über den Vorfall. Im Anschluss gab es teils heftige Kritik aus den Reihen des Koalitionspartners SPD und der oppositionellen Linken an der Polizeiführung. Der justizpolitische Sprecher der SPD, Dirk Friedriszik, forderte eine unabhängige Kommission, um die Hintergründe der Fälle zu klären und fragwürdige Netzwerke innerhalb der Landespolizei aufzudecken. "Dass eine interne Überprüfung der Strukturen zum Erfolg führt, kann ich mir nicht vorstellen - zu sehr erinnert das an den Fuchs, der den Hühnerstall reparieren soll."
Der polizeipolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Manfred Dachner, erklärte, Vorkommnisse wie das Beiseiteschaffen dienstlicher Munition und Unterstützung der "Prepper"-Szene hätten stets eine lange Geschichte. "Offenbar konnten sich neben festen Strukturen einer erfolgreichen Landespolizei Schattenstrukturen aufbauen, die nicht unbemerkt blieben, aber geduldet wurden." Die Vorgänge seien skandalös. "Solch ein Verhalten fällt nicht vom Himmel."
Der innenpolitische Sprecher der Linken, Peter Ritter, reagierte fassungslos und enttäuscht auf die Informationen im Innenausschuss. "Vor allem darüber, dass man nicht erkennt oder erkennen will, dass es Mängel und Versagen bei Führung und Kontrolle gab." Wie sonst könne es sein, dass Munition verschwinde und es niemand bemerke oder bemerken wolle. Friedriszik sagte zu möglichen weiteren Ermittlungsergebnissen: "Ich fürchte, wir sehen immer noch nur die Spitze des Eisbergs."
Der AfD-Politiker Horst Förster sagte hingegen, bisher sei offen, woher die bei den Durchsuchungen sichergestellte Munition komme. "Erst wenn die Auswertung der gefundenen Munitionsbestände abgeschlossen ist, wissen wir, was tatsächlich passiert ist."
Auch die CDU-Abgeordnete Ann Christin von Allwörden verwies darauf, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. "Fest steht lediglich, dass bei Beamten des SEK Mecklenburg-Vorpommern ein massives Fehlverhalten vorliegt", sagte sie. "Zum Teil reden wir hierbei auch über schwere Straftaten." Sie habe so etwas bislang nicht für möglich gehalten.
Den beiden SPD-Abgeordneten Friedriszik und Dachner warf die Politikerin Unterstellungen und Mutmaßungen vor. Im Übrigen habe die SPD bisher in hohem Maße davon profitiert, "dass die CDU-Fraktion bei offenkundigen Fehltritten der Staatskanzlei sowie der SPD-geführten Ministerien beide Augen zugedrückt und auf eine politische Auseinandersetzung verzichtet hat". Koalitionsräson sei offenkundig eine Einbahnstraße. "Ich halte es für sehr gut möglich, dass das nicht so bleibt", drohte von Allwörden.