Reise

Boomtown dank "Titanic" Belfast erfindet sich neu

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Glanzstück: das neue "Titanic House Visitor centre" im Titanic-Viertel von Belfast.

(Foto: AP)

Nach jahrzehntelangen blutigen Unruhen ist auf Belfasts Straßen schon seit einiger Zeit Ruhe eingekehrt. Mit dem neuen "Titanic"-Zentrum und weiteren Projekten will die Stadt Touristen und Firmen anziehen.

Grau, trostlos, arm und gefährlich: Belfast hatte lange einen Ruf, der Touristen und Unternehmen fernhielt. Seit Ende der 90er Jahre ist in den Nordirland-Konflikt weitestgehend Ruhe eingekehrt. Seitdem hat die Stadt einen Marathon an Wirtschaftsförderung und Tourismusaufbau hingelegt, um endlich wieder nach oben zu kommen. Die Eröffnung eines neuen Zentrums zur Geschichte des Ozeanriesen "Titanic", der in den einst boomenden Werften von Belfast gebaut wurde, ist nun der Höhepunkt des Rettungsversuchs. Alle hoffen auf Erfolg - und bangen auch ein wenig.

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Besucher sehen sich in einem Schaukasten im Ulster Folk and Transportmuseum in Belfast an, wie die "Titanic" sinkt.

(Foto: dpa)

"Titanic Belfast war für uns der Diamant in der Krone", sagt Susie McCullough von der nordirischen Tourismusbehörde. "Das wollten wir unbedingt bauen." Das Ausstellungshaus und die Umgebung seien mehr als eine Attraktion, sondern sollten den Menschen in Belfast Hoffnung geben. "Vor hundert Jahren, als die "Titanic" gebaut wurde, war Belfast eine der wichtigsten Industriestädte der Welt." So etwas könne man wieder schaffen - und außerdem Menschen auf der ganzen Welt zeigen, wie man Frieden erreichen und Konflikte beilegen könne.

In den vergangenen Jahrzehnten war an ein groß angelegtes "Titanic"-Gedenken in der Geburtsstadt des Schiffes nicht zu denken. Es gab andere Probleme. Seit den späten 60ern tobte der Konflikt zwischen den Parteien: Katholiken, die zur eigenständigen Republik Irland gehören wollten, und Protestanten, die beim Vereinigten Königreich bleiben wollten. Mehr als 3500 Menschen starben. Heute flammen Unruhen nur noch gelegentlich auf, und nicht mehr in großem Ausmaß. Offiziell wurden die Waffen niedergelegt.

Urenkelin eines Miterbauers führt durch die Stadt

Seit Kurzem kommen deshalb auch wieder mehr und mehr Menschen, um Belfast zu sehen, meint Susie Millar. Die Urenkelin eines Miterbauers der "Titanic" bietet persönliche Touren durch die Stadt an. "Die Leute kamen und haben sich gewundert: Wo ist die "Titanic"? Wir hatten nichts, was wir zeigen konnten."

Das ist jetzt anders. Die Tourismusbehörde hofft, die Zahl der Besucher in den nächsten Jahren verdoppeln zu können - von jetzt 5 Millionen pro Jahr auf dann 10 Millionen. Einige Arbeitsplätze sind schon jetzt geschaffen: Bei einer Art Casting wurden 15 feste und jede Menge freie Tourguides für die Ausstellung ausgesucht. Sie mussten beweisen, dass sie wirklich alles überdie "Titanic" wissen und dieses Wissen auf unterhaltsame Weise vermitteln können.

Touren in einstige Hochburgen der "Troubles"

Selbst der Konflikt bringt Interessierte nach Belfast. "Ob sie es glauben oder nicht, es gibt viele Touristen, die an der politischen Geschichte interessiert sind", sagt Ken McElroy, der Touren in die einstigen Hochburgen der "Troubles" anbietet. "Wenn mir vor 15 Jahren jemand gesagt hätte, dass die Leute an diesen Orten mal Fotos machen, hätte ich es nicht geglaubt."

Belfast musste erst einmal selber zu sich finden, bevor es sein Potenzial nutzen konnte, meint auch John Wilson Foster, emeritierter Professor und "Titanic"-Experte. "Bis vor Kurzem standen tiefe politische Fragen im Mittelpunkt", sagt er. Auch habe die Werft Harland & Wolff aus Geschäftsgründen zu Beginn versucht, das Interesse an der Katastrophe einzudämmen. Erst Anfang der 90er Jahre sei das Thema plötzlich wieder an die Oberfläche gekommen. "Einer der Gründe war offen gestanden, weil man damit Geld machen konnte", erklärt Foster. Mit dem Rückgang der "Troubles" seien die Leute aber auch ermutigt worden, statt an die konfliktgeladene Geschichte eher an ihr gemeinsames Erbe zu denken.

Quelle: ntv.de, Britta Gürke, dpa

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