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Auf der Flucht nach Doping-Enthüllung Whistleblowerin Stepanowa "bereut nichts"

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Julia Stepanowa hat den größten Dopingskandal der Leichtathletik-Geschichte enthüllt. Jetzt führt sie ein

(Foto: dpa)

Seit Julia Stepanowa als Whistleblowerin den größten Dopingskandal der Leichtathletik-Geschichte enthüllt hat, wird sie geschmäht und gejagt, zieht ständig um. Ihr Leben ist ein Versteckspiel. Dennoch ist sie überzeugt, "dass wir das Richtige getan haben".

Als Julia Stepanowa ihren Preis entgegennehmen sollte, war die russische Doping-Kronzeugin tausende Kilometer und mehrere Zeitzonen von Berlin entfernt. Wegen Sicherheitsbedenken war die Whistleblowerin, die zusammen mit ihrem Mann Witali systematisches Doping in der russischen Leichtathletik aufdeckte, am Dienstag nicht nach Deutschland gereist - und rührte mit ihrer Geschichte dennoch einige Zuhörer zu Tränen.

"Ich bereue nichts. Mit der Zeit bin ich immer überzeugter, dass wir das Richtige getan haben", sagte die 30-Jährige bei der Verleihung der Heidi-Krieger-Medaille des Doping-Opfer-Hilfevereins (DOH). Mit dem erstmals mit 10.000 Euro dotierten Preis zeichnet der Verein Persönlichkeiten aus, die sich für einen dopingfreien Sport einsetzen. So wie Stepanowa, die - zugeschaltet aus den USA - ihre Ehrung nur über das Internet verfolgen konnte.

"Eine moralische Siegerin"

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Die russischen Leichtathleten durften wegen des systematischen Dopings nicht an den Wahlen teilnehmen.

(Foto: AP)

Stepanowa sei "eine moralische Siegerin", sagte Hans Wilhelm Gäb, ehemaliger Chef der Stiftung Deutsche Sporthilfe, in seiner Laudatio. "Der Anlass führt uns auf die dunkle Seite des Sports, wo der Sieg um jeden Preis die Parole ist. Doch die Haltung und die Tat eines einzelnen Menschen können die Dunkelheit erhellen", ergänzte Gäb: "Julia Stepanowa hat im Kampf gegen Betrug unter persönlichen Opfern ein Zeichen der Hoffnung gesetzt."

Ein Opfer der Stepanows war die Flucht mit ihrem Sohn aus Russland. Neunmal musste die Familie in den letzten eineinhalb Jahren umziehen, in ihrer Heimat gelten sie als Verräter und Staatsfeinde. Um ihren Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen, hatten unter anderem Unbekannte die Server der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) gehackt. Die 800-Meter-Läuferin berichtete zudem, dass ihre E-Mails gelesen worden seien: "Das spricht dafür, dass sie versuchen, mich zu verfolgen."

Ausladung vom IOC

Stepanowas Enthüllungen hatten unter anderem dazu geführt, dass der russische Leichtathletik-Verband Rusaf von allen internationalen Wettbewerben suspendiert ist. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte Stepanowa dennoch die Teilnahme an den Sommerspielen in Rio als neutrale Athletin verweigert, da sie als ehemalige Dopingsünderin nicht die "ethischen Anforderungen" erfülle.

"Das Nein hat geschmerzt. Aber ich mache trotzdem weiter", sagte Stepanowa. Und ihr Mann Witali ergänzte: "Wichtig war, dass Julia und ich die Wahrheit gesagt haben. Das andere ist Vergangenheit. Wir versuchen, nach vorne zu schauen." Inzwischen wird Stepanowa vom IOC mit einem Stipendium unterstützt. Ihr Mann arbeitet inzwischen als Anti-Doping-Berater des IOC.

Mentalitätswechsel in Russland? "Klares Nein"

Auch dies habe dazu geführt, dass sich ihre finanzielle Situation inzwischen verbessert habe. Das tägliche Leben verlaufe den Umständen entsprechend normal. Ein bis zweimal täglich trainiert Stepanowa, lernt zweimal in der Woche Englisch. "Wir versuchen, nicht daran zu denken, dass wir verfolgt werden. Dort, wo wir leben, interessiert sich niemand für uns. Daher fühlen wir uns sicher", sagte Stepanowa, die allerdings schon jetzt unter den Folgen des Dopings leidet. Wegen den Folgen der Einnahme von Epo und Steroiden müsste sie sich eigentlich operieren lassen.

Kritisch sehen die Stepanows immer noch die Situation in Russland. Trotz aller Beteuerungen von offizieller Seite habe sich ihrer Meinung nach nichts geändert. "Ob es einen Mentalitätswechsel gegeben hat? Ein klares Nein. Die Aussagen stammen von den Gründern des staatlichen Dopingsystems", sagte Witali: "Alles was sie tun, ist die Welt zu täuschen und Betrug zu vertuschen."

An Aufgeben denken sie jedoch nicht. "Es interessiert mich, wie schnell ich ohne Doping laufen kann", sagte Julia. Ihr Ziel? Eine Zeit unter 2:00 Minuten. Dies, so die vorherrschende Meinung in Russland, sei nicht möglich. Sie sagt: "Ich will beweisen, dass es geht."

Quelle: ntv.de, Dominik Kortus, sid

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