
"Sonntags könnte bei uns Real Madrid spielen, auch dann wäre das Stadion nicht ausverkauft", schimpfte Hoeneß.
Man kann es kaum glauben, aber in der Saison 1998/99 gab es einen Wochentag, an dem die Bayern machen konnten, was sie wollten- es kamen einfach keine Zuschauer. Das wollte Uli Hoeneß natürlich nicht auf sich sitzen lassen.
Bayern-Manager Uli Hoeneß war mächtig sauer. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wären die Sonntagsspiele in der Fußball-Bundesliga ab der neuen Saison ersatzlos gestrichen und stattdessen in Zukunft Montagsbegegnungen ausgetragen worden. Denn den Rekordmeister plagte damals etwas, was man heute schon seit vielen Jahren nicht mehr kennt: Zuschauerschwund.
Seine Begründung hörte sich vor knapp 25 Jahren jedoch dennoch recht logisch an: Sonntags könnten nicht alle Bayern-Anhänger aus dem Umfeld anreisen. Hoeneß: "Sonntags könnte bei uns Real Madrid spielen, auch dann wäre das Stadion nicht ausverkauft." Zum Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen kamen tatsächlich nur 36.000 Besucher. Damals betrug der Schnitt der Bayern 57.889 Zuschauer pro Heimspiel. Heute ist die Arena mit knapp 75.000 Besuchern steht's ausverkauft.
Dabei boten die Münchener auch damals häufig großes Kino, wiewohl es Bayern-Keeper Oliver Kahn beim 2:2 in Dortmund mit der Unterhaltung etwas übertrieb. Völlig übermotiviert sprang er zuerst Stéphane Chapuisat in Kung-Fu-Manier fast ins Gesicht und versuchte später, Heiko Herrlich ins Ohr zu beißen. Hinterher gab Kahn den Klassenclown und sagte: "Ich habe einer meiner ruhigsten Partien gespielt, sehr sachlich." Und weiter: "Der Trainer hat von uns verlangt, wir sollen uns am Gegner festbeißen. Das habe ich getan." Als er merkte, dass die umstehenden Reporter immer noch geschockt ob seines Verhaltens waren, reagierte Kahn trotzig: "Der Chapuisat war doch einige Meter entfernt. Und wenn schon: dann hätte ich das Bein eben weggezogen!"
Gladbacher Galgenhumor und Bremer Brände
Doch trotz des leidigen Zuschauerthemas am Sonntag war 1998/99 die Saison des FC Bayern München. Mit 15 Punkten Vorsprung vor Bayer Leverkusen wurde man Meister. Kaiserslauterns Trainer Otto Rehhagel zeigte sich ernüchtert: "Bayern ist der Mercedes in der Bundesliga. Alle anderen fahren im Golf hinterher." Naturgemäß war die eigene Souveränität dem Bayern-Manager Uli Hoeneß nicht unangenehm. Mit stolzgeschwellter Brust sagte er: "Wenn bei uns das A- gegen das B-Team spielt, ist das Fußball von Weltniveau." Und ketzerisch fragte er: "Sollen wir denn schlechter spielen, damit die anderen nachkommen?"
- Ben Redelings ist ein Bestseller-Autor und Komödiant aus dem Ruhrgebiet.
Sein aktuelles Buch "60 Jahre Bundesliga. Das Jubiläumsalbum" ist ein moderner Klassiker aus dem Verlag "Die Werkstatt"
Mit seinen Fußballprogrammen ist er deutschlandweit unterwegs. Infos & Termine auf www.scudetto.de.
Nach der Rettung in letzter Minute in der Vorsaison gingen hingegen die Lichter in Mönchengladbach nun doch endgültig aus. Am Ende zelebrierten die Gladbach-Anhänger den Abstieg ihres Klubs mit einem Schuss Galgenhumor. Auf die Melodie des alten Schlagers "Mendocino" dichteten sie den neuen Klassiker "Unterhaching" mit der Liedzeile: "An jeder Tür klopfe ich an, doch keiner kennt den Weg nach Unterhaching." Doppelt blöd für die Fans der Borussia: Ausgerechnet die Spielvereinigung stieg in dieser Saison auf und spielte - anders als die Gladbacher - in der kommenden Runde in der ersten Liga.
Eine feurige Idee hatten die Verantwortlichen des SV Werder zum 100-jährigen Bestehen ihres Klubs. Vor der Partie gegen den VfL Bochum durften Fans 100 bengalische Feuer entzünden. Doch das leuchtende Spektakel ging nach hinten los. Bereits nach wenigen Sekunden konnte im Stadion niemand mehr irgendetwas sehen, so verraucht war der Innenraum des Stadions. Und der Rauch wollte sich auch nach dem Abbrennen der Bengalos einfach nicht mehr aus dem weiten Rund des Weserstadions verflüchtigen. Bochums Manager Klaus Hilpert war von der Aktion so begeistert, dass er hustend seine Bremer Kollegen fragte: "Mensch, sagt mal, wo kann man denn diese tollen Dinger kaufen? Das wollen wir jetzt auch jede Woche im Ruhrstadion machen!" Mit achtminütiger Verspätung wurde die Begegnung schließlich doch noch angepfiffen.
Die Posse um Hany Ramzy
Die Lach- und Sachgeschichte der Saison spielte sich in Kaiserslautern ab. Als Hany Ramzy damals am 6. Spieltag "verletzt" vom Platz trabte, konnte er sein Lächeln nicht mehr unterdrücken. Beim Spiel seiner Lauterer gegen den VfL Bochum stand es kurz vor der Halbzeit 1:0, als Trainer Otto Rehhagel einen folgenschweren Fehler beging, den er später selbst so beschrieb: "Durch die tragische Verletzung von Michael Schjönberg war die Mannschaft geschockt. Selbst ich als alter Hase, so dass ich mit Ojigwe einen vierten nicht-europäischen Ausländer einwechselte. Die Niederlage geht allein auf meine Kappe. Ich habe mich bei der Mannschaft entschuldigt. Aber: Es ist unentschuldbar!"
Doch weitaus schlimmer als der blöde Fehler war das hinterlistige Täuschungsmanöver, das sich Rehhagel in den Minuten nach der Einwechselung Ojigwes überlegte. Er gab Ramzy die Anweisung, so zu tun, als sei er verletzt und müsse ausgetauscht werden. Das machte der Ägypter schließlich mit einem solch überragenden schauspielerischen Talent, dass niemand im weiten Rund etwas bemerkte. Nur die Kameras fingen das verräterische Grinsen von Ramzy genau ein.
Doch offensichtlich waren die Lauterer naiv genug zu glauben, sie würden mit diesem billigen Trick durchkommen. Anders wären die Kommentare der Offiziellen nicht zu begreifen gewesen. Als Dr. Hubert Keßler, Präsident des 1. FC Kaiserslautern, auf den Fehler angesprochen wurde, sagte er in der Halbzeitpause sichtlich nervös: "Nein, nein, das ist die Regelung, also die ist neu, also die ist uns nicht bekannt." Und der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Robert Wieschemann meinte gar: "Für uns sind Nicht-Europäer genauso Menschen wie Europäer. Also, da sollte man sich mal drauf besinnen." Das abenteuerliche Getue wurde von Sat.1 in der Abendsendung genüsslich ausgeschlachtet. Das Spiel endete übrigens 2:3. Aber das interessierte an diesem verlogenen Nachmittag eh nur noch die Bochumer.
Das Kuriosum der Saison am Rande: Als Schiri Jürgen Aust dem jubelnden Belgier Marc Wilmots nach seinem entscheidenden Tor gegen Borussia Mönchengladbach (1:0) gerade die Gelbe Karte zeigen wollte, eilte Schalkes Kapitän Andreas Müller zum Schiedsrichter und rief ihm zu: "Mensch, Schiri, lass doch stecken. Ist sein erstes Spiel. Muss nicht sein, oder?" Aust nestelte weiter an seiner Brusttasche, guckte Müller nachdenklich an und ließ Wilmots dann tatsächlich ungeschoren davonkommen. Was der nette Schiedsrichter allerdings nicht wusste: Es war bereits die fünfte Partie des Belgiers im Trikot des FC Schalke 04.
Quelle: ntv.de